Feinstaub in den Städten ist ein Dauerthema unserer Zeit: Zwar beeinflussen mehrere Faktoren die Entstehung des gesundheitsschädlichen Staubs, doch der Straßenverkehr hat einen großen Anteil daran. Bislang war der Dieselmotor der ausgemachte Gegner von Umweltschützern und Politikern – er gilt als besonders schmutzig, wenn es um die Emission von Feinstaub geht. Doch ist das wirklich so? Mehrere Untersuchungen zeigen, dass bestimmte Benzinmotoren die wahren Dreckschleudern sind.

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Noch vor etwas mehr als 15 Jahren war es üblich, dass Autos mit Dieselmotor beim Beschleunigen schwarze Rauchfahnen ausstießen. Der Hauptbestandteil dieser "Dieselfahne" besteht früher wie heute aus unverbranntem Kohlenwasserstoff und Ruß, der beim Verbrennungsprozess von Diesel entsteht – etwas, was man allgemein auch als Feinstaub bezeichnet. Erst mit der flächendeckenden Einführung des Partikelfilters um die Jahrtausendwende gehörte der Rußnebel der Vergangenheit an. Dennoch haben deutsche Großstädte zunehmend mit Feinstaub in der Luft ein großes Problem. Schon seit Längerem stehen ältere Dieselmotoren und nicht funktionierende Abgasreinigungssysteme unter dem Verdacht, das Feinstaubproblem massiv zu verschärfen – die ersten Fahrverbote könnten schon bald kommen.

Benziner mit Direkteinspritzung sind wahre Feinstaub-Schleudern

Aber helfen derartige Maßnahmen überhaupt, die Luft in deutschen Städten sauberer zu halten? Immerhin haben moderne Pkw-Dieselmotoren noch einen weiteren Nachteil: Sie produzieren jede Menge Stockoxide, die krebserregend sind. Nur Selbstzünder, die mit einem wirksamen SCR-Katalysator ausgerüstet sind – also über eine Harnstoffeinspritzung verfügen – können als verhältnismäßig sauber bezeichnet werden. Ist der Dieselmotor nun künftig grundsätzlich die schlechtere Wahl, wenn es um den Umweltaspekt geht? Nicht unbedingt: Neue Untersuchungen des ADAC zeigen, dass moderne Benzinmotoren mit Direkteinspritzung ein Problem haben, dass sie früher nie hatten: Sie produzieren ebenfalls jede Menge Feinstaub in Form von Rußpartikeln.

Besonders sticht das Ergebnis des Smart Fortwo 0.9 Turbo heraus: Durchschnittlich stößt der Turbobenziner 83.000 Milliarden Partikel pro Kilometer aus – das 138-Fache des Grenzwerts, der für Dieselfahrzeuge seit 2011 gilt. Bei Autobahnfahrten soll der Wagen sogar bis zu 263.000 Milliarden Partikel pro Kilometer ausstoßen, schreibt die "Wirtschaftswoche". Das wäre das 440-Fache des Grenzwerts für Dieselmotoren – der Smart ist aber ein Benziner. Das Kuriose daran ist: Derzeit darf das Auto aufgrund seines vergleichsweise niedrigen Spritverbrauchs sogar noch mit dem Öko-Siegel des Wuppertaler Umweltinstituts Ökotrend werben. Der Ausstoß von Feinstaub hat jedoch nichts mit dem Kraftstoffverbrauch zutun. Institutsleiter Thomas Wiesand hat sich gegenüber der "Wirtschaftswoche" bereits geäußert und die Vergabe aus heutiger Sicht als Fehler bezeichnet. Das Label könne aufgrund eines bestehenden Vertrags derzeit allerdings nicht zurückgenommen werden. In Zukunft werde aber kein Smart mit Benziner erneut das Gütesiegel von Ökotrend erhalten.

Der Partikelfilter für Benzinmotoren ist überfällig

Der ADAC hat übrigens auch bei Modellen anderer Hersteller deutlich zu hohe Feinstaubwerte gemessen: Ob Opel, Ford, Hyundai, Volvo, Toyota, VW, BMW, Mercedes oder Mazda – die Liste ist lang. Fast immer handelt es sich um kleinere Aggregate mit Direkteinspritzung und Turboaufladung. Diese Motoren sind unter dem Schlüsselbegriff "Downsizing" entstanden: Sie sollen bei gleicher Leistung weniger Sprit verbrauchen. War dieser technologische Schritt also ein Irrweg? Im Strudel des Abgasskandals rund um den VW-Konzern scheint das Thema Feinstaub gegenüber der Stickoxid-Diskussion zumindest ins Hintertreffen geraten zu sein. Wenn es aktuell um Fahrverbote geht, ist immer nur die Rede von Dieselmotoren – wegen der hohen Stickoxid-Belastung. Dabei müssten auch moderne Benzinmotoren in den Fokus der Öffentlichkeit rücken.

Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) werden sie das bald auch: Denn schon im September dieses Jahres läuft das "Verschmutzungsprivileg" der Direkteinspritzer aus. Von da an müssen alle neuen Benziner ebenfalls mit einem Partikelfilter ausgerüstet werden. Alle bisher verkauften Modelle dürfen natürlich weiter rußen, was sie zur Zielscheibe von künftig verordneten Fahrverboten macht. Denn eines ist sicher: Für die Gesundheit der Stadtbewohner und die Umwelt wären allgemein formulierte Fahrverbote in jedem Fall sinnvoller, als nur bestimmte Verbrennungsmotoren aus den Innenstädten zu verbannen.  © 1&1 Mail & Media/ContentFleet

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