Wenn uns der Wind Sand aus der Sahara bringt, sehen ungeschützt geparkte Autos schnell aus, als hätten sie eine tagelange Wüstenrallye hinter sich. Da die Winde häufig mit Niederschlag einhergehen, wird dieses Wetterphänomen auch als "Blutregen" bezeichnet. Ist die sandige Masse erst getrocknet, hält sie sich besonders hartnäckig auf dem Lack. Kommt Sonnenschein dazu, kann sie sogar einbrennen. Eine zeitnahe Autowäsche ist also ratsam. Aber Vorsicht: Wer jetzt selbst Hand anlegt, riskiert Kratzer, denn zu Hause wird das in aller Regel mit zu wenig Wasser passieren.
Vorwäsche mit viel Wasser ist besonders wichtig
In der Garageneinfahrt oder gar im Vorgarten ist Auto waschen in den meisten Gemeinden überdies verboten; der §1 des Wasserhaushaltsgesetz erlaubt letztlich allenfalls das Waschen eines sauberen Wagens mit klarem Wasser, so Thomas Drott, Geschäftsführer des Bundesverbands Tankstellen und gewerbliche Autowäsche Deutschland (BTG). Und grundsätzlich arbeiten Waschanlagen erheblich umweltfreundlicher: Sie sammeln das verwendete Wasser in bis zu 100 Kubikmeter großen Absetzbecken oder Behältern, bereiten es auf und verwenden etwa 90 Prozent davon wieder; der Schmutz geht ins Klärwerk, so Drott.
An anderen Möglichkeiten, das Auto zu säubern, herrscht in Deutschland aber kein Mangel: Der BTG schätzt die Zahl der professionellen Waschbetriebe auf etwa 14.000 Portalwaschanlagen, 2400 Waschstraßen und rund 3000 Waschplätze. Und die Unterschiede zwischen den Anlagen sind wichtig, wenn das Auto mit Sand überzogen ist. Bei den weitverbreiteten Portalanlagen steht das Auto, während sich die Waschtechnik an ihm entlang bewegt, in der Waschstraße ist es umgekehrt. Hier rollt das Auto auf einem Förderband an Bürsten und Düsen vorbei.
In beiden Fällen ist eine Vorwäsche mit ausreichend Wasser essenziell für die pflegliche Beseitigung mineralischer Ablagerungen wie beispielsweise Sand aus der Sahara – andernfalls drohen Kratzer, weil Sand sonst wie Schmirgelpapier über den Lack zu scheuern droht. In Portalanlagen steht dafür in der Regel ein Hochdruckreiniger zur Verfügung. Wenn nein, sollte in diesem Fall von einem Waschvorgang dort abgesehen werden.
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Oft gibt es den druckvollen Wasserstrahl in entsprechenden Selbstbedienungsboxen – die man im Zweifel nicht nutzen möchte, wenn man im feinen Zwirn unterwegs ist; egal ob Sand oder nicht sollte man mit dem Hochdruckreiniger vor allem den Rädern, Radhäusern und den unteren Bereichen von Front- und Heckschürze ausführlich widmen. Diese Stellen erreichen die Walzen der Anlagen üblicherweise nicht so gut.
Portalanlage ohne Hochdruckreiniger ist bei Sand tabu
Gibt es an einer Portalanalage keinen Hochdruckreiniger, dann hilft bei Sahara-Alarm nur die Fahrt in eine Waschstraße, wo in der Regel Angestellte oder entsprechende Vorrichtungen vor der Einfahrt aufs Förderband das Abspülen mit dem Hochdruckreiniger erledigen. Vom Waschergebnis her sind Waschstraßen laut Untersuchungen von ADAC und GTÜ den Portalanlagen im Normalfall überlegen – was eben vor allem an der Vorwäsche liegt. Die hilft auch bei Staub und Salzkrusten im Winter, die Lack und Anbauteilen stark zusetzen, wenn sie nicht regelmäßig entfernt werden.
