Wasserstoff-Fahrzeuge haben sich bisher nicht am Markt durchgesetzt. Zu teuer war die Technik, zu grobmaschig die Infrastruktur. Dazu stagniert seit Jahren die Zahl der deutschen H2-Tankstellen bei gerade etwa 100. Immerhin – der Toyota Mirai ist als Technik-Vorreiter relativ bekannt. Der Japaner verarbeitet den auf 700 bar verdichteten Wasserstoff in einer Brennstoffzelle zu Strom, um einen Elektromotor anzutreiben. Als Kraftstoff ließe sich Wasserstoff allerdings auch ganz anders nutzen.
Video: Der kleine Wasserstoff Toyota Mirai im Video
Kann Wasserstoff wie Benzin verbrannt werden?
Ja. Schließlich handelt es sich bei H2 um ein einfaches Gas – und das lässt sich wie Propan, Erdgas oder Methan zusammen mit Sauerstoff einfach verbrennen. Um die Verbrennungskraft in Bewegung umzusetzen, hat sich in der Mobilitätsgeschichte der Hubkolbenmotor als effizient, robust und günstig herauskristallisiert. Technisch gesehen kann er es mit entsprechenden Anpassungen mit jedweder Art von Treibstoff aufnehmen. Und natürlich gab es in der Historie immer wieder Experimente mit Wasserstoff.
Bekanntestes Beispiel ist der Feldversuch von BMW mit einer überschaubaren 7er-Flotte von 100 Fahrzeugen (es gab auch ambitionierte Projekte von Mazda, Toyota oder Ford). 2009 wurde das BMW-Experiment eingestellt, auch weil die Energiebilanz zu schlecht war. Dafür gab es zwei wesentliche Gründe. Zum einen war der Zwölfzylinder (750i) als bivalenter Antrieb ausgelegt. Er lief also sowohl mit Benzin als auch mit Wasserstoff – war also nicht konsequent auf den Betrieb mit Wasserstoff ausgelegt. Zum anderen entschied sich BMW damals für flüssigen Wasserstoff. Der musste mit viel Aufwand erzeugt und dann mit noch mehr Energie bei -252°C verflüssigt werden. Als heutiger Standard hat sich gasförmiger Wasserstoff etabliert, der mit 350 oder 700 bar verdichtet wird.
Was ist der Vorteil von Wasserstoff-Verbrennern?
Der große Vorteil liegt in der Erfahrung, die die Automobilindustrie in Bezug auf Hubkolben-Motoren hat. Material-Versorgung, Produktions- und Lieferketten gelten als eingespielt und unkritisch. Seltene Rohstoffe wie etwa bei Batterien, E-Maschinen oder der Brennstoffzelle (Platin) werden nicht benötigt. Technisch ließen sich bestehende Auto- oder Maschinenflotten sogar auf Wasserstoff-Betrieb umrüsten. Weil die Hubkolben-Motoren robust und der Verbrennungsprozess relativ simpel passiert, bestehen an die Reinheit des Wasserstoffs keine großen Anforderungen. Das ist bei der Brennstoffzelle ganz anders (siehe weiter unten).
Video: ams erklärt EP57 - Wasserstoff für den Dieselmotor? So geht es!
Ein starkes Argument für den Wasserstoff-Verbrenner liegt obendrein in dessen sauberen Emissionen. Während herkömmliche Kraftstoffe wie Diesel, Benzin oder Erdgas auf Kohlenwasserstoffen basieren – also einer chemischen Kombination aus Kohlenstoff und Wasserstoff – entsteht bei deren Reaktion mit Sauerstoff (Verbrennung) immer das Klimagas Kohlendioxid. Reiner Wasserstoff verbrennt dagegen viel sauberer und ohne klimaschädliche Emissionen. Es entstehen lediglich Wärme und Wasser.
Worin liegt der Nachteil des Wasserstoff-Verbrenners?
Wie bei jeder anderen Verbrennung auch, ist der Wirkungsgrad beim Wasserstoff-Verbrenner denkbar schlecht. Nur etwa 40 bis 45 Prozent der im H2 gespeicherten Energie können bei einem Hubkolbenmotor in Bewegung umgesetzt werden. Damit liegt der H2-Verbrenner in etwa auf einem Niveau mit dem Dieselmotor. Wandelt man den Wasserstoff hingegen in einer Brennstoffzelle in Strom fürs E-Auto um, liegt der Wirkungsgrad schon bei 50 bis 60 Prozent.
Nur ein batterieelektrisches Auto kann das mit 75 bis 85 Prozent Wirkungsgrad noch toppen. Käme ein Auto mit Wasserstoff-Verbrenner mit einer Energieeinheit also 40 Kilometer weit, würde die gleiche Menge in einem Elektroauto für mehr als 80 Kilometer Reichweite sorgen. Überschüssige Wind- oder Solarenergie direkt in eine E-Autobatterie zu schicken, wäre also der effizienteste Weg.
Werden noch Wasserstoff-Verbrenner entwickelt?
Ja – es gibt sogar immer mehr ambitionierte Projekte in diese Richtung. Denn die Energiewende zwingt Mobilitätskonzerne, Autobauer und Motorenhersteller zum Umdenken. Und da gerät Wasserstoff als das am häufigsten vorkommende Element wieder in den Fokus. Der große Vorteil: Bei der Verbrennung von Wasserstoff entsteht kein CO2. Es verbrennt also ohne Einfluss auf den Treibhauseffekt oder das Klima.
Kein Wunder, dass derzeit die weltweit größten Motorenhersteller eigene Konzepte entwickeln. Dabei geht es vor allem um Mobilitäts- und Arbeitsbereiche, wo der batterie-elektrische Antrieb keine Alternative ist. Sprich: Land- und Baumaschinen, einige Logistik-Bereiche sowie militärische oder maritime Anwendungen. Übrigens haben sich auch die japanischen Motorradhersteller Kawasaki, Honda, Yamaha und Suzuki bei diesem Thema verbündet.
Lässt sich Wasserstoff einfach herstellen?
Technisch gesehen: Ja. Es bedarf jedoch großer Mengen an Wasserstoff, um den Energiegehalt nutzen zu können. Denn Wasserstoff ist das leichteste Element im Universum. Es muss also stark komprimiert werden. Bezogen auf die Masse kann es dann allerdings auch die meiste Energie speichern. H2 lässt sich auf verschiedene Arten herstellen. Dabei dürfte in Zukunft das Elektrolyseverfahren essenziell werden. Einfach gesprochen entstehen bei der Elektrolyse Wasserstoff und Sauerstoff aus nur zwei Zutaten: Strom und Wasser.
Strom produzieren wir schon jetzt phasenweise viel zu viel. Um überschüssige Energie aus Wind- und Sonnenkraft speichern zu können, wäre Wasserstoff ein idealer Energieträger. In einem Kilogramm H2 lassen sich beispielsweise 33,33 Kilowattstunden Strom speichern. Dieses eine Kilogramm reicht, um den durchschnittlichen Stromverbrauch eines Einfamilienhauses für etwa fünf Tage zu decken. Ein Brennstoffzellenauto wie der Toyota Mirai fährt mit der gleichen Menge Strom rund 100 Kilometer weit.
Was ist eine Wasserstoff-Brennstoffzelle?
In einer Brennstoffzelle (englisch: Fuel Cell) wird aus Wasserstoff über eine chemische Reaktion Strom erzeugt. Dabei entsteht als Nebenprodukt Wasser. Denn es handelt sich quasi um eine rückwärtige Elektrolyse – aus Luft und Wasserstoff werden also wieder Strom und Wasser gemacht. Brennstoffzellen sind daher eigentlich Generatoren. In manchen Ländern wie Dänemark gibt es bereits gewaltige Anlagen, die ganze Stadtteile mit Strom aus grünem Wasserstoff versorgen können.
