Wir wollen, wir müssen fahren, dies aber möglichst umweltschonend und nachhaltig. Die Fahrzeughersteller und deren Zulieferer stehen bei der Auslegung, der Konstruktion und der Herstellung ihrer Produkte unter hohem Druck: So soll ein Auto möglichst energiesparend hergestellt werden, im Betrieb möglichst wenig Energie verbrauchen, dabei im Idealfall keine Schadstoffe ausstoßen und nach Ablauf seiner Nutzungszeit leicht und möglichst vollständig zu recyceln sein.
Eigenschaften, die der Kunde bei seiner Kaufentscheidung alles andere als vorrangig betrachtet. Im Regelfall – das unterstellen wir – stehen hier neben Fahrzeugdesign und Markenimage andere wichtige Anforderungen im Vordergrund. Meistgenannt: Es muss zweckmäßig, leistbar, vor allem sicher, aber auch sparsam sein.
Jetzt wird’s für die Entwickler schwierig. Denn supersparsam wäre etwa ein Auto, das einen sehr geringen Luftwiderstand hat. Das wäre dann aber so flach und schlank wie ein Rennwagen und damit für die vierköpfige Familie nutzlos. Auch ein Reifen mit einem ultraniedrigem Rollwiderstand könnte den Energieverbrauch eines Autos nochmals deutlich senken. Allerdings hätte das dafür notwendige, harte Gummi beim Bremsen, erst recht auf Nässe, kaum Haftung.
Effizienz auf Kosten der Sicherheit? Keine gute Idee
Innovation heißt aber, genau solche Zielkonflikte aufzulösen. Im Fall des Reifens konkret, kurze Bremswege zu schaffen, ohne höheren Rollwiderstand, sprich reifenverursachten Kraftstoff-Mehrverbrauch, in Kauf nehmen zu müssen.
Und damit nicht genug. Gefordert wird heute umfassende Nachhaltigkeit: den Reifen mit modernster Technologie und idealerweise aus nachhaltigen, recyclierten, nachwachsenden und möglichst umweltverträglichen Materialien und Methoden ohne Belastung der Umwelt und mit geringem Einsatz an Ressourcen und Energie herzustellen. Und dann noch zu marktakzeptablen Preisen.
Wow, das sind viele Ansprüche auf einmal. Doch auf was kommt's für das Gros der Autofahrer tatsächlich an? Richtig, auf Sicherheit und Effizienz! Primär jedoch darauf, in kritischen Situationen möglichst schnell anhalten zu können oder bei einem Fahrfehler eben nicht aus der Kurve zu fliegen. Abrollkomfort oder die nachhaltigkeitsrelevante Langlebigkeit werden oft erst später genannt.
Zwei unterschiedliche Reifenkonzepte sollen im auto motor und sport – Leser Test Drive direkt verglichen werden: Der für Sportwagen konzipierte Continental SportContact 7 und der brandneue, besonders nachhaltig ausgelegte UltraContact NXT. Für adäquate Testfahrzeuge sorgte MOOVE IT GREEN-Partner KIA mit mehreren baugleichen EV6, getestet wird in den besonders anspruchsvollen Disziplinen Rollwiderstand, Nassbremsen, Nass- und Trockenhandling.
Nassbremsen – Bester Grip auf schwierigem Untergrund
Als einzige Kontaktfläche zur Fahrbahn sind es die Reifen, die die Kraft der Bremsen wirkungsvoll auf den Asphalt übertragen müssen. Auf trockenem Asphalt ist das für viele moderne Gummimischungen und Profile keine besondere Herausforderung mehr. Ist der Asphalt aber nass, trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Selbst zwischen guten Sommerreifen können im Standard-Bremsversuch auf Nässe schon mal um 1,5 Meter liegen. Das klingt zunächst wenig. Betrachtet man jedoch die Restgeschwindigkeit, mit der das Auto mit den nur wenig schlechteren Gummis am Stillstandspunkt des besser bereiften vorbeischießt – mit erschreckend schnellen 25 km/h – wird deutlich, dass es bei dieser Disziplin auf wirklich jeden Meter ankommt. Nicht umsonst gilt die Entwicklung der Nassbremseigenschaften als Königsdisziplin der Reifen-Ingenieure: Ihre Herausforderung ist es, bestes Nassbremsverhalten und zugleich niedrigsten Rollwiderstand in einem Reifen zu vereinen.
Um das zu erfahren, geht es für die Leser-Tester auf die permanent bewässerte Nassbremsstrecke. Nach je fünf Bremsungen auf SportContact 7 und weiteren fünf auf dem neuen UltraContact NXT wird klar, dass die Conti-Entwickler mit dem neuen, überwiegend aus recyclierten oder nachwachsenden Rohstoffen hergestellten UltraContact NXT erstaunlich gering ausfallen. Der Unterschied zwischen dem in Reifentests als besonders nässesicher herausragenden SportContact und dem UltraContact lag über alle Leser-Testfahrten gemittelt bei nur 0,7 Meter. Beobachtet wurde zudem, dass der Sportreifen mit der Anzahl der gefahrenen Bremsungen, also mit steigender Temperatur, zunehmend besser wurde – ein normales Verhalten sportiver Gummimischungen, die eben auch bei höheren Temperaturen – etwa bei forcierter Fahrt auf Landstraßen oder auch auf Rundkursen hohe Haftung sicherstellen müssen. Über die Zeit konstanter: der NXT, dessen Konzept primär auf besonders sicheren Alltagseinsatz ausgelegt ist – das passt.