Nach der Vorwäsche schonen Lappen und Walzen den Lack
Im Schnitt bekommt in Deutschland jedes Auto sechs bis acht Wäschen im Jahr – Sand-Sonderkonjunktur ausgenommen. Für ganz Deutschland summieren sie sich damit auf 200 bis 300 Millionen Vorgänge; das Gros entfällt dabei auf die Portalanlagen. Die Befürchtung, dass Neuwagen nicht in die Waschanlage dürften, zerstreuen Experten. Schon mit der Auslieferung sind die lackierten Oberflächen am Auto so widerstandsfähig, dass ihnen die weichen Polyethylen-Lappen der Waschwalzen fast nichts anhaben können – immer vorausgesetzt, sie schleppen keine Verunreinigungen vom vorher gewaschenen Auto mit.
Woran man gute Waschanlagen erkennt
Bei so einer großen Auswahl an Waschmöglichkeiten stellt sich natürlich die Frage: Wo soll ich hingehen, wo bekomme ich für mein Geld ein gutes Waschergebnis? Ein Hinweis kann ein Gütesiegel sein, das der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) vergibt. Es ziert aktuell etwa 1360 Anlagen bundesweit.
Fehlt es an der Waschanlage, vor der man gerade steht, muss es aber nicht heißen, dass sie keine gute Reinigungsleistung bietet. Ein prüfender Blick hilft bei der Einschätzung: Bestimmen Rost und Schmutz den ersten Eindruck? Liegen abgerissene Wischerblätter in der Anlage und Müll im Außenbereich? Müffelt es oder sind die Waschbürsten verdreckt? Dann kommt der Anlage wohl keine gute Wartung zu, besser weiterfahren. Fahrer großer Geländewagen und SUV müssen ohnehin besonders gut hinsehen. Denn ihre ausladenden Autos passen mitunter nicht in ältere, schmal gebaute Portalwaschanlagen. Die sind außerdem oft nur mit wenigen Waschdüsen für den Unterboden ausgestattet und entfernen dort klebenden Schmutz eher unzureichend. Vor allem bei Autos, die gelegentlich abseits der befestigten Straße genutzt werden, ist das ein Nachteil.
Cabriofahrer können dagegen ganz beruhigt sein. Joachim Jäckel, Vorsitzender des BTG, meint: "Mit einem Cabrio kann man skrupellos durch eine Waschstraße fahren. Heutige Pflegemittel verkleben das Gewebe eines Verdecks nicht mehr." Das war vor ein paar Jahren noch anders, als vornehmlich Wachse zur Konservierung nach der Wäsche eingesetzt wurden, die mit speziellen Reinigungstüchern von den Scheiben zu entfernen waren, bevor man die Waschanlage verlassen konnte. Cabriofahrer sollten nach Ansicht der Pflege-Experten von Sonax ihr Stoffverdeck zusätzlich zweimal im Jahr imprägnieren. Immer vorausgesetzt, es kommt kein Vogel geflogen, der sein Geschäft auf dem Dach hinterlässt – denn das muss sofort entfernt werden. Idealerweise wird die betroffene Stelle, wenn sie wieder trocken ist, auch neu imprägniert. Beim Auftragen der Imprägnierung sollte das Auto nicht in der prallen Sonne stehen. Ist das Mittel dann aber aufgesprüht, helfen Wärme und Sonnenlicht beim vollen Entfalten der Schutzwirkung.
Wann braucht es welches Programm?
Muss es aber wirklich das volle Wasch- und Pflegeprogramm sein? Bei starken Verschmutzungen scheint zumindest eine Premiumwäsche ratsam, damit der Dreck wirklich komplett entfernt werden und der möglicherweise bereits leicht angegriffene Lack anschließend mit einer Versiegelung neuen Schutz gegen Schmutz und UV-Strahlung erhält. Von dieser Regel gibt es eine Ausnahme: Diese gilt für matt lackierte Autos, die überwiegend mit einer Basispflege gereinigt werden sollten. Denn die matte Oberfläche reagiert empfindlich auf Pflegemittel und Versiegelungen. Sie wird auf Dauer eher seidenmatt, zumal auch die Lappen der Waschwalzen einen Poliereffekt auf diesen speziellen Lacken zeigen. Die Basispflege reicht ebenfalls, wenn das Auto nur durchschnittlich dreckig ist. Übrigens auch dann, wenn eine farbige Folie über dem Lack sitzt. Schließlich altern auch die Folien schneller, wenn aggressiver Schmutz Zeit hat, sich auf der Oberfläche ab- und anzulagern. Als Faustregel gilt aber, