KTM hat ein automatisiertes Getriebe (AMT) offiziell vorgestellt. Gangwechsel dauern nur 50 Millisekunden, und in Kombination mit dem Radar von Bosch ergeben sich vollkommen neue Möglichkeiten, die am autonomen Fahren kratzen.

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Alle Jahre wieder, so klang es im Februar 2023, denn erneut ließ sich ein Motorradhersteller im Dunstkreis eines automatisierten Schaltgetriebes eine technische Erfindung patentieren. Der erste Hersteller 2023 war KTM, der eigentlich eine Parkbremse anmeldete und dabei gleich noch ein komplett automatisiertes Schaltgetriebe für die V2-Motoren zeigte. Im Mai 2024 fuhr dieses Getriebe in der erwarteten KTM 1390 Super Adventure R ausfallfrei das Erzbergrodeo, wurde am 8. Oktober offiziell präsentiert und feiert auf der EICMA 2024 seine Live-Premiere in der KTM 1390 Super Adventure S.

Video: Kurz erklärt: KTM AMT Getriebe Patent und Modell

Zum Losfahren muss man bremsen

Die eigentlich angemeldete Erfindung von KTM ist eine Getriebeschaltsperre für Getriebe mit einer sogenannten "Normally-Open"-Kupplung, also einer Fliehkraftkupplung. Deren bekannteste Bauweise beim Motorrad ist die Rekluse-Kupplung, die MV Agusta in Serie einsetzt und KTM selbst als Nachrüst-Kit für die Sportenduro- und Motocross-Modelle anbietet. Beim Abstellen mit eingelegtem Gang würde das Hinterrad nicht über das Getriebe durch die Kompression des Motors vor dem Wegrollen gehindert. Dagegen hat KTM eine elektronisch gesteuerte Getriebesperre erfunden, um keine separate Parkbremse in das Bremssystem einbauen zu müssen.

Entsprechend ist das Schaltschema des Getriebes deutlich anders als von manuellen Schaltgetrieben, denn das AMT schaltet P-N-1-2-3-4-5-6, anstatt 1-N-2-3-4-5-6. Zum Einlegen eines Ganges oder des Leerlaufs muss eine der beiden Bremsen betätigt werden.

Schalten per Fuß oder Finger

KTM rüstet das AMT mit insgesamt 3 Möglichkeiten aus, die Gänge zu wechseln. Im Automatik-Modus und je nach Fahrmodus schaltet das Getriebe je nach Situation selbst hoch- und runter. Und beim Anhalten trennt die Fliehkraftkupplung den Kraftschluss selbst. Ab anschließend direkt der Leerlauf eingelegt wird, ist nicht klar, das muss ein Fahrtest zeigen. Wer selbst schalten möchte, greift auf 2 Optionen zurück. Eine ist klassisch per Schalthebel mit dem linken Fuß, eine andere per Fingerdruck an der linken Schalterarmatur.

Ob der Fußschalthebel wie beim ASA von BMW "nur" einen elektronischen Schaltimplus auslöst oder tatsächlich noch mit der Schaltwalze verbunden ist, ist nicht bekannt. Sinnig wär ersteres. Übrigens: Ein Schaltvorgang dauert nur 50 Millisekunden, in etwa die Zeit, die bisher ein Gangwechsel mit dem Quickshifter+ von KTM benötigt.

Video: Vorstellung: BMW ASA - Neue Automatik für die BMW R 1300 GS

Automatik und Radar erlauben Notbremsassistent

Im September präsentierte Bosch im Kontext der Automatik von KTM insgesamt 6 neue Funktionen für die mit Radar unterstützten Fahrassistenten. Bei einer Funktion arbeitet das Radar direkt mit der Automatik zusammen: die Adaptive Abstands- und Geschwindigkeitsregelung, auch Stop-and-Go (ACC S&G) genannt. Die Automatik erweitert den Geschwindigkeitsraum, in dem das Motorrad abbremst, und zwar auf 0 km/h. Bisher bremste der Abstandstempomat nur auf bis zu 20 km/h runter.

Umgekehrt kann die Automatik-KTM mit diesem erweiterten Radar-System im Verkehr automatisch anfahren, dazu reicht ein Knopfdruck des Fahrers oder das kurze Öffnen des Gasgriffs. Den Rest machen Radar, Rekluse und Automatik. Im Kontext des autonomen Fahrens befände sich eine Automatik-KTM mit dem Bosch-Radar auf Stufe 2 als assistierter Modus.

Automatikgetriebe für Motorräder

Seit Jahrzehnten versuchen Hersteller immer wieder, das Getriebe eines Motorrads zu automatisieren. Über Drehmomentwandler wie im Convert-Getriebe von Moto Guzzi, über verkappte Rollerantriebe wie bei der Aprilia NA 850 Mana oder das aufwendige System der Yamaha FJR 1300 AS zu den inzwischen weitverbreiteten, dafür schweren DCT-Getrieben von Honda. Alle haben mehr oder weniger funktioniert, sich bis auf das DCT von Honda allerdings nicht durchgesetzt. In den vergangenen Jahren haben Suzuki, Honda, Yamaha und CFMoto immer wieder ähnliche Systeme schützen lassen, in Seamless-Bauweise und/oder mit einer Clutch-by-Wire-Funktion.

Allen gemein: Sie haben wie das KTM-System nur eine Kupplung und automatisieren herkömmliche Getriebe mit wenigen zusätzlichen Bauteilen. Wirklich in Serie kam zuletzt nur das automatisierte Getriebe der beiden hybriden Kawasaki-Modelle, und mit dem ASA-Getriebe von BMW steht eine neue Serien-Automatik für das Modelljahr 2025 im Startloch.

Auf halbem Weg zur Automatik legte Honda noch eine Zwischenstation in Form einer automatisierten Kupplung ein, genannt E-Clutch. 2024 zauberte Yamaha das Y-AMT aus dem Hut, eine Erweiterung des aktuellen CP3-Getriebes mit automatischer Steuerung von Kupplung und Schaltung, die laut ersten Tests Lust auf mehr macht. Und da Yamaha ebenfalls auf ein Radar-System von Bosch in der Tracer 9 GT+ setzt, könnten die neuen Funktionen entsprechend zeitig bei Yamaha zum Einsatz kommen.

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Fazit

KTM hat sich 2021 die Erfindung einer Getriebesperre patentieren lassen und gleich noch ein komplettes automatisiertes Getriebe mit Rekluse-Kupplung dazu. 2023 wurde es öffentlich, und 2024 fuhr die neue Automatik bereits in der noch getarnten KTM 1390 Super Adventure R beim Erzbergrodeo. Das passt, denn im Patent sind klar die Ersatzteilnummern des damals noch 1.301-Kubik großen V2 zu sehen. KTM stellt das neue Getriebe am 8. Oktober 2024 vor. Erwartet wird das neue AMT-Getriebe von KTM zum Modelljahr 2025 zunächst in der KTM 1390 Super Adventure S und später für die eher touristischen 1390-Modelle Super Duke GT oder das Naked Bike Super Duke R.  © Motorrad-Online

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