Die Statistik der Führerscheinprüfungen im Jahr 2024 ist bestürzend: Über 40 Prozent der Nachwuchsfahrer scheitern an der Theorieprüfung. In folgenden Gastbeitrag kommentiert Diplom-Psychologe Professor Dr. Florian Becker die Ursachen für die seit Jahren weiter steigenden Rekord-Durchfall-Quoten gerade bei der Theorie aus seiner Sicht.

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Für mich ist die hohe Durchfall-Quote ein deutliches Zeichen für etwas, das wir in der Psychologie als "gravierende kognitive Defizite" bezeichnen. Ganz konkret: geringe Intelligenz, Verdummung – und dazu fehlende Selbstdisziplin.

Nein, die üblichen Ausreden lasse ich nicht gelten:

  • "Die Fahrschulen sind schuld, die erklären einfach schlecht!"
  • "Das ist alles so kompliziert geworden, es gibt ja jetzt auch E-Roller!"
  • "Der gierige TÜV, der will sich nur bereichern!"

Zumal die Theorieprüfung in zwölf Sprachen angeboten wird – Sprachprobleme können also auch keine Entschuldigung sein. Seien wir ehrlich: Die theoretische Prüfung ist eine reine Lernprüfung. Hinsetzen, lernen, sich abfragen, wieder hinsetzen, weiterlernen – so lange, bis man es drauf hat. Ja, vieles davon mag "praxisfern", uninteressant oder langweilig erscheinen. Aber es muss eben beherrscht werden. Ganz ähnlich wie das, was in der Schule größtenteils abläuft.

Harte Berichte von den Fahrlehrern

Fahrlehrer erzählen mir, was sie tagtäglich erleben. Viele Fahrschüler haben keine Ahnung, was gründliche Prüfungsvorbereitung bedeutet. Aber wie sollten sie auch? Im Schulsystem kommt man inzwischen mit dem Durchschlängeln-Mindset ganz gut zurecht. Schwierig wird’s, wenn plötzlich echte Standards drankommen – wie bei der Führerscheinprüfung. Da ist Umschalten gefragt!

Dazu kommen Schüler aus Ländern, in denen Verkehrsregeln eher kreativ interpretiert werden. Wer schon gereist ist, kennt das: Ich habe selbst beeindruckende Fotos geschossen – wie in anderen Kulturen überholt wird, was alles auf ein Moped passt oder wie hoch ein Lkw beladen wird. Andere Fahrschüler wurden von Helikopter-Eltern überall hingefahren, oft während sie selbst ins Smartphone vertieft waren. Aktive Verkehrserfahrung, etwa als Radfahrer? Fehlanzeige.

Fazit: Viele schütteln den Kopf über die schlechten Ergebnisse bei der Theorieprüfung. Aber mal ehrlich: Ist es nicht viel erstaunlicher, dass über die Hälfte der Fahrschüler trotz allem besteht? Wie könnten solche Menschen nicht an einfachsten Aufgaben wie einer Führerschein-Theorieprüfung scheitern?

Die geistige Leistungsfähigkeit von Jugendlichen sinkt – überall

Leider fügt sich das rapide steigende Scheitern bei den Führerschein-Theorieprüfungen in ein trauriges Muster, das wir aus verschiedenen Daten zur Leistungsfähigkeit von Kindern kennen. Wie sieht die Zukunft in Deutschland aus? Hier ein Überblick:

