Einfach erklärt: Das ist TikTok!

Ob lustiges Tanzvideo, krasse Sport-Clips oder kurze Bastelanleitungen: Auf TikTok findet sich zu so ziemlich allen Themen etwas. Rund 1,56 Milliarden Menschen nutzen die App jeden Monat und auch in Deutschland hat wohl jeder zumindest schon einmal davon gehört. Doch TikTok steht durchaus auch in der Kritik.
Der Name TikTok ist längst ein Begriff, der weit über die Generation Z hinaus bekannt ist. Auch in den Nachrichten taucht die Plattform immer wieder auf. Vom Schüler bis zur Politikerin – die Plattform erreicht mittlerweile Menschen aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und wird auch breitflächig genutzt. Doch wie wurde aus einer App, die vor allem durch Tanzvideos bekannt wurde, ein globales Phänomen?

Von "musical.ly" zu "TikTok" – so wurde TikTok populär

2016 gründete das chinesische Unternehmen ByteDance das soziale Netzwerk "Douyin". Die Plattform war auf kurze, unterhaltsame Videos ausgerichtet und eroberte schnell den chinesischen Markt.

Da der internationale Erfolg jedoch zunächst ausblieb, übernahm ByteDance 2017 ein weiteres soziales Netzwerk – "musical.ly". Vor allem in Europa und den USA war diese App bei Jugendlichen sehr beliebt. Die Nutzerinnen und Nutzer führten kurze Choreografien zu bekannten Songs auf und stellten diese Videos online.

Im Jahr 2018 schließlich benannte ByteDance musical.ly in "TikTok" um und kombinierte die Funktionen der eigenen App Douyin mit denen von musical.ly. Ob es wirklich der richtige Schritt war, die bereits erfolgreiche App musical.ly komplett zu ersetzen, war damals unter Experten eine heiß diskutierte Frage, doch die Zeit gab dem Unternehmen ByteDance Recht.

Vor allem während der Corona-Pandemie erlebte TikTok einen regelrechten Boom: Millionen Menschen suchten nach Unterhaltung und fanden sie in der Social-Media-App.

Heute gehört TikTok zu den fünf beliebtesten sozialen Netzwerken weltweit. Doch es mehren sich auch die kritischen Stimmen: Aufgrund von Datenschutzbedenken haben Länder wie Frankreich die Nutzung auf Diensthandys und in parlamentarischen Netzwerken verboten, in den USA wird sogar über ein komplettes Verbot diskutiert.
TikTok unterhält generationsübergreifend.
TikTok unterhält generationsübergreifend

Wie funktioniert das soziale Netzwerk?

Bei TikTok dreht sich alles um kurze Videos, die in der Regel nicht länger als eine Minute sind. Die Inhalte dieser Videos sind dabei so vielfältig wie die Nutzerschaft der Plattform – von der Anleitung zum Falten eines Origami-Kranichs bis hin zum lustigen Comedy-Video ist auf TikTok so ziemlich alles zu finden.

Das Herzstück der App ist die Startseite, die sogenannte "For You"-Seite. Auf dieser Seite schlägt ein Algorithmus auf Basis der eigenen Vorlieben Inhalte vor, die einem gefallen könnten.
 
Das Herz der App – der Algorithmus

Um zu verstehen, wie TikTok funktioniert, muss man den Algorithmus verstehen. Und das ist gar nicht so einfach, denn TikTok hält die genauen Informationen unter Verschluss. Klar ist, dass der Algorithmus verschiedene Parameter analysiert und so erkennt, welche Themen und Personen die Nutzer interessieren und mögen. Er untersucht zum Beispiel, welche Beiträge mit "Gefällt mir" markiert wurden, aber auch die Verweildauer auf einem Video, also wie lange man sich ein Video angesehen hat, oder auch, welche Inhalte gezielt über die Suchfunktion gesucht wurden.

Der Algorithmus ist aber auch umstritten, dazu später mehr.

Welche weiteren Funktionen bietet TikTok?

