Volkswagen-CEO Oliver Blume hat in einem internen Interview die zahlreichen Probleme des Konzerns markiert. Der vollständige Wortlaut des nach der Tarifeinigung geführten Gesprächs gelangte an die Medien. Was Blume zu China, USA und Deutschland sagt.
Zwar hat der Volkswagen-Vorstand mit der kurz vor Weihnachten 2024 erzielten Einigung zwischen Konzern und Gewerkschaft über ein gewaltiges Sparpaket einen ersten Etappensieg auf dem Weg aus der Krise erzielt. Doch das ist erst der Anfang eines offenbar sehr steinigen Weges, wie aus bemerkenswert offenen Worten des Volkswagen-CEO Oliver Blume zu entnehmen ist. Dem Wirtschaftsmagazin Business Insider wurde ein VW-internes Interview mit Blume zugespielt, in dem Blume diverse Konzernbaustellen aufdeckt und zugleich drastische Forderungen an die Bundespolitik stellt. Bereits zuvor berichtete das Magazin darüber, dass Blume den Konzern als "Sanierungsfall" bezeichnet hatte.
Nicht nur in China kriselt es
Das inzwischen ausgiebig in der Öffentlichkeit beleuchtete Krisen-Szenario in China mit stark sinkenden Absatzzahlen und dem jüngst verkündeten Aus für zwei Produktionswerke ist dabei nur einer der von Blume ausgemachten Krisenherde. Ein zweiter befindet sich in Nordamerika, wo für "ein wettbewerbsfähiges Produktportfolio noch viel Arbeit" vor dem Konzern liege, wie Business Insider den Manager zitiert. Deshalb seien große Investitionen geplant, darunter der Marktstart von Cupra in Nordamerika, samt Produktion vor Ort.
Ein weiterer Brandherd liegt derzeit in Ingolstadt. Zuletzt sorgte Audi mit einem massiven Gewinneinbruch von 91 Prozent für Schlagzeilen. Die Probleme scheinen auch hausgemacht. Speziell das 2021 verkündete Audi-Programm, ab 2026 nur noch neu entwickelte Elektroautos auf den Markt zu bringen, sieht Blume offenbar skeptisch. Mit dem Hybridantrieb sei eine Brückentechnologie vernachlässigt worden. Die Konkurrenz sei hier deutlich weiter. "Wir müssen hier übergreifend denken und handeln. Pragmatisch, kostengünstig und schnell sein", fordert Blume in dem Interview. Dennoch soll der Konzern bis 2030 insgesamt über 30 neue rein elektrische Modelle auf den Markt bringen.
Überbordende Bürokratie
Wenig Lob findet der Volkswagen-Chef in dem VW-internen Beitrag für die Bundespolitik. Die Standortbedingungen seien "sehr herausfordernd geworden", speziell nennt Blume die hohe Abgabenlast, überbordende Bürokratie und die hohen Energiekosten in Deutschland. Im Hinblick auf die bevorstehende Bundestagswahl wird Blume deutlich: "Deutschland braucht einen echten Aufbruch. Wir müssen vom Seitenstreifen zurück auf die Überholspur. Wir haben hierzulande die Köpfe, das Know-how, die Kraft. Aber die Rahmenbedingungen passen nicht, um den Standort wieder zu alter Stärke zu führen."
Weiter fordert Blume in dem Interview von der künftigen Regierung einen "neuen deutschen Masterplan". Der müsse unter anderem für die Förderung von Forschung und Entwicklung, Investitionen in die digitale Infrastruktur, nachhaltige und bezahlbare Energieversorgung sowie Qualifizierung und Fachkräftesicherung sorgen. Dennoch gibt sich der VW-CEO – zumindest auf die globale Rolle des Konzerns bezogen – für die Zukunft zuversichtlich: "Wir haben das feste Ziel, der führende automobile Technologiekonzern zu werden." Dieser Satz wirft auch ein bezeichnendes Licht auf den milliardenschweren Einstieg beim kriselnden US-Hersteller Rivian. © auto motor und sport
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