  • Grundschule: Laut der IGLU-Studie können etwa 25 Prozent der Kinder nach der Grundschule weder richtig lesen noch schreiben. Trotzdem dürfen immer mehr von ihnen aufs Gymnasium wechseln.
  • Leistungsabfall in den weiterführenden Schulen: Seit über zehn Jahren sinken die Ergebnisse in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesen – das zeigen die PISA-Studien.
  • Sinkende Standards im Schulsystem: Damit Kinder bloß nicht gefordert werden, wurden die Anforderungen kontinuierlich gesenkt. Noten werden immer besser, obwohl die Leistungen objektiv schlechter sind. Ergebnis: Bundesweit schaffen etwa 30 Prozent ein Einser-Abitur.
  • Wettbewerb unerwünscht: Irgendwo der Beste zu sein oder zu gewinnen, gilt inzwischen als verpönt und wird systematisch abgeschafft – etwa bei den Bundesjugendspielen in Grundschulen.
  • Erschütternder Schulalltag: Berichte aus der Praxis vervollständigen das Bild: Kinder kommen zu spät, machen keine Hausaufgaben, erscheinen ohne Frühstück, weil Eltern es morgens nicht ‚schaffen‘, aufzustehen. Desinteressierte, passive Erziehungsberechtigte, fehlende Regeln und zunehmende Gewalt. Schulleiter, die Disziplin einfordern, klagen über politischen Druck.
  • Ideologiegetriebene Bildungspolitik: Lobbyisten fordern, Hausaufgaben abzuschaffen und Noten zu verbieten, mit der Begründung, dass "manche Kinder mehr davon profitieren als andere". Die Logik: Lieber soll niemand profitieren, als dass einige mehr Vorteile haben. Willkommen in Deutschland! Ziel ist offenbar nur noch Gleichheit im Ergebnis – nicht eine hohe Durchschnittsleistung.

Fazit: Das Schulsystem droht zu einer leistungsfeindlichen Komfortzone und einem Experimentierfeld für Bildungsideologen zu werden. Kinder wachsen nicht mehr, sondern bekommen verzerrtes Feedback: Alle sind angeblich super! In Wahrheit hindert man die Kinder an ihrer Entfaltung, damit alle gleich sind – gleich klein.

Demotivation und Verblödung als riesiges Problem für unsere Gesellschaft

Ich bin überzeugt: Die historisch schlechten Ergebnisse bei den Führerscheinprüfungen sind nur ein kleiner Hinweis auf ein viel größeres Problem, das in unserer Gesellschaft wächst. Es geht um mehr als nur ein paar Durchfaller – es zeigt, dass viele junge Menschen nicht die Motivation und die Fähigkeiten entwickeln, die in ihnen stecken. Sie könnten zu starken Persönlichkeiten heranwachsen, aber man bremst sie aus.

Natürlich wird – ganz politisch korrekt – wieder nur über die üblichen Ausreden gesprochen, wie bei den schlechten PISA-Daten: "Das liegt an den Schulen! Die Lehrer sind faul, die erklären schlecht! Wir brauchen mehr Sprachförderung, die Jugendlichen verstehen ja nichts! Die Klassen sind zu groß! Und überhaupt: Viele Familien sind sozial benachteiligt, wir müssen sie reicher machen!" Kurz gesagt: Die Schuld liegt immer bei den äußeren Umständen.

Aber mal ehrlich: Mit diesem Denken drehen wir uns seit Jahrzehnten im Kreis. Es wird Zeit, dass wir aufhören, die Verantwortung abzuschieben, und stattdessen handeln! Jedes Kind, jeder Jugendliche hat Potenzial – und wir sollten wieder mehr tun, um es zu wecken. Denn: Mit immer mehr Low-Performern sind wir nicht zukunftsfähig als Wissensgesellschaft.

Tabuthema: innere Voraussetzungen

Interessant ist, worüber kaum jemand spricht: die inneren Voraussetzungen. Was macht Bildungserfolg wirklich aus? Die Psychologie kennt zwei entscheidende Faktoren:

  • Intelligenz (oft gemessen mit dem IQ),
  • Selbstdisziplin (die Fähigkeit, Dinge trotz Widerstand durchzuziehen, heute auf etwas zu verzichten, um morgen mehr zu erreichen, und zu tun, was nötig ist).

Leider stehen wir in Deutschland bei beidem nicht gut da – ehrlich gesagt sogar ziemlich schlecht. Studien zeigen: Der IQ von Kindern sinkt in wichtigen Bereichen, und das schon seit etwa 30 Jahren. Dieser sogenannte Anti-Flynn-Effekt ist eine echte Herausforderung für unsere Wissensgesellschaft.

