In zwei BMW-Werken legen die Neuwagen jetzt kilometerlange Strecken zwischen den Produktions-Abschnitten eigenständig ohne Fahrer zurück. Das spektakuläre System soll auf andere Werke des Konzerns ausgeweitet werden.
Neuwagenkäufer wundern sich gelegentlich, warum auf dem Tacho des nagelneuen Fahrzeugs keine glatte Null steht, sondern schon ein paar Kilometer zurückgelegt sind. Das betrifft auch Autos aus deutscher Produktion, die nicht langwierig per Containerschiff den Weg zum Vertragshändler angetreten haben. Der Grund dafür liegt nicht nur in Überführungsfahrten, sondern vor allem im "Werksverkehr".
Video: Autonom fahrende Neuwagen in der BMW-Produktion
Moderne Autofabriken, erst recht das größte Fahrzeugwerk von BMW in Europa in Dingolfing mit seinen rund 300 Hektar Gesamtfläche, haben lange Wege, auch für die produzierten Autos. Die müssen nach der Fertigstellung auf der Produktionslinie noch weitere Stationen ansteuern.
Fahrerlos in die Qualitätskontrolle
Im Werk Dingolfing und künftig auch im BMW-Werk Leipzig übernehmen die neu produzierten Modelle einen Teil der Fahrt im Werk autonom. So fahren die Neufahrzeuge in Dingolfing vollautomatisch und fahrerlos über eine mehr als einen Kilometer lange Strecke von den beiden Montagehallen über die sogenannte Kurzprüfstrecke bis in den Finish-Bereich des Werks.
"Das automatisierte Fahren im Werksumfeld optimiert unseren Produktionsprozess und bringt deutliche Effizienzgewinne in unserer Logistik mit sich", erklärt Milan Nedeljković, Produktionsvorstand der BMW AG. "Deshalb werden wir diese Technologie zügig im Produktionsnetzwerk ausrollen."
Sensoren als Wegweiser
Um die autonom gefahrene Strecke sicher und fehlerfrei zurücklegen zu können, wurden spezielle Sensoren entlang der Fahrtroute installiert, an denen sich die Autos orientieren. Über eine Steuerungssoftware werden die Fahrzeuge unabhängig von ihrer Ausstattung cloudbasiert geleitet. An der Entwicklung der Technologie war das Schweizer Start-Up Embotech AG beteiligt, mit dem die BMW Group über die BMW Start Up Garage zusammenarbeitet.
Nach dem erfolgreichen Start der Anwendung in Dingolfing sollen künftig in Leipzig 90 Prozent der dort produzierten Fahrzeuge die geeigneten Strecken ab der Endmontage autonom zurücklegen. Im Jahr 2025 wird die Technik auch in den BMW-Werken Regensburg und Oxford zur Verfügung stehen. Das neue BMW-Werk im ungarischen Debrecen, das 2025 in Betrieb gehen soll, wird bereits ab Beginn mit dieser Technologie ausgerüstet. Dort laufen künftig zahlreiche Modelle der "Neuen Klasse" vom Band.
Künftig automatisch bis zur Auslieferung
Die Entwicklung ist damit noch nicht beendet, da aktuell für zusätzliche Strecken im Werk wie die Fahrt ins Auslieferungslager noch menschliches Fahrpersonal nötig ist. Langfristig sollen auch diese Fahrten automatisiert werden, wobei die Neuwagen mit der bordeigenen Sensorik fahren sollen, ohne die jetzt noch nötigen externen "Wegweiser". "In den nächsten zehn Jahren fahren wir mit dem automatisierten Fahren im Werksumfeld allein in unserem Produktionsnetzwerk mehrere Millionen Testkilometer", so Nedeljković. Das wird neben der gesteigerten Effizienz in der Produktion nicht zuletzt wertvolle Erkenntnisse für das autonome Fahren im Straßenverkehr bringen. © auto motor und sport
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.