"Beschleunigung ist sicherheitsrelevant!" Was Autofahrerinnen und Autofahrer, die gerne mal Gas geben, schon immer wussten, bestätigt nun der ADAC in einer Analyse. Natürlich geht es dem Autoclub dabei nicht um möglichst schnelles Losfahren an Ampeln oder darum, die Siegchancen bei Sprintrennen auf der Viertelmeile zu optimieren. Nein, der ADAC hat konkrete Situationen aus dem Autofahreralltag im Blick, speziell das Überholen auf der Landstraße oder das Einfädeln vom Beschleunigungsstreifen auf die Autobahn.
Video: Dacia Spring zu schwach für die Autobahn © ADAC e.V.
Folglich haben die Münchner bei ihrer Analyse von knapp 600 Fahrzeugen aller Antriebsarten nicht den klassischen Autoquartett-Wert von null auf 100 km/h herangezogen. Für entscheidender im Alltag hält der ADAC die Durchzugskraft (auch Elastizität genannt) von 60 bis 100 km/h. Diese überprüft der Autoclub bei seinen Autotests standardmäßig, wobei versucht wird, den bestmöglichen Wert zu erreichen; in den entsprechenden Gängen wird das Auto dann auch beschleunigt. Eine in dieser Hinsicht sinnvolle Beschleunigung dauert zwischen 5,5 und 8 Sekunden. Das Fahrzeug legt in dieser Zeit etwa 122 Meter bis 178 Meter zurück. Und kommt damit bei einer in der Regel 250 Meter langen Autobahnauffahrt souverän vom Beschleunigungsstreifen auf die rechte Fahrspur.
Sicherheitsrisiko Dacia Spring
Es gibt jedoch Modelle, die an dieser Aufgabe scheitern. Besonders negativ fällt hierbei der Dacia Spring Electric 45 (siehe Fotoshow der Facelift-Version) auf. Für den Zwischenspurt von 60 auf 100 km/h braucht das nur 45 PS starke Elektroauto satte 14,86 Sekunden beziehungsweise 330 Meter. "Damit können Überholmanöver auf viel befahrenen Landstraßen oder Auffahrten auf Autobahnen nicht nur zu einer Nervenprobe, sondern auch zu einem Sicherheitsrisiko werden", konstatiert der ADAC. Damit bewertet er das Beschleunigungsvermögen des in China gebauten Rumänen als "mangelhaft". Zum Vergleich: Das schnellste getestete Auto Tesla Model S P90D schafft die Übung in 1,64 Sekunden respektive 36,4 Metern.
Deutlich besser als der Dacia, aber immer noch zu langsam, sind der Analyse zufolge die lahmsten Benziner und der gemächlichste Diesel. Mit dem 67 PS starken Hyundai i10 1.0, der über 11 Sekunden für die Elastizitätsmessung benötigt, und dem VW Eco-Up 1.0 mit bivalentem Benzin-Erdgas-Antrieb (68 PS und 12,89 Sekunden von 60 auf 100 km/h) schneiden zwei weitere Kleinwagen "mangelhaft" ab. Das Schlusslicht bei den Selbstzündern, der VW T6.1 Multivan 2.0 TDI mit 199 PS, erreicht mit seinen 8,81 Sekunden immerhin eine "befriedigende" Wertung. Fahrzeuge, die im ADAC-Autotest weniger als 6,38 Sekunden für den Zwischensprint benötigen, wurden dagegen mit "gut" oder "sehr gut" bewertet.
Normale Leistung meist ausreichend
Dennoch kommt der ADAC zu dem grundsätzlichen Ergebnis, dass eine normale Motorisierung für eine gute Durchzugskraft ausreicht. Dabei hängt die passende Motorleistung – wenig überraschend – vorrangig vom Gewicht des jeweiligen Modells ab. Als Faustregel gilt: Bei einem Leergewicht von 1.000 Kilogramm reichen in der Regel 80 PS zum sicheren Beschleunigen aus. Bei anderthalb Tonnen Gewicht ist eine Leistung von rund 120 PS zu empfehlen. Wiegt ein Fahrzeug 2.500 Kilogramm, sollte der Motor ungefähr 200 PS leisten. Entscheidend sei jedoch der Drehmomentverlauf des Motors; es sollten dann genügend Newtonmeter zur Verfügung stehen, wenn man sie wirklich braucht.
Der ADAC empfiehlt Autokäuferinnen und -käufern deshalb, bei der Wahl ihres Fahrzeugs nicht nur auf die 0-auf-100-Beschleunigung zu achten, sondern auch auf die Durchzugskraft für den Zwischensprint. Für die Entscheidung spielen obendrein Faktoren wie das übliche Einsatzgebiet (Stadt oder Land, flach oder bergig) eine Rolle. Einfließen in die Kaufentscheidung sollte zudem das eigene Fahrprofil. Wer sein Auto häufig mit vollem Kofferraum bewegt oder damit öfter schwere Lasten wie Wohnwagen, Pferdeanhänger oder Boote zieht, sollte bei der Wahl des Wunschmodells im Zweifel eine höhere Leistungsstufe wählen. © auto motor und sport
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