Obrist, ein kleines Unternehmen aus Österreich, hat einen Zweizylinder-Verbrenner entwickelt, der vibrationsfreier laufen soll als ein Zwölfzylinder. In einem Hybrid-Antrieb soll der Motor bereits Serienreife erreicht haben. Doch damit nicht genug.

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Der Zwölfzylinder gilt gemeinhin als Maßstab für Laufruhe bei Verbrennungsmotoren. Jetzt will die deutsch-österreichische Obrist Group einen Motor entwickelt haben, der sogar noch ruhiger läuft, obwohl er nur zwei Zylinder hat. Um das zu demonstrieren, stellt das Unternehmen während eines Prüfstandslaufs ein gefülltes Champagner-Glas auf ihren "Zero Vibration Generator" (ZVG) genannten Minimotor.

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Eingesetzt wird der "Champagner-Motor" zunächst in dem von der Obrist Gruppe forcierten Hyper-Hybrid-Konzept. Dabei handelt es sich um ein umgebautes Tesla Model 3, das den 45 kW starken und nur 110 Kilogramm schweren Zweizylinder im vorderen Kofferraum versteckt und als Range-Extender laufen lässt. Obrist beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Herausforderungen der Elektromobilität. Dazu zählen vor allem Reichweite und Ladegeschwindigkeit.

E-Auto-Problem: Reichweite und Ladegeschwindigkeit

Beim Wechsel auf den Elektroantrieb kämpfen die Entwickler mit der vergleichsweise geringen Energiedichte von Batterien. Oder je nach Blickwinkel mit der enormen von Benzin. In einem Liter des Kraftstoffs stecken neun kWh Energie. Selbst wenn man bedenkt, dass E-Autos einen mehr als dreimal so guten Wirkungsgrad haben als Verbrenner, heißt das: Auch der 108 kWh große Akku des Mercedes EQS entspricht einem nur etwa 36 Liter großen Tank. Die Praxis-Reichweite von mehr als 650 Kilometern, die auto motor und sport-Chefreporter Alex Bloch mit dem EQS geschafft hat, zeugt dabei vor allem von der hervorragenden Effizienz des Luxus-Mercedes.

Video: Im Video: aFuel Animation

Einem vergleichbaren Diesel genügte dafür ein 50-Liter-Tank, also grob überschlagen ein Gewicht von 50 Kilogramm. Die EQS-Batterie hingegen wiegt 692 Kilogramm. Und um 300 Kilometer Reichweite nachzuladen, braucht selbst der EQS 15 Minuten.

Ladedauer und Gewicht von Batterien haben so bis heute Zweifel am Leben erhalten, ob batterieelektrische Autos den Verbrenner ersetzen können, weil sie weniger langstreckentauglich sind. Gleichzeitig erhöht sich mit der Größe der Batteriekapazität der Energieaufwand bei der Produktion und damit wächst der CO₂-Rucksack des Elektroautos. Es braucht umso mehr Fahrleistung, um durch seinen CO₂-armen Betrieb die bei seiner Produktion gegenüber dem Verbrenner höheren CO₂-Emissionen "reinzufahren" – abhängig von den CO₂-Emissionen, die bei der Erzeugung des Fahrstroms entstehen.

Hybrid bringt Verbrenner-Reichweite und E-Auto-Effizienz

Die Idee des Hybridantriebs versucht die hohe Energiedichte von Benzin und die Sparsamkeit des E-Antriebs zu kombinieren, die ebenso von der Rekuperationsfähigkeit des E-Motors herrührt. Um Autos mit für die Kurzstrecken des Alltags ausreichenden, aber kleinen Batterien auch für Fernreisen zu ertüchtigen, kombiniert man sie mit Verbrennungsmotoren. Bei Parallel-Hybriden, wie sie bei praktisch allen aktuell verfügbaren PHEV-Modellen zum Einsatz kommen, können beide Motorarten (gleichzeitig) für Vortrieb sorgen. Die meisten Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge der großen Autohersteller haben allerdings vergleichsweise große Verbrennungsmotoren an Bord – mitsamt Getriebe und Kraftübertragung, die ein vergleichsweise kleiner batterieelektrischer Antrieb noch mitschleppen muss, wenn der Wagen elektrisch fährt.

Serieller Hybrid soll hauptsächlich elektrisch fahren

Den seriellen Hybrid hingegen treibt immer ein E-Motor an, den auch eine eher kleine Batterie versorgt. Die lädt aber bei Bedarf nicht an der Steckdose oder Ladestation. Vielmehr ist zudem ein Generator zur Ladestromerzeugung an Bord, der keine mechanische Verbindung zum Antrieb hat. Ein Getriebe entfällt, wie bei den meisten E-Autos genügt eine feste Übersetzung. Die Idee: Übersteigt die Fahrstrecke die E-Reichweite, springt der Generator ein. Sein Treibstoff lässt sich einfach (und entsprechend schnell) nachtanken.

Ein ähnliches Konzept ist das des Range-Extenders, wie es ihn für den BMW i3 anfangs gab. Dort sprang ein Zweizylinder aus einem Motorrad ein, wenn die Batterie nahezu leer war. Oder auf Wunsch – für den Dauerbetrieb war das nur bedingt gedacht, denn der Generator leistete weniger als der Antrieb. Einen seriellen Hybrid mit größerer Batterie und Wankel-Generator bietet Mazda für den MX-30 an. Seine Batterie ist mit 35,5 kWh nicht viel größer als die des früheren BMW i3.

Tesla Model 3 mit zwei Zylindern

Das Unternehmen Obrist verfolgt eine andere Hybrid-Idee, die nun "reif für die Serienfertigung" sei und ab sofort der Automobilindustrie in Lizenz zur Verfügung stehe, wie Firmengründer Frank Obrist ankündigt. Die deutsch-österreichische Industriegruppe hat seinen sogenannten Hyper Hybrid mit einer nur halb so großen Batterie (17,3 kWh) ausgestattet, die nur rund 98 Kilogramm wiegt. Der Großteil der Gewichtsersparnis kommt natürlich von der überschaubaren Kapazität der Batterie. Aber hochgerechnet auf die Kapazität des EQS käme sie entsprechend auf 610 Kilogramm – sprich: Ihre Energiedichte (197 Wh/kg) ist höher als die des Akkus im Mercedes.

Das geht auch, weil der Obrist-Akku keine hohe Leistungsdichte braucht. Schnellladung ist nicht vorgesehen, der Generator erzeugt maximal 45 kW Ladeleistung (mit Methanol betrieben). Zum Boosten kann der Lithium-Ionen-Akku laut Obrist trotzdem kurzzeitig 200 kW abgeben, die maximale Dauerentladeleistung soll bei 110 kW liegen. Der Zweizylindermotor arbeitet fürs Laden komplett akustisch isoliert an der Front des Tesla. Seine beiden Kurbelwellen arbeiten gegenläufig, sodass sich Vibrationen eliminieren. Ein gummigedämpftes Getriebe auf der zweiten Kurbelwelle minimiert die vom Getriebe erzeugten Geräusche. Ein integriertes Schwungrad kompensiert alle Trägheiten der rotierenden Teile, und zwar auch der externen Kräfte außerhalb des Motors, einschließlich des Ölsystems mit der Ölpumpe.

Akku im Vakuum

Das Batteriepaket besteht aus zwei Schichten übereinander angeordneter Rundzellen, die von einem nur zwei Millimeter dicken Alugehäuse umschlossen sind, das vakuumiert wird. Zur Aufrechterhaltung des Vakuums trägt die Batterie eigens eine Pumpe. Das Vakuum stabilisiert die Zellpakete – man müsse sich das vorstellen wie bei einem Päckchen Kaffee, so ein Obrist-Sprecher. Gleichzeitig umgibt die handelsüblichen 18650er Rundzellen (Pouch optional) eine zwei Zentimeter dicke Isolierschicht, um die Temperatur leicht in einem möglichst günstigen Temperaturfenster halten zu können.

Bei minus 30 Grad Celsius Außentemperatur brauche man so nur 15 Watt, um die Batterie auf über fünf Grad zu halten, war am Stand von Obrist auf der IAA 2021 in München zu hören. Pendler, die jeden Tag ein Stück fahren, hätten so nie eine kalte oder zu warme Batterie. Der standardmäßig luftgekühlte Akku ist optional mit Flüssigkeitskühlung zu haben, wie sie ebenfalls im Hyper Hybrid verbaut ist. Damit soll der Unterschied in der Temperaturverteilung über die Zellen hinweg selbst bei einer Entladerate von 4C vier Grad nicht übersteigen, was Obrist als Spitzenwert bezeichnet.

Das Konzept funktioniert

auto motor und sport konnte bereits Anfang 2020 mit einem Prototyp fahren, für den die Entwickler aus Lustenau (Vorarlberg) ein Tesla Model 3 seinem regulären Antrieb beraubten und es mit eigenen Komponenten ausstatteten. Schon damals kam als sogenannter Zero Vibration Generator ein Zweizylinder-Motor zum Einsatz, der durch Ausgleichswellen sowohl Unwuchten erster als auch zweiter Ordnung eliminiert, obwohl seine Kolben parallel auf und ab rasen. Die Vibrationsarmut ließ sich während der ersten Testfahrt nachvollziehen.

