Im Hamburg gibt es eines, in Stuttgart und wohl auch in Frankfurt kommen sie 2019: Fahrverbote für ältere Diesel. Die Bundesregierung will mit ihrem neuen Diesel-Konzept Autofahrern die Möglichkeit geben, ihren alten Diesel nachzurüsten oder loszuwerden. Welche Option ist die beste? Und was passiert, wenn man nichts von alldem macht?
Die Luft in den deutschen Städten soll besser und deswegen Autos mit hohem Schadstoffausstoß ausgesperrt werden. Das betrifft vor allem Dieselautos, die unter Abgasnormen zugelassen wurden, die mittlerweile durch strengere abgelöst wurden. Konkret: Diesel der Euro-5-Norm oder älter.
In Hamburg gibt es auf zwei Straßen Fahrverbote für sie, auch in anderen Städten wird es bald Einschränkungen geben. Insgesamt sind laut einem Bericht der "Wirtschaftswoche" potenziell 2,8 Millionen Fahrzeuge betroffen, weil sie zu viele Schadstoffe ausstoßen. Dabei geht es vor allem um die Stickoxide (NOx).
Wer einen älteren Diesel und Angst davor hat, künftig nicht mehr überall hinfahren zu können, hat grundsätzlich drei Optionen: Umtausch, Hardware-Nachrüstung, Software-Update.
Option 1: Gegen eine Prämie den alten gegen einen neuen Wagen tauschen
Der Weg, den die Autoindustrie offenbar favorisiert. Zumindest haben sich Hersteller wie VW, Daimler und BMW dazu bereit erklärt, solche Prämien zu zahlen, wenn ein Autofahrer seinen Euro-5- oder älteren Diesel zurückgeben und sich einen neuen, schadstoffärmeren kaufen will.
Die Höhe der Prämien ist unterschiedlich, liegt zwischen 4.000 bis 5.000 Euro (VW) und 6.000 (BMW). Wer sein altes Auto abgeben und mit Prämie ein neues kaufen möchte, kann das ab sofort tun.
Umweltverbände und auch einige Experten kritisieren den Prämien-Vorschlag als unvernünftig. So könnten zum Beispiel Fahrzeuge der Euro-5-Norm, die also zwischen 2011 und 2015 auf den Markt gekommen sind, eigentlich noch viele Jahre fahren.
Sie zu verschrotten oder einfach dort fahren zu lassen, wo keine Fahrverbote drohen, halten sie für bedenklich.
Option 2: Mit einem SCR-Kat und Ad-Blue-Tank nachrüsten
Ad Blue ist eine Harnstofflösung, die mit den Abgasen reagiert und die NOx-Belastung senkt. Allerdings kann sie nicht einfach in den Tank eingefüllt und in dem bestehenden Abgassystem verwertet werden.
Sie braucht einen speziellen Katalysator, der durch eine sogenannte Selektive Katalytische Reduktion (SCR) aus Ammoniak und Stickstoffoxiden etwas Harmloseres macht: nämlich Stickstoff und Wasser.
Manche Euro-6-Modelle haben ein solches System schon. Bei Euro 5 und älter müsste der SCR-Kat eingebaut werden. Außerdem noch ein zusätzlicher Tank für Ad Blue.
Laut dem Mobilitätsexperten des WDR, Martin Gent, käme für etwa die Hälfte aller Diesel-Fahrzeuge - nämlich alle Euro-6-Autos, die das System noch nicht haben, und viele Euro-5-Autos - eine Nachrüstung in Frage. Die Nachrüstung all dieser Autos würde allerdings "mehrere Jahre" dauern.
Zwar gäbe es theoretisch auch noch andere Möglichkeiten zur Schadstoffreduktion. Laut einer Studie von Professor Georg Wachtmeister von der Technischen Universität (TU) München, ist die SCR-Ad-Blue-Variante aber die vielversprechendste.