Grüner Wasserstoff entsteht aus regenerativen Energien – im besten Fall aus überschüssiger Solar- oder Windenergie. Wasserstoff kann viel Energie über lange Zeiträume speichern. Theoretisch ließen sich mit ihm also sogenannte Dunkelflauten (kein Sonnenschein, kein Wind) oder saisonale Versorgungsengpässe überbrücken.
Was sind die Vorteile der Brennstoffzelle?
Im Vergleich zum Wasserstoff-Verbrenner arbeiten die Brennstoffzellen mit einem wesentlich höheren Wirkungsgrad – sie können die im H2 gespeicherte Energie also besser nutzen. Je nach Technik liegt der Fuel-Cell-Wirkungsgrad bei etwa 60 Prozent, der von Wasserstoff-Verbrennern bei rund 40 Prozent. Mit der gleichen Menge Wasserstoff an Bord kann ein Brennstoffzellen-Auto also 20 Prozent weiter fahren als ein Verbrenner.
Weil die umgekehrte Elektrolyse ein sehr sauberer Prozess ist, bei dem tatsächlich nur Wärme, Strom und Wasser entsteht, gelten Autos mit Brennstoffzelle als emissionsfreie Fahrzeuge. Die meisten FCEVs (Fuel-Cell-Electric-Vehicle) verfügen lediglich über einen kleinen Auffang-Tank fürs Wasser, der per Knopfdruck geleert werden kann. Weil Brennstoffzellen-Fahrzeuge technisch gesehen Elektroautos sind, können sie die Effizienz im Antrieb (inklusive Rekuperation) weiter steigern. Verbrenner hingegen sind wie Benziner oder Diesel auf Getriebe angewiesen.
Was sind die Nachteile der Brennstoffzelle?
Brennstoffzellen bestehen aus vielen Elektroden, die durch Membranen und Elektrolyten (Ionenleiter) voneinander getrennt sind. Der Aufbau ist feinschichtig und erfordert besonderes Know How und Fertigungserfahrung. In der globalen Automobilwelt haben sich dieses Wissen vor allem Toyota, Honda und Hyundai angeeignet. Und im Gegensatz zu relativ einfach konstruierten Verbrennungsmotoren benötigen Brennstoffzellen besondere, seltene und teure Katalysator-Rohstoffe. Dazu zählen beispielsweise Platin, Ruthenium oder Palladium beziehungsweise Platin-Ruthenium-Gemische. Weitere Materialien sind Nickel, Nickeloxide, Wolframkarbid, Molybdänsulfid, Wolframsulfid oder Phthalocyanin.
Brennstoffzellen reagieren zudem empfindlich auf Verunreinigungen im Wasserstoff. Sie mögen weder Staub noch Erschütterungen besonders gern. Im Vergleich zu kompakten Verbrennungsmotoren besitzen Fuel-Cells eine geringere Leistungsdichte. Im Bauraum eines Fahrzeugs ist die Leistung also begrenzt.
Brennstoffzelle oder Wasserstoff-Verbrenner – was ist besser?
Wie immer kommt es auf die Anwendung an. Durch ihre viel bessere Effizienz ist die Brennstoffzelle in vielen Bereichen überlegen. Für die gleiche Reichweite müssen FCEVs also viel weniger Wasserstoff mitnehmen als Verbrenner. Zudem gibt es im Pkw-Bereich mit dem Toyota Mirai und dem Hyundai Nexo bereits zwei etablierte Serienmodelle im Handel. Verbrenner lassen dagegen auf sich warten.
Dennoch wird es in Zukunft genügend Anwendungsfälle für den Wasserstoff-Verbrennungsmotor geben. Bei Baufahrzeugen, in der Landwirtschaft sowie im maritimen oder militärischen Bereichen ist die Brennstoffzelle zu anfällig für Verschmutzungen und Erschütterungen. Auch die abgegebene Leistung dürfte bei mobilen Einheiten hier und da zu gering sein. Beide Systeme einen übrigens die kurzen Tankzeiten, die Flexibilität des hochenergetischen Kraftstoffs sowie die saubere Emissionsbilanz. © auto motor und sport
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