Wachsende Verehrung der Komfortzone

Hinzu kommt ein wachsendes Problem: Die Komfortzone wird zum Lieblingsort. Viele schaffen es nicht mehr, etwas gegen Widerstand durchzuziehen. Überspitzt gesagt: Immer mehr Menschen wünschen sich eine 20-Stunden-Woche bei vollem Gehalt. Das Schulsystem trägt leider seinen Teil dazu bei, aber auch in Talkshows hören wir Politiker, die behaupten, Arbeit mache krank, Faulheit sei vernünftig und Unternehmer lebten davon, Arbeitnehmer auszubeuten und ihre Kunden zu täuschen. Kürzlich meinte eine Nachwuchspolitikerin, man solle das Bürgergeld verdoppeln, um die Wirtschaft anzukurbeln. Den Wohlstand dafür? Den sollen "die Reichen" zaubern. Mit so einer Einstellung diszipliniert für eine Theorieprüfung lernen? Das ist kaum vorstellbar.

Fazit: Es gibt einen Trend, die Komfortzone zu feiern – und das sollten wir nicht hinnehmen! Wenn immer mehr Menschen auf "Low-Performance" schalten, gefährden wir unsere Zukunft als Wissensgesellschaft.

Was tun? So gelingt die Wende

Seit über 25 Jahren beschäftige ich mich als Psychologe mit einer spannenden Frage: Warum wachsen manche Menschen völlig über sich hinaus und meistern Herausforderungen mit Bravour, während immer mehr andere schon am Alltag scheitern? Eine Erkenntnis hat sich wieder und wieder bestätigt: Erfolg beginnt im Inneren. Genau darüber habe ich jetzt mein Buch geschrieben: "Positive Psychologie: Wege zu Erfolg, Resilienz und Glück". Darin zeige ich, wie wir mit den richtigen Werkzeugen der Psychologie ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben führen. Es geht um:

  • gute Gewohnheiten, die uns voranbringen,
  • Resilienz, um Stress und Rückschläge zu meistern,
  • Selbstvertrauen und innere Ruhe, die uns stark machen,
  • Tatkraft statt Zögern – weg mit der Prokrastination,
  • die Kraft positiver Erwartungen (selbsterfüllende Prophezeiungen),
  • den Mut, die Komfortzone zu verlassen,
  • Fokus und Konzentration, um klar zu denken,
  • Selbstdisziplin, um dranzubleiben,
  • smarte Ziele und eine Motivation, die uns antreibt.

Das Beste daran? Schon Kinder können und sollten (!) diese Fähigkeiten lernen, um ihr volles Potenzial zu entfalten und zu handlungsfähigen Persönlichkeiten zu reifen. Leider passiert aktuell oft das Gegenteil. Aber genau hier liegt unsere Chance: Wir können das ändern! Lasst uns den Nachwuchs inspirieren, diese Stärken zu entwickeln – und selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Jeder kleine Schritt auf dem Weg zu innerer Stärke zählt. Dann klappt es auch mit so kleinen Herausforderungen im Leben wie den Theorieprüfungen beim Führerschein.

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Kurz-Vita Professor Dr. Florian Becker

Becker ist Diplom-Psychologe und der Kopf hinter dem Buch ‚Positive Psychologie – Wege zu Erfolg, Resilienz und Glück‘. Er hat lange an der Ludwig-Maximilians-Universität in München geforscht und gelehrt, sitzt im Vorstand der Wirtschaftspsychologischen Gesellschaft und ist Professor an der Technischen Hochschule Rosenheim. In seinen Beratungsprojekten und Vorträgen begeistert er Menschen dafür, wie Psychologie sie stärker, effektiver und glücklicher macht. Sein Ziel: Motivation freisetzen, Resilienz aufbauen – und zeigen, wie jeder sein Potenzial voll entfalten kann.  © auto motor und sport