Die Nachricht kommt überraschend: Der Schweizer E-Bike-Hersteller Flyer stellt seine Produktion in Huttwil in der Schweiz offenbar ein. Rund 155 der insgesamt 170 Mitarbeitenden sollen laut Medienberichten von der Umstrukturierung betroffen sein.
Der E-Bike-Pionier Flyer betreibt in Hutwill die größte Fahrradproduktion der Schweiz – das soll sich nun nach Informationen von Blick.ch dramatisch ändern.
Beschlossene Sache: 170 Leute auf der Straße
Der Flyer-Eigentümer, die deutsche Zweirad-Einkaufs-Gesellschaft eG (kurz: ZEG), hat das Ende Oktober eingeleitete Konsultationsverfahren nun abgeschlossen – und läutet damit einen dramatischen Einschnitt im Schweizer Hutwill ein. 170 Mitarbeiter werden gekündigt, das Aus für die dort ansässige E-Bike-Produktion ist beschlossene Sache. Am Standort Hutwill an sich will die ZEG laut Blick.ch aber wohl festhalten.
Hintergrund: Das ist passiert
Der größte E-Bike-Hersteller der Schweiz strauchelt. Am Mittwoch wurde bekannt, dass die Produktion von Flyer E-Bikes künftig außerhalb der Schweiz angesiedelt werden soll. Aktuell sind im Schweizer Haupt-Produktionsstandort der Firma in Hutwill zwischen Bern und Zürich 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Viele dieser Stellen sollen nun gestrichen werden, wie etwa der SRF berichtet.
Grund für Rückzug offenbar Rückgang der Nachfrage
Flyer reagiert mit dieser Entscheidung auf die aktuelle Marktsituation in der E-Bike-Branche, die unter einem Rückgang der Nachfrage leidet. Die Zweirad-Einkaufsgenossenschaft (ZEG), die seit 2017 Eigentümerin von Flyer ist, erklärte, dass die gesamte Branche derzeit Schwierigkeiten durchlebt und Anpassungen erforderlich sind, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Insbesondere die vollen Lagerbestände belasten viele Hersteller, nachdem die Verkaufszahlen seit dem Pandemiehoch deutlich gesunken sind.
Auswirkungen auf die Region Huttwil
Für die Gemeinde Huttwil kommt die Nachricht völlig unerwartet. Flyer gilt als eines der Aushängeschilder des Wirtschaftsstandorts und ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. Gemeindepräsident Walter Rohrbach äußerte gegenüber dem SRF seine Enttäuschung und erklärte, dass der Verlust der Arbeitsplätze ein herber Rückschlag für die Gemeinde sei. "Flyer war eine Konstante in unserer Region, und jetzt stehen viele Menschen vor einer ungewissen Zukunft."
Ein Rückblick: Zwei Restrukturierungen in kurzer Zeit
Diese Entscheidung zur Standortaufgabe folgt einer ersten Restrukturierung im Herbst 2023. Damals entließ das Unternehmen etwa ein Viertel seiner Belegschaft und begründete dies ebenfalls mit der schwierigen Marktsituation. Schon damals zeigte sich, dass Flyer mit einem sich verändernden Markt und einem Überangebot an Lagerbeständen zu kämpfen hat. Während der Pandemie war die Nachfrage nach E-Bikes enorm gestiegen, doch seither ist der Markt gesättigt, und die Bestellungen gingen merklich zurück.
Flyer hatte in der Vergangenheit oft betont, an der Schweizer Produktion festhalten zu wollen. Noch vor wenigen Wochen hatte CEO Andreas Kessler versichert, dass eine Verlagerung ins Ausland nicht zur Debatte stünde. Doch nun zeigt sich, dass die wirtschaftlichen Herausforderungen diese Pläne überholt haben. Die Strategie für den Fortbestand des Unternehmens wird in den kommenden Monaten stark auf Effizienz und kostensparende Produktionsprozesse setzen müssen.
Wie geht es weiter für die betroffenen Mitarbeiter?
Für die Flyer-Angestellten bedeutet diese Entscheidung, dass sie sich beruflich neu orientieren müssen. Die Geschäftsleitung hat angekündigt, sie mit einem Sozialplan zu unterstützen. Die genaue Anzahl der wegfallenden Stellen und der Umfang der Unterstützung werden jedoch erst in den kommenden Wochen festgelegt. Ein Konsultationsverfahren soll den Prozess begleiten und sicherstellen, dass die Mitarbeitenden bestmöglich informiert und unterstützt werden.
Flyer nicht die einzigen betroffenen Hersteller
Die E-Bike-Branche steht vor einem Umbruch: Während der Pandemie gingen die Verkaufszahlen durch die Decke, doch inzwischen haben viele Hersteller volle Lager und eine geringere Nachfrage. Flyer ist hier nicht allein – die gesamte Branche muss sich auf die neue Marktsituation einstellen. Ein wesentlicher Faktor sind hohe Produktionskosten, die besonders in Ländern wie der Schweiz zu wirtschaftlichen Herausforderungen führen. Der Kostendruck zwingt viele Unternehmen dazu, ihre Produktion zu verlagern oder ihren Geschäftsbetrieb zu straffen. Zuletzt musste der österreichische Hersteller Simplon Insolvenz anmelden, Giant und Merida melden Umsatzverluste und auch die Plattform Fahrrad.de war betroffen.
Fazit: Eine schwierige Zeit für Flyer und die Region
Die Schließung der Produktion in Huttwil markiert für Flyer einen Einschnitt in seiner Unternehmensgeschichte und stellt sowohl die Mitarbeitenden als auch die Region vor große Herausforderungen. Die Entscheidung, sich vom Produktionsstandort Schweiz zu verabschieden, zeigt, wie stark die Fahrradbranche aktuell im Wandel ist. © Bike-X
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