TikTok ist so ausgelegt, dass man direkt durch das ganze Video-Angebot durchscrollen kann. Dennoch bietet die Plattform auch Funktionen, mit der Sie die angebotenen Videos spezifizieren können:
 
  • "LIVE"-Streams: In der linken oberen Ecke der Startseite befindet sich ein Fernsehsymbol mit der Aufschrift "LIVE". Hier werden ausschließlich Live-Übertragungen gezeigt, bei denen Creator in Echtzeit ihren Alltag oder besondere Inhalte präsentieren.
  • "Folge ich"-Feed: Klicken Sie auf den Button rechts daneben, finden Sie einen Feed mit Videos ausschließlich von Konten, denen Sie folgen. So können Sie gezielt Inhalte Ihrer Lieblings-Creator anschauen.
  • "Freund*innen"-Bereich: Über einen separaten Reiter in der unteren Navigationsleiste sehen Sie ausschließlich Videos von Nutzerinnen und Nutzern, die Ihnen folgen und die Sie ebenfalls abonniert haben. Wenn Sie Ihre Kontakte mit TikTok synchronisieren, können hier auch Videos von Personen aus Ihrer Kontaktliste angezeigt werden.
  • Schließlich können Sie in Ihrem Profil alle Videos sehen, die Sie mit "Gefällt mir" markiert, oder sogar gespeichert haben. Dazu tippen Sie auf das Profilsymbol unten rechts und anschließend entweder auf das Herz, oder das Lesezeichen in der Mitte des Bildschirms.
Die Bedienung mag auf den ersten Blick kompliziert erscheinen, aber Sie werden schnell merken, dass die App eigentlich sehr einfach und intuitiv zu bedienen ist.

Was macht TikTok so erfolgreich?

Ein zentraler Grund für die enorme Popularität von TikTok ist, dass wirklich jeder damit "viral gehen" kann. Das bedeutet, dass ein Video oder ein Profil innerhalb kürzester Zeit hohe Aufmerksamkeit und Aufrufzahlen generiert.

Im Gegensatz zu sozialen Netzwerken wie Instagram, wo oft Ästhetik und Perfektion im Vordergrund stehen, geht es bei TikTok um Spontanität, Kreativität und das richtige Timing. Ob bereits bekannt oder sogar völlig anonym – mit einer originellen Idee und einem Video im richtigen Moment kann jeder eine große Reichweite erzielen.

Ein weiterer Pluspunkt sind die vielfältigen Tools der Plattform. Videos können mit Filtern, Sounds und zahlreichen Effekten bearbeitet werden, so dass schnell interessante und ansprechende Inhalte entstehen. Außerdem ermöglichen interaktive Funktionen, wie das Reagieren auf andere Videos, den Austausch untereinander und fördern die schnelle Verbreitung von Trends innerhalb der App.

Wer ist auf TikTok unterwegs?

Wie andere soziale Netzwerke ist auch TikTok grundsätzlich eine Plattform der jungen Generation. Rund 53 Prozent der deutschen Nutzerinnen und Nutzer gehörten 2023 zur "Generation Z", also den zwischen 1995 und 2010 Geborenen.

Doch TikTok hat sich längst weiterentwickelt und ist heute weit mehr als ein Netzwerk für Teenager. Der Erfolg der Plattform beruht unter anderem auf dem Algorithmus, der die Inhalte passgenau auf die individuellen Interessen der Nutzenden zuschneidet. So findet jede Altersgruppe Beiträge, die ihren individuellen Vorlieben entspricht – von Unterhaltung bis hin zu speziellen Themen.

TikTok erreicht auch ältere Nutzer*innen

Ein typisches Phänomen des Wachstums von Social Media zeigt sich auch bei TikTok. Nachdem die junge Zielgruppe den Anfang gemacht und die Plattform sozusagen "entdeckt" hat, wächst im Anschluss schrittweise auch das Interesse bei älteren Nutzerinnen und Nutzern.

So bestand die Nutzerschaft von Facebook in den Anfangsjahren hauptsächlich aus Studierenden, während die Plattform heute den größten Anteil an Nutzern aller Altersgruppen außerhalb der "Generation Z" hat.

Dies eröffnet auch neue Möglichkeiten für Unternehmen und Einzelpersonen, die Inhalte für diese wachsende Zielgruppe erstellen möchten.

