Statussymbol, ein Stückchen Freiheit oder einfaches Fortbewegungsmittel - die Beziehungen zum eigenen Auto sind vielfältig und verändern sich. Carsharing hat daran einen entscheidenden Anteil. Das Mobilitätskonzept verändert Nutzungsgewohnheiten und Einstellungen der Autofahrer. Aber hat der Trend das Potenzial, das eigene Auto vollkommen zu ersetzen?
Noch im vergangenen Jahrzehnt war Carsharing ein nahezu unbekanntes Konzept. Während 2004 rund 70.000 Menschen in Deutschland bei einem der wenigen Anbieter registriert waren, hat sich dieser Wert in den letzten zehn Jahren mehr als verzehnfacht. Wie der Bundesverband Carsharing in einer Pressekonferenz am Donnerstag (27. Februar) mitteilte, seien zu Jahresbeginn etwa 757.000 Kunden in Deutschland registriert. Die Nachfrage nach der Kurzzeitmiete wuchs um 67 Prozent im Vergleich zum Vorjahr - und damit so stark wie nie zuvor.
Klassisches Carsharing und die mobile Variante wachsen rasant
Besonders beliebt war im vergangenen Jahr die mobile Variante der Kurzzeitmiete: Anbieter wie Car2go oder DriveNow ermöglichen es ihren Kunden, freie Autos per Smartphone zu orten und zu reservieren. Das ist praktisch und brachte im vergangenen Jahr ein Plus an Registrierungen von 139 Prozent im Vergleich zu 2012 ein. Insgesamt verzeichnet diese Variante nun rund 437.000 Kunden. Aber auch das klassische Carsharing mit 3.900 festen Stationen im Bundesgebiet wuchs - und zwar um 50.000 auf mittlerweile 320.000 Nutzer (plus 18,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).
Individuelle Mobilität ist teuer - Pluspunkt fürs Carsharing
Carsharing liegt also voll im Trend - vor allem in Großstädten. Hier lohnt sich die Anschaffung eines eigenen Autos oftmals nicht. Kurze Wege lassen sich zu Fuß oder mit dem Rad zurücklegen, weitere Strecken mit Bus und Bahn. Wer dann doch mal ein Auto benötigt, kann spontan zum Mietauto greifen. Aktuell gilt: Wer in der Großstadt lebt und weniger als 10.000 Kilometer jährlich mit dem Auto zurücklegt, für den kann sich Carsharing auch finanziell lohnen.
Brauchen junge Leute kein Auto als Statussymbol?
Weitere Entwicklungen beflügeln den Trend sogar noch. "Gerade für jüngere Leute sinkt die Bedeutung des Autos als Statussymbol", sagt zum Beispiel Tobias Arns vom IT-Branchenverband Bitkom. Eine Studie des Car-Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen hinterlegt diese Behauptung mit Zahlen: So ist der Anteil der unter 45-Jährigen an allen Neuwagenkäufern von 1995 bis 2013 von 48,1 auf nur noch 27,4 Prozent gesunken. Die Anforderungen an Mobilität haben sich verändert und junge Menschen suchen nach Alternativen fürs eigene Auto.
Autohandel vs. Carsharing: Sehen sich die Hersteller bedroht?
Dennoch: Der Anteil von Carsharing am Gesamtmarkt ist noch gering. Gerade mal ein Prozent der Führerscheinbesitzer in Deutschland ist als Nutzer registriert. "Im Verhältnis zum Gesamtverkehr spielt Carsharing noch eine winzige Rolle", konstatiert Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Deswegen müssen die Autohersteller auch nicht akut um ihre Zukunft bangen. Zumal sie zum Teil selber das Carsharing als neues Geschäftsfeld für sich entdecken - wie Daimler mit Car2go oder BMW mit DriveNow. Das könnte wegbrechende Gewinne durch fehlende Autokäufe womöglich kompensieren. Gleichzeitig werden junge Menschen an die Fahrzeugmarken herangeführt.
Autonomes Fahren könnte dem Trend zum Durchbruch verhelfen
Noch sind die Tage des eigenen Pkw also nicht gezählt. Laut "Spiegel Online" sehen mehr als 70 Prozent der deutschen Autofahrer noch keine Alternative zum eigenen Fahrzeug. Und insbesondere außerhalb von Großstädten dürfte es Carsharing auch in der Zukunft noch schwer haben. Im städtischen Raum dürfte sich der Trend allerdings fortsetzen. Zudem könnten neue Technologien katalysierend wirken. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer kann sich vorstellen, dass autonomes Fahren dem Carsharing zum absoluten Durchbruch verhelfen könnte. Dann müssten die Kunden nicht mehr zu den Autos kommen, um sie zu nutzen, sondern die Autos kämen zu ihnen. © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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