Geringer Rollwiderstand für geringen Kraftstoff- oder Stromverbrauch
Während es beim Bremsen besonders vorteilhaft ist, wenn ein Teil der anfallenden Energie vom Reifengummi aufgenommen und in Wärme umgewandelt wird, ist für niedrigen Rollwiderstand eher das Gegenteil der Fall: Hier soll das beim Abrollen zusammengedrückte Gummi, die in sich gespeicherte Energie möglichst vollständig wieder abgeben. Sportreifen, wie der Conti SportContact 7, haben daher eine andere Gummi-Mischung als Reifen für den eher effizienzorientierten Alltagsbetrieb.
Um die Unterschiede zu erfahren, starten die Leser-Tester mit SportContact 7 oder UltraContact NXT auf baugleichen und batterieelektrischen Kia EV6 auf einen, in Fahrgeschwindigkeit, Stopps und Kurven exakt definierten, Sieben-Kilometer-Rundkurs – ein hochpräzises Messgerät registriert den Stromverbrauch. Welcher Reifen fährt sparsamer? Gibt es überhaupt Unterschiede?
Die gibt es: Die engagierten Testfahrten der auto motor und sport-Leser zeigten, dass sich mit den rollwiderstandsoptimierten Conti Ultra-Contact NXT auf den EV 6 tatsächlich ein Minderverbrauch von rund fünf Prozent und damit etwa eben soviel mehr Reichweite erzielen ließen als mit den eher auf Sportlichkeit optimierten Conti SportContact 7. Auf eine gesamte Batterieladung hochgerechnet käme der NXT-bereifte Kia damit rund 20 – 30 Kilometer weiter.
Auch bester Rollwiderstand hat seine Grenzen
Wie? Das fragen sich erfahrene E-Auto-Fahrer, allein durch den Reifen ein solcher Reichweitenvorteil? Ganz recht, nicht unter allen Umständen. Der günstige Reifen-Rollwiderstand wirkt sich, so will's die Physik, eben nur im unteren Geschwindigkeitsbereich aus. Während der Rollwiderstand mit steigender Geschwindigkeit nur linear (doppelte Geschwindigkeit = doppelter Rollwiderstand) ansteigt, wächst der Luftwiderstand, und das ist das Hinterhältige daran, mit dem Tempo quadratisch an (doppelte Geschwindigkeit = vierfacher Luftwiderstand). Soviel zur Schulphysik. Doch wie ist das in der Praxis? Lässt sich die Theorie vor allem mit unterschiedlichen Reifen tatsächlich nachvollziehen?
Um das herauszufinden, messen die Leser-Tester die Momentanverbräuche bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf den Geraden des Hochgeschwindigkeitsovals des Contidroms: 30, 60, 90, 120, 150 km/h – wegen möglichen Windeinflusses wird jede Geschwindigkeit in beide Fahrtrichtungen gemessen. Die Auswertung auf einem Whiteboard in der Box zeigt: Bis 60 km/h steigen die Verbrauchswerte (Leserfahrten gemittelt) steigen nur sanft und in nahezu gerader Linie an. Das ist die Rollwiderstandskompomente, die Luft spielt hier noch keine Rolle. Wohl aber ab 90 km/h: Hier geht der Strombedarf mit steigendem Tempo steil nach oben.
Dazu zeigt sich ein leichter Vorteil für die rollwiderstandsärmeren NXT-Reifen. Ein Vorteil, der allerdings bei höherem Tempo fast vollständig im Luftwiderstand untergeht. Wozu dann der ganze Aufwand mit der Leichtlauf-Optimierung? Um diese Frage zu beantworten, hilft der Blick auf die Langzeit-Durchschnittsgeschwindigkeitsanzeige des eigenen Bordcomputers. Selbst ambitionierte Fahrer werden hier wohl kaum die Hundert knacken. Also doch: Vorteil für die rollwiderstandsoptimierten Reifen!
Nachhaltige Dynamik – Sicherer Fahrspaß in Kurven
Bestes Bremsen und höchstmögliche Effizenz kann bei einem Reifen doch nicht alles sein? Zählen nicht auch die Handling- und Kurveneigenschaften der Reifen auf nassen und trockenen Strecken.
Ja, auch hier griffen die Leser beherzt ins Lenkrad der Kia EV6 und konnten auf der dynamischen, permanent bewässerten Nasshandlingstrecke des Contidroms das dynamische Ansprechen und den State oft he Art-Kurvengrip des SportContact 7 live erleben.
Was die Reifen, insbesondere der für sportliche Fahrzeuge entwickelte SportContact 7, im absoluten Grenzbereich zu leisten vermögen, demonstrierten Conti-LT-Testleiter Björn Lömker und auto motor und sport Reifentest-Chef Thiemo Fleck am Steuer zweier hochmotorisierter KIA Stinger auf dem Hochgeschwindigkeits-Trockenhandlingkurs des Contidroms. Ein kurzer Schauer stellte dabei hohe Ansprüche an die Qualitäten der Reifen wie auch die Belastbarkeit der Kandidaten auf dem "heißen Sitz".
Und zuletzt? Nachhaltiger Eindruck!
Dass Reifen unter nachhaltigen Gesichtspunkten hergestellt werden können, ist nicht neu. Dass sie sich aber, wie der neue Conti UltraContact NXT, in einigen, im Alltagsgebrauch mehr als relevanten Kriterien durchaus mit anerkannt erfolgreichen Ultra High-Performance-Reifen wie dem aktuellen Conti SportContact 7 messen können und nahezu an dessen überragende Performance heranreichen, war für ein Gros der Leser-Tester dann doch überraschend. Zuletzt haben beide Reifen, wie auch die leistungsstarken KIAs – das war deutlich in den Gesichtern der Teilnehmer zu lesen – nachhaltigen Fahrspaß vermittelt. © auto motor und sport
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.