Das Aggregat wiegt nur 95 Kilogramm, erzeugt aber bei 5.000/min 40 kW elektrischer Leistung – eine in Relation zu Batterien sensationell hohe Energiedichte. Generator und das Ein-Liter-Aggregat sollen in der neuesten Obrist-Version bei einer Verdichtung von 12,5:1 mit Benzin betrieben im besten Betriebspunkt einen thermischen Wirkungsgrad von 42 Prozent erreichen. Für die Stromerzeugung nennt Obrist einen Wirkungsgrad von 34 Prozent. Das ist insofern wichtig, als der Verbrenner schon anspringen soll, wenn die Batterie zu etwa 50 Prozent entladen ist, um sie möglichst viel in einem günstigen Ladezustand zu halten. Die vorausschauende Strategie der Ladestromerzeugung erlaubt es, den Generator leer – ohne Gemischzuführung – laufen zu lassen, um ihn durch den Kompressionsbetrieb vorab auf Betriebstemperatur zu bringen. Damit entfallen emissionskritische Kaltstarts, die für im Notfall einspringende Range Extender beispielsweise gerade im Hinblick auf die Abgasnorm Euro 7 ein großes Problem darstellen.

Die berechnete rein elektrische Reichweite nach WLTP beziffert Obrist mit 80 bis 90 Kilometern. Das passt zum Energiegehalt der Batterie, ist aber angesichts des Konzepts schwer vorstellbar, weil im WLTP schneller als 65 km/h gefahren wird und der Batterieladezustand nicht unter 50 Prozent fallen soll. Damit soll der Akku ständig in einem günstigen, verschleißarmen Ladezustand bleiben, was der Lebensdauer zuträglich ist. Der Verbrauch soll im Mittel bei etwa 1,5 Liter pro 100 Kilometer, die Gesamtreichweite bei über 1.000 Kilometern liegen.

Auch der Verbrenner muss CO2-neutral werden

Die allerorten geplanten Verbrenner-Verbote könnten das Konzept allerdings trotz seiner guten CO2-Gesamtbilanz erledigen. Darum hat Obrist sich Gedanken gemacht, wie auch der Verbrennungsmotor-Generator Treibhausgas-neutral laufen könnte. Der Plan (siehe Video nach dem ersten Absatz): riesige Solarkraftwerke in besonders sonnenreichen Gegenden wie Wüsten und Entsalzung von Meerwasser an der Küste. Erzeugung von Wasserstoff daraus, Entnahme von CO2 aus der Luft, daraus dann Synthetisierung von Methanol (CH3OH).

Laut Obrist braucht die Produktion eines Kilogramms des sogenannten eMethanols zwei Kilogramm Meerwasser, 3.372 Kilogramm Luft und lediglich rund zwölf kWh Strom. Gleichzeitig entstehen dabei 1,5 kg Sauerstoff. Methanol hat eine Energiedichte von 5,6 kWh/kg. Damit würden rund 47 Prozent der eingesetzten Solarenergie im späteren Treibstoff stecken. Aus dem würde der Zweizylinder-Generator im Hyper Hybrid dann aber mit einem Wirkungsgrad von 37 Prozent Strom erzeugen, sodass der Gesamtwirkungsgrad bei schmalen 17,3 Prozent läge. Darum schlägt Obrist vor, solche Anlagen nur in sehr sonnenreichen Gegenden wie Namibia oder Saudi-Arabien zu errichten. Dort erreiche die Energie der Sonneneinstrahlung bis zu 2.700 kWh/m² pro Jahr und eine zehn Quadratkilometer große Solaranlage könnte 400.000 Tonnen des von Obrist aFuel getauften Methanols erzeugen.

Schlechter Wirkungsgrad, aber CO2 negativ?

Das Methanol hat laut Obrist den Vorteil, dass für den Transport in Gegenden, wo der Treibstoff gebraucht wird, die bestehende Infrastruktur wie Tanker oder Pipelines verwendbar ist. Im Öl-Staat Saudi-Arabien gibt es davon noch reichlich.

Unter CO2-Gesichtspunkten ist der überschaubare Wirkungsgrad auf den ersten Blick kein Problem. Wenn man allerdings bedenkt, dass der zur Methanolerzeugung nötige Wasserstoff auch anderswo massenhaft notwendig sein wird, wenn beispielsweise die Stahlindustrie damit CO2-neutral werden soll, könnte allerdings allein die schiere benötigte Menge an regenerativ erzeugtem Strom ein Problem werden. Bei der Verbrennung von einem Liter Methanol werden übrigens rund 1,2 kg CO2 frei. Im Falle des nach dem Obrist-Konzept erzeugten Methanols müsste man aber von "wieder" frei sprechen, da die Anlage zur Erzeugung ja CO2 aus der Luft entnimmt.

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Um das ganze Konzept sogar CO2-negativ zu machen, setzt Obrist noch einen drauf. Die Anlage soll nicht nur Methanol aus Bestands-CO2 erzeugen, sondern auf einem parallelen Pfad Kohlenstoff (C) als Graphit speichern und Sauerstoff (O2) abgeben. Das nennt Obrist cSink und die ganze Anlage bezeichnen die Österreicher als "Modern Forest". In Summe verspricht Obrist mit dem Betrieb solcher Anlagen, dass ein Antriebskonzept wie der Hyper Hybrid kein CO2 emittiert, sondern pro Kilometer 24 Gramm aufnimmt – seine CO2-Emissionen lägen also bei -24 g/km.  © auto motor und sport

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