Immer wieder flammt die Diskussion auf: Sollten Radfahrer einen Führerschein machen müssen, um Verkehrsregeln besser zu kennen – oder überhaupt zur Rechenschaft gezogen werden zu können? Eine Forderung, die vor allem in Foren und sozialen Netzwerken polarisiert. Ein Blick auf die Hintergründe, Argumente und mögliche Lösungen.
"So, wie sich viele Radfahrer verhalten, wäre es manchmal angebracht, einen Nachweis der Kenntnis über gängige Verkehrsregeln zu fordern." Diese Forderung aus einem (Motor)-Forum hört man immer wieder: Führerscheinpflicht für Radfahrer! Zuletzt geisterte ein Screenshot über angebliche Pläne des Verkehrsministeriums auf Facebook herum, wonach 2025 die Führerscheinpflicht für Radfahrer sowie eine Radsteuer eingeführt werden sollte. Spoiler: Das entpuppte sich schnell als Fake News.
Wir wollen trotzdem klären: Wer fordert einen Führerschein für Radfahrer und wie realistisch ist das?
Wer fordert einen Führerschein für Radfahrer – und warum?
Googelt man nach dem Stichwort Fahrradführerschein, geht es fast ausschließlich um die Fahrprüfung für Grundschulkinder. Der "Führerschein", der im Anschluss daran an die jungen Radler ausgegeben wird, ist aber natürlich nicht, worum es hier geht.
Vielmehr geht es um Menschen, die sich über das – vermeintlich oft – verkehrswidrige Verhalten von Radfahrern ärgern. Tenor: Fahrradfahrer kennen entweder die Verkehrsregeln nicht oder missachten sie bewusst. Radfahrer könnten sich im Straßenverkehr alles erlauben, insbesondere mehr als Autofahrer, heißt es in Foren oder unter Facebook- oder Instagramposts. Weil sie keinen Führerschein brauchen, können sie ihn bei Fehlverhalten auch nicht verlieren. Das sei ungerecht gegenüber Autofahrern. Eng damit verbunden: Die Forderung nach einer Kennzeichenpflicht für Radfahrer, um sie bei Verkehrsverstößen leichter identifizieren zu können.
Hinter der Forderung steht also eine gefühlte Ungleichbehandlung von Radfahrern und Autofahrern. 2018 gab es sogar eine Forsa-Umfrage, wonach 52 Prozent der Befragten sich für einen Fahrradführerschein ausgesprochen haben.
Wie realistisch ist die Einführung eines Fahrradführerscheins?
Kurz gesagt: Dass es in Zukunft einen Fahrradführerschein geben wird, ist extrem unrealistisch. Und zwar aus diesen Gründen:
- Kein Vorbild: Wir konnten kein Land finden, das Fahrradfahren nur mit Führerschein erlaubt. In einigen Ländern gab oder gibt es hingegen verschiedene Varianten einer Kennzeichenpflicht, z.B. Japan, Schweiz, Liechtenstein.
- Auto-Führerschein meist vorhanden: Nach Schätzungen des ADFC haben etwa 90 Prozent der erwachsenen Radfahrer einen Auto-Führerschein – die Verkehrsregeln sollten also insgesamt bekannt sein.
- Mobilitätswende: Mit der Verkehrswende gibt es das gesellschaftliche und politische Bestreben, u.a. auch das Fahrrad als umweltfreundliches Verkehrsmittel zu stärken. Eine Führerscheinpflicht würde das Gegenteil bewirken.
- Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen: Die Kosten und der bürokratische Aufwand, um einen Führerschein inklusive Schulung und Prüfung für die ca. 67,2 Millionen Radfahrer in Deutschland auszustellen, wäre enorm.
- Bekämpft das Problem nicht: Konflikte im Straßenverkehr und Regelverstöße entstehen oft überhaupt erst aufgrund von zu wenig Platz oder schlecht geplanter Infrastruktur – hieran würde eine Führerscheinpflicht nichts ändern.
- Aber: Manche Radler zeigen sich auch aufgeschlossen zu den Themen Führerschein, Kennzeichen oder Fahrrad-Steuer: Wenn im Gegenzug mehr Gleichstellung von Radfahrern im Straßenverkehr stattfindet.
Fazit: Wirklich helfen würde eine bessere Rad-Infrastruktur
Die Einführung eines Fahrradführerscheins ist und bleibt auch 2025 eine unrealistische Forderung. Stattdessen liegt die eigentliche Lösung für Konflikte im Straßenverkehr in einer besseren Infrastruktur. Mehr Platz, sicherere Radwege und klare Regelungen könnten das Miteinander von Radfahrern und anderen Verkehrsteilnehmern deutlich entspannen. Statt über einen Fahrradführerschein zu debattieren, sollte der Fokus darauf liegen, den Straßenverkehr für alle Beteiligten sicherer und fairer zu gestalten. © Bike-X
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