In früheren Tests erwiesen sich Ganzjahresreifen meist als schlechter Kompromiss, die weder Sommer- noch Winterpneus das Wasser reichen können. Doch nun überzeugt erstmals ein Modell unter allen Bedingungen.
Winterreifen von Oktober bis Ostern. Sommerreifen von Ostern bis Oktober. Die O- bis O-Regel kennen wohl die meisten Autofahrerinnen und Autofahrer. Jedoch müssen sich nicht alle daran halten. Das Zauberwort lautet Ganzjahresreifen. Die große Frage ist nur: Sind die Alleskönner so sicher, fahraktiv und umweltverträglich wie die Spezialisten? Dieser Frage ist der ADAC in seinem jüngsten Ganzjahresreifen-Test erneut auf den Grund gegangen. Das Testfahrzeug war in diesem Jahr ein VW Golf; die getestete Dimension 205/55 R16 passt für die meisten Modelle der Kompaktklasse.
Video: Im Video: ADAC-Test Ganzjahresreifen 2024
Vorab die Erklärung, wann sich ein Ganzjahresreifen als solcher überhaupt bezeichnen darf. "Ein Reifen gilt als Ganzjahresreifen, wenn er – genau wie ein Winterreifen – einen standardisierten Bremskrafttest auf einer Schneefahrbahn besteht. Dann erhält er das sogenannte Alpine-Schneeflockensymbol und erfüllt damit in Deutschland die Anforderungen der situativen Winterreifenpflicht", erklärt der ADAC. Doch können die Ganzjahresreifen überhaupt mit den Spezialisten mithalten? Genau das hat der ADAC auch in diesem Jahr wieder getestet.
Goodyear-Ganzjahresreifen trotzt den Zielkonflikten
Da Ganzjahresreifen sowohl in der heißen als auch in der kalten Jahreszeit sowie dazwischen genutzt werden, müssen die Gummis bei allen Bedingungen funktionieren. Im Sommer müssen sie Lufttemperaturen um die 30 Grad Celsius aushalten, der Asphalt darf sogar bis zu 50 Grad Celsius heiß sein. Bei Minusgraden und schneebedeckter Fahrbahn müssen sie ebenso sicher wie ein Winterreifen funktionieren. Das Verhalten auf nasser Fahrbahn gehört selbstverständlich ebenfalls zum Fahr- und Bremsentest hinzu. Gleichzeitig sind hohe Anforderungen an Laufleistung, Kraftstoffverbrauch und Abrieb zu erfüllen. Der ADAC legt jeweils dieselben strengen Prüfkriterien an wie bei seinen Sommer- und Winterreifentests.
Nur ein Ganzjahresreifen löst die vielen Zielkonflikte souverän. Der Goodyear Vector 4Seasons Gen-3 zeigt auf nasser und winterlicher Fahrbahn gute Ergebnisse und nur auf trockenem Asphalt leichte Schwächen. Weil er zudem bei den Umweltkriterien überdurchschnittlich gut abschneidet, erhält er mit der Note 2,4 als erster Ganzjahresreifen überhaupt im ADAC-Test das Gesamturteil "gut". Der Goodyear-Pneu – mit 120 Euro pro Exemplar der zweitteuerste im Testfeld – zeige "das Potential moderner Reifentechnologie", sagt ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze. "Ganzjahresreifen können somit in bestimmten Anwendungsfällen als echte Alternative zu Sommer- und Winterreifen gesehen werden und dazu beitragen, die Mobilitätskosten zu reduzieren."
7 Meter Differenz beim Bremstest
Es folgt ein breites Mittelfeld, das die Gesamtnoten 2,6 bis 3,1 erreicht. Auf dem zweiten Platz landet der Pirelli Cinturato All Season SF2. Laut ADAC ist er besonders für Wenigfahrer interessant, da er gute Wertungen bei der Fahrsicherheit erzielt und lediglich Mankos bei der Laufleistung aufweist. Den dritten Rang teilen sich der Hankook Kinergy 4S und der Michelin Cross-Climate 2, wobei das asiatische Fabrikat deutlich billiger ist als das französische (98 statt 131 Euro). Dafür macht dem Michelin-Ganzjahres-Pneu beim Bremsen auf trockener Fahrbahn kein Konkurrent etwas vor. Aus 100 km/h kommt er nach 39,5 Metern zum Stehen – und damit mehr als sieben Meter früher als der schlechteste Kandidat in dieser Disziplin, der Uniroyal All-Season-Expert 2.
Dieses Reifenmodell gehört zu einem Septett, das vom ADAC mit dem Prädikat "ausreichend" beurteilt wird. Diese sieben Pneus bewegen sich zwischen den Gesamtnoten 3,6 und 4,0. Die beiden Testverlierer rutschen sogar in den Fünferbereich ab. Der Kenda Kenetica 4S erreicht nur die Note 5,1, während der Versager im 16er-Feld (Infinity Ecofour) gar nur mit 5,4 benotet wird. In der Umweltbilanz schneiden beide Ganzjahresreifen gar nicht schlecht ab, bei der Fahrsicherheit leisten sie sich jedoch unentschuldbare Schwächen.
Hinweis: Die exakten Ergebnisse des ADAC-Ganzjahresreifen-Tests 2024 präsentieren wir Ihnen in der Fotoshow. © auto motor und sport
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.