Sie ist aber relativ teuer. Wie teuer, darüber gehen die Aussagen auseinander. Der ADAC, der die Effektivität des Systems gerade testet und von einer NOx-Reduktion von bis zu 90 Prozent spricht, setzt Kosten zwischen 1.400 und 3.300 Euro pro Fahrzeug an.
Der Motorenexperte Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) rechnet mit mehr als 5.000 Euro pro Fahrzeug.
Wer das bezahlen soll, ist noch unklar. Die Bundesregierung möchte gerne, dass die Hersteller das übernehmen, wie sie in ihrem am Montag veröffentlichten Konzept schrieb. Allerdings kann man sie nicht zwingen.
Im Moment kann ohnehin noch niemand sein Fahrzeug zum Nachrüsten anmelden, denn für die Systeme fehlen die notwendigen Genehmigungen.
"Erfreulich ist zumindest, dass der Bund die genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen für technischen Nachrüstungen schaffen will, damit solche Systeme baldmöglichst auf den Markt kommen können", sagte der Auto-Experte des Bayrischen Rundfunks, Gabriel Wirth, im Gespräch mit unserer Redaktion.
Zumindest der schwedische Autobauer Volvo plant laut "Spiegel" offenbar, seinen Kunden eine Nachrüstung anzubieten.
Die deutschen Hersteller halten sich - bis auf VW - bedeckt. Opel und BMW haben schon mitgeteilt, dass sie auf keinen Fall ein solches Angebot machen werden.
Deswegen ist für Gabriel Wirth unklar, wann es die ersten tatsächlichen Nachrüstungen geben wird.
"Auch nach dem jetzt vorgestellten Konzept wird es meiner Meinung nach noch länger dauern, bis die ersten nachgerüsteten Dieselautos auf deutschen Straßen unterwegs sein werden - wenn sie denn überhaupt kommen", sagt er.
Option 3: Dem Auto ein Software-Update verpassen
Auch andere Experten sind in Sachen Hardware-Nachrüstung skeptisch. Thomas Koch vom KIT etwa glaubt, dass allein die von den Autoherstellern entwickelten Software-Updates schon einen großen, wenn nicht gar ausreichenden Effekt auf die Luftreinheit in den kritischen Gebieten haben werden.
Euro-5-Diesel würden mit neuer Software um bis zu 30 Prozent, Euro-6-Modelle um bis zu 90 Prozent sauberer, sagte er in einem Interview.
Die Software-Updates verändern - vereinfacht gesagt - die Motorsteuerung so, dass der Schadstoffausstoß verringert wird. Es gibt Berichte, dass dies zulasten des Spritverbrauchs gehen kann.
Dennoch werden die Updates von den meisten Experten empfohlen, die Besitzer von VW-Dieseln mit Manipulationssoftware sind ohnehin dazu verpflichtet. Die Updates werden kostenlos aufgespielt. Üblicherweise werden alle Fahrzeughalter, die es betrifft, vom Hersteller informiert.
Was passiert, wenn man gar nichts macht?
Gehört man nicht zur Gruppe, die ein Software-Update aufspielen muss, passiert einem erst mal gar nichts. Und so raten manche Experten auch, erst einmal abzuwarten, ob weitere Fahrverbote kommen und inwieweit man von diesen dann überhaupt betroffen ist.
Verwendete Quellen:
- Wirtschaftswoche: "2,8 Millionen Dieselautos drohen Fahrverbote"
- Tagesschau.de: "Das bringt die Diesel-Nachrüstung"
- ADAC: "Diesel-Nachrüstung: ADAC-Test beweist Wirksamkeit"
- Spiegel online: "Welche Autofahrer profitieren - und wer leer ausgeht"
- Augsburger Allgemeine: "Experten sehen Diesel-Nachrüstung skeptisch"
- Spiegel online: "Kein TÜV ohne Softwareupdate in NRW
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