Marketing auf TikTok

TikTok als wichtige Plattform für Werbetreibende? Lange galt das als unmöglich. Zu unberechenbar der Algorithmus und zu wenig kaufkräftig die junge Zielgruppe. Doch im Laufe der Zeit hat sich dieses Bild grundlegend gewandelt.

Heute bietet die Plattform spannende Möglichkeiten, vor allem im Bereich Influencer Marketing. Unternehmen setzen zunehmend auf TikTok-Creator, da diese oft eine enorme Reichweite erzielen. Im Gegensatz zu klassischen Werbeformaten, die es auf TikTok schwer haben, erreichen Influencer ihre Zielgruppen mit authentisch verpackten Botschaften und kreativen Inhalten.

Dabei spielt der Algorithmus der Plattform eine zentrale Rolle: Er belohnt unterhaltsame und trendige Inhalte mit einer höheren Sichtbarkeit. Rein informative, "klassische" Werbebeiträge erreichen vergleichsweise deutlich weniger Nutzerinnen und Nutzer, weshalb Unternehmen, die auf TikTok erfolgreich sein wollen, flexibel auf neue Trends reagieren und kreativ bleiben müssen.

Authentische Werbung: "Hauls"

Wie funktioniert gute Werbung? Eine Frage, über die sich schon viele Experten den Kopf zerbrochen haben. Eine Strategie, die vor allem in den "neuen", sozialen Medien gut funktioniert, sind sogenannte "Hauls".

Dabei präsentieren Influencer Produkte, die sie kürzlich gekauft haben und teilen ihre scheinbar authentische Meinung dazu. Und das funktioniert! Eine repräsentative Studie aus dem Jahr 2024 zeigt, dass 34 Prozent der Generation Z schon einmal ein Produkt gekauft haben, das sie durch Influencer-Werbung kennengelernt haben.

Neben der reinen Produktvermarktung bietet TikTok auch eine Plattform zur Selbstvermarktung. Politiker, Sportler und andere Prominente nutzen die Reichweite der App, um sich einem breiten Publikum zu präsentieren.

Die Schattenseite von TikTok und Co.

Falsche Schönheitsideale

Soziale Netzwerke bringen zwar einige Vorteile, aber auch viele ernsthafte Risiken mit sich, insbesondere für junge Nutzerinnen und Nutzer. Ein großes Problem ist der Einfluss auf das Selbstbild: Schönheitsfilter, perfekt inszenierte Clips und makellos wirkende Creator setzen oft unerreichbare Standards.

Besonders für Jugendliche, die stark dazu neigen sich mit anderen zu vergleichen, stellt dies ein großes Problem dar. Sie sind besonders anfällig für ein verzerrtes Selbstbild und ein geringes Selbstwertgefühl. Der ständige Vergleich mit den scheinbar perfekten Vorbildern kann zu großem emotionalem Stress führen.

Hate Speech, Mobbing und politische Radikalisierung

Hinzu kommen gefährliche Inhalte wie Hasskommentare. Jugendliche und junge Erwachsene werden oft Opfer von Cybermobbing oder sogar Cyberstalking, ihre soziale Identität ist noch nicht ausgebildet, entsprechend anfällig sind sie für derlei Angriffe. Obwohl Plattformen wie TikTok Moderationsfunktionen und Meldeoptionen bereitstellen, reichen diese Maßnahmen häufig nicht aus, um die Betroffenen ausreichend zu schützen.

Mindestens genauso problematisch ist auch die Verbreitung rechtsextremer Propaganda, die durch TikTok, Social Media und andere Online-Plattformen nachweislich befeuert wird.

Junge Menschen sind hier eine besonders begehrte Zielgruppe der Radikalisierung: Sie sind permanent online, mit vielen anderen vernetzt und leicht politisch beeinflussbar. Sei es durch Kanäle mit klarem Parteibezug oder durch subtile, harmlos wirkende Botschaften rechter TikToker.
 
Australien führt Altersbeschränkung für Social Media ein
Aufgrund der negativen Auswirkungen sozialer Medien auf die mentale und körperliche Gesundheit Minderjähriger hat Australien als erstes Land der Welt eine Altersgrenze von 16 Jahren für die Nutzung sozialer Plattformen eingeführt. Betreiber sind nun verpflichtet, effektive Alterskontrollen einzuführen, um die jüngere Zielgruppe zu schützen.
Ein weiteres Problem ist die Sicherheit der Nutzerkonten. Schwache oder mehrfach verwendete Passwörter machen es leicht, Accounts zu kompromittieren. Gelingt es Cyberkriminellen Zugriff auf fremde Nutzerkonten zu erlangen, kann das schnell üble Folgen haben.

Doch die Kritik an TikTok reicht noch weiter:

Datenschutz, politische Einflussnahme, hohes Suchtpotenzial – TikTok in der Kritik

TikTok steht seit einiger Zeit wegen seiner Datensammlung und Sicherheitsstandards unter starker Beobachtung. Kritiker bemängeln, dass die App weitaus mehr Daten sammelt als für ihren Betrieb notwendig sind. Berichte deuten darauf hin, dass TikTok auf Gerätespeicher wie die Zwischenablage oder Cookies zugreifen könnte, um Informationen über das Surfverhalten außerhalb der App zu erhalten.

Die Betreiberfirma ByteDance weist diese Vorwürfe zurück und argumentiert, dass die Datensammlung ausschließlich der Verbesserung des Nutzererlebnisses diene. Wie der TikTok-Algorithmus im Detail funktioniert, bleibt jedoch ein gut gehütetes Geheimnis – eine Intransparenz, die sowohl in den USA als auch in der EU immer wieder heftig kritisiert wird.

Auch die Verbindung zwischen ByteDance und der chinesischen Regierung ruft in westlichen Ländern Besorgnis hervor. Viele befürchten, dass TikTok nicht nur illegal Daten sammelt, sondern diese auch an die chinesische Regierung weitergibt. Die USA befinden sich daher seit einiger Zeit in einem Rechtsstreit mit ByteDance und fordern, dass TikTok von seiner chinesischen Muttergesellschaft unabhängig wird.

Ähnliche Bedenken gibt es auch in der EU. In Frankreich oder Großbritannien beispielsweise ist die Nutzung der App auf Dienstgeräten und in parlamentarischen Netzwerken grundsätzlich verboten. Auch in Deutschland ist es den Mitarbeitenden des Bundespresseamtes untersagt, TikTok auf dienstlichen Geräten zu nutzen.

Neben den Datenschutzproblemen birgt TikTok ein weiteres Risiko: das hohe Suchtpotenzial. Mit einer durchschnittlichen täglichen Nutzungsdauer von 76 Minuten ist TikTok in den USA vor allem in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen absoluter Spitzenreiter. Viele Nutzerinnen und Nutzer verlieren beim Scrollen durch die Plattform jegliches Zeitgefühl, was TikTok auch in diesem Punkt in die Kritik bringt.

Bewusste Nutzung von TikTok – Sie haben es in der Hand

Fassen wir es zusammen, ergibt sich für die Nutzung von TikTok ein durchaus differenziertes Bild:

TikTok kann einen hohen Mehrwert bieten, es überzeugt mit unterhaltsamen und auf Sie zugeschnittenen Inhalten (dank entsprechender Algorithmen). Nicht umsonst lässt sich rund jede(r) vierte Deutsche regelmäßig von der Social-Media-Plattform unterhalten.

Im selben Zuge sollten Sie die TikTok-Inhalte aber auch immer kritisch hinterfragen: Besonders mit Blick auf Desinformation oder Propaganda.

Und auch beim Thema Datenschutz und Privatsphäre ist Vorsicht geboten. Trotz einiger Verbesserungen bei den Sicherheitsvorkehrungen bleibt die Kritik an TikTok berechtigt. Zudem sollten sich Nutzerinnen und Nutzer bewusst sein, dass jede Interaktion – sei es ein Beitrag, ein Kommentar oder ein Like – potenziell dauerhaft im Internet gespeichert werden kann.

Das Internet "vergisst" nicht und viele Ihrer Aktivitäten können auch nach langer Zeit noch auf Sie zurückgeführt werden. Ein überlegter und verantwortungsvoller Umgang mit der App und den sozialen Medien im Allgemeinen ist daher unerlässlich, um mögliche Risiken zu minimieren.
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Quellen:

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