Die EU-Kommission hatte sich für Strafzölle auf chinesische E-Autos ausgesprochen, wenn auch in reduzierter Form. Deutschland wurde überstimmt. Nachdem sie nun in Kraft sind, bahnt sich eine Lösung im Zollstreit an.
Immer wieder hatten sich die deutsche Autoindustrie und deren Interessenverband (VDA) gegen die Einführung von Strafzöllen auf E-Autos aus China ausgesprochen. Doch die EU-Kommission blieb hart und verhängte sie dennoch. Seit dem 5.7. galt eine vorläufige Regelung (bis November), welche die EU-Kommission ohne Abstimmung der Mitgliedsstaaten eingeführt hatte. Ende Oktober wurde in der EU-Kommission über eine generelle, vorerst unbefristete Regelung abgestimmt. Dabei votierten die meisten Mitgliedsstaaten für die Einführung von Strafzöllen ab November. Deutschland stimmte dagegen, hatte gegen die Mehrheit der anderen Länder aber keine Chance.
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Daraufhin ging es unverzüglich los: Inzwischen werden die Zölle auf Autos aus China erhoben. Je nach Hersteller und Kooperationsbereitschaft sollten die Aufschläge ursprünglichen Planungen zufolge zwischen 17,4 und 37,6 Prozent betragen, die auf die bisher geltenden zehn Prozent draufgeschlagen werden. Später hatte die EU die Höhe der Importzölle angepasst. Der endgültigen Regelung zufolge soll der maximale Aufschlag 35,3 Prozent betragen.
"Technischer Konsens" im Zollstreit
Doch nun gibt es erste Anzeichen, dass sich die EU und China im Zollstreit angenähert haben. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet, schreibt der staatlich kontrollierte Fernsehsender China Central Television (CCTV) beim sozialen Netzwerk Weibo, dass beide Parteien bei dem Thema einen "technischen Konsens" erreicht hätten. Demnach könnten die EU-Zölle auf in China hergestellte Elektrofahrzeuge reduziert oder gar komplett rückgängig gemacht werden. Details dazu nannten jedoch weder CCTV noch Bloomberg.
Zollerhöhung ist herstellerabhängig
Wie hoch die vorerst weiterhin gültige Zollerhöhung exakt ausfällt, ist herstellerabhängig. Statt der bisher geltenden 20,8 Prozent ergab eine Neubewertung von Tesla beispielsweise nur noch 7,8 Prozent Importzoll. Bereits vor der Bekanntgabe der vorläufigen Zollerhöhungen am 12. Juli 2024 drängte der US-Konzern auf eigene Untersuchungen, um die geringeren Zölle zu erhalten. Darüber hinaus gibt es nur geringfügige Änderungen. Kooperierende Unternehmen sollen 21,3 Prozent zusätzlichen Importzoll auf die aktuell schon geltenden zehn Prozent zahlen. Geely liegt nun bei 19,3 Prozent (statt 19,9), BYD bei 17 Prozent (statt 17,4).
Während diese Strafzölle eigentlich in erster Linie chinesischen Herstellern gelten, betreffen sie auch Marken, die in China lediglich produzieren lassen. So hat Tesla bereits den Preis für das in Shanghai gebaute Model 3 um 2.000 Euro angehoben. Betroffen sind auch BMW und der Volkswagen-Konzern. Der Cupra Tavascan wird in China im Werk Anhui der Anhui Jianghuai Automobile (JAC) produziert, der BMW iX3 im BMW-Brilliance-Werk in Shenyang, Provinz Liaoning. Beim Import dieser Modelle fallen nach der Reduzierung statt 37,6 Prozent nur noch 21,3 Prozent Import-Abgaben an.
Strafzölle auf chinesische E-Autos – eine Chronologie
Bereits Mitte September 2023 kündigte EU-Kommissionspräsidentin
Im März 2024 veröffentlichte die EU eine sogenannte Durchführungsverordnung, nach der eine "zollamtliche Erfassung" aller Elektroautos, die aus China eingeführt werden, erfolgen soll. Im Juni meldete Brüssel die entsprechenden Konsequenzen dieser Untersuchung und kündigte Strafzölle auf chinesische Elektroautos in Höhe von bis zu 38 Prozent an. Bei der Bekanntgabe der Untersuchung erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: "Der Preis dieser Autos wird durch riesige staatliche Subventionen künstlich gedrückt – das verzerrt unseren Markt."
China-E-Autos gut 35 Prozent teurer
Wörtlich hieß es seitens der Kommission: "Im Rahmen ihrer laufenden Untersuchung kam die Kommission vorläufig zu dem Schluss, dass die Wertschöpfungskette für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEV) in China von einer unfairen Subventionierung profitiert, durch die den BEV-Herstellern in der EU eine wirtschaftliche Schädigung droht."
In diesem Zusammenhang liegen inzwischen konkrete Zahlen für die Zollgebühren vor. Drei Hersteller werden namentlich genannt:
- BYD: 17,4 % neu 17 %
- Geely: 19,9 % neu 19,3 %
- SAIC: 37,6 % neu 35,3 %
- Andere kooperierende Hersteller: 20,8 % neu 21,3 %
- Nicht-kooperierende Hersteller: 37,6 % neu 35,3 %
Das sagen deutsche Autohersteller zu den Strafzöllen
Bisher hatten sich bereits alle deutschen Autohersteller und selbst Bundeskanzler Scholz gegen Strafzölle ausgesprochen. Der Verband der Automobilindustrie sagte nach Bekanntgabe der ersten Strafzoll-Pläne: "Um die Abkehr von globaler Zusammenarbeit und freiem sowie fairen Handel noch zu stoppen, müssen sowohl China als auch die EU-Kommission alles daransetzen, im offen-konstruktiven Dialog eine Lösung zu finden. Ein möglicher globaler Handelskonflikt muss abgewendet werden." Doch der Appell verpuffte, die Strafzölle werden eingeführt. © auto motor und sport
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