Berlin - Es hat zwar etwas gedauert, doch nun ist es auch bei Lexus endlich soweit: Nachdem sie jahrelang auf Hybrid-Technik gesetzt und dann halbherzig den kleinen UX umgerüstet hat, startet die Toyota-Tochter jetzt ihr erstes reines Elektroauto.
RZ 450e heißt der Newcomer, der im April zu Preisen ab 68.000 Euro auf den Markt kommt und mit Modellen wie dem Audi Q8 e-tron, dem BMW iX oder dem Mercedes EQE konkurrieren soll.
Eine erfrischende Erscheinung
Auf den ersten Blick ist das 4,82 Meter lange Elektro-SUV in seinem Segment eine durchweg erfrischende Erscheinung. Schließlich haben die Japaner ihre ohnehin schon extrovertierte Designlinie noch einmal nachgeschärft. Die Front wirkt provozierend sportlich. Das kantig geschnittene Heck trägt gleich zwei Spoiler. Und als wäre der keilförmige Koloss damit noch nicht auffällig genug, bekommt er optional auch noch eine Zweifarblackierung.
Dazu gibt es einen Innenraum mit einem üppigen Armaturenbrett und einer ungewöhnlich massiven Mittelkonsole. Wer vorn Platz nimmt, wird vom Interieur regelrecht umschlossen und eng ins Geschehen eingebunden. Wer hinten sitzt, genießt vor allem viel Platz und ein luftiges Ambiente.
Verarbeitung und Material sind hochwertig. Der Touchscreen ist, wie alles andere auch, intuitiv zu bedienen. Zudem nimmt ein dichtes Netz an Assistenzsystemen dem Fahrenden einige Arbeit ab. Warum sich die Japaner jedoch das Handschuhfach gespart haben, bleibt ein Rätsel. Immerhin: Während es an Ablagen für Kleinigkeiten fehlt, ist der Kofferraum mit 522 bis 1451 Litern mehr als ausreichend.
Unter dem Blech ein alter Bekannter
Auch wenn der Lexus außen wie innen anders auftreten mag, entpuppt er sich auf den zweiten Blick doch als alter Bekannter. Er basiert nämlich auf dem Toyota BZ4x. Und das ist leider nicht die beste Voraussetzung. Denn schon im Massemarkt hat Toyota mit dem elektrischen Erstling keinen leichten Stand. Gleiches könnte für Lexus in der Oberklasse gelten.
Grund: Die zwei Motoren mit zusammen 230 kW/313 PS sind eher durchschnittlich, und die Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h dürfte die meisten Premiumkäufer kaum für die neue Antriebsart begeistern. Und auch der Akku ist mit einer Netto-Kapazität von 64 kWh kaum konkurrenzfähig, selbst wenn er den Japanern einen nennenswerten Preisvorteil verschafft. Der BMW iX zum Beispiel hat bis zu 111 kWh, kostet dafür aber auch 40.000 Euro mehr.
Doch während die Bayern dann bis zu 633 Kilometer Reichweite bieten, kommt der RZ schon auf dem Prüfstand bestenfalls auf 440 Kilometer. Im Alltag und erst recht im Winter sind es schnell mal weniger als 300 Kilometer. Einziger Vorteil: Bei so einem kleinen Akku stört auch die schwache Ladeleistung nicht so sehr. Denn selbst wenn der Strom mit maximal 11 kW an der Wallbox und mageren 150 kW am Schnelllader fließt, sind die ersten 80 Prozent trotzdem nach 30 Minuten geschafft.
Beim Lenken hat der Lexus den Bogen raus
Leistung und Reichweite sind zwar allenfalls Mittelmaß. Dafür überrascht Lexus jedoch mit einer neuartigen Lenkung. Denn die Japaner wollen bald eine sogenannte Steer-by-Wire-Lenkung anbieten. Zu dieser gehört auch ein Yoke-Lenkrad, das Flug- oder Formel-1-Piloten als liegende Acht kennen.
Die innovative Lenkung geht zwar erst in zwei Jahren in Serie und wird einen deutlich vierstelligen Aufpreis kosten, vermittelt aber ein völlig neues Fahrgefühl. Denn für einen vollen Lenkeinschlag reicht hier eine 150-Grad-Drehung, und der Fahrer muss selbst in scharfen Kurven nicht mehr umgreifen.
Im Testauto, das die Steer-by-Wire-Technik bereits integriert hat, zeigt sich allerdings: Das Lenken erfordert etwas Übung. Vor allem beim Rangieren langt die Hand schnell mal ins Leere, wenn man aus alter Gewohnheit doch umgreifen möchte. Hat man den Bogen aber erst einmal raus, wirken alle anderen Autos dagegen ungeheuer schwerfällig.
Und noch eine Besonderheit bringt die neue Technik mit sich: Weil das Lenkrad nicht mechanisch, sondern elektronisch über ein Kabel mit der Vorderachse verbunden ist, fühlt sich der Kontakt zur Fahrbahn sehr steril an. Unebenheiten und Regenglätte sind etwa kaum zu spüren.
Fazit: Schwerer Start mit guten Perspektiven
Er sieht erfrischend anders aus und ist günstiger als die Konkurrenz. Doch solange die Reichweite beim E-Auto noch das Kaufkriterium Nummer eins ist, wird sich der RZ 450e im Wettbewerb schwertun. Aber die Perspektiven sind nicht schlecht: Wenn sich die Kundschaft in zwei, drei Jahren ans Laden gewöhnt hat und die Infrastruktur parallel dazu gewachsen ist, fällt dieser Nachteil kaum mehr ins Gewicht. Und wenn dann auch noch die neue Lenkung zu haben ist, könnte der Newcomer etliche Abnehmer finden.
Datenblatt: Lexus RZ 450e
Motor und Antrieb | Elektroantrieb mit zwei Motoren |
Max. Leistung: | 230 kW/313 PS |
Max. Drehmoment: | 434 Nm |
Antrieb: | Allradantrieb |
Getriebe: | Eingang-Getriebe |
Maße und Gewichte | |
Länge: | 4805 mm |
Breite: | 1895 mm |
Höhe: | 1635 mm |
Radstand: | 2850 mm |
Leergewicht: | 2055 kg |
Zuladung: | 485 kg |
Kofferraumvolumen: | 522-1 451 Liter |
Fahrdaten: | |
Höchstgeschwindigkeit: | 160 km/h |
Beschleunigung 0-100 km/h: | 5,3 s |
Durchschnittsverbrauch: | 16,8 kWh/100 km |
Reichweite: | 395-440 km |
Batteriekapazität: | 71,4 kWh |
CO2-Emission: | 0 g/km |
Kraftstoff: | Strom |
Schadstoffklasse: | k.A. |
Effizienzklasse: | k.A. |
Kosten: | |
Grundpreis des Lexus RZ 450e: | 68.000 Euro |
Typklassen: | k.A. |
Kfz-Steuer: | 0 Euro/Jahr |
Wichtige Serienausstattung: | |
Sicherheit: | Acht Airbags, ESP, Spurhalte- und Abstandsregelung, Tempomat |
Komfort: | Klimaautomatik, Digitale Instrumente, Sitzheizung, Wärmepumpe |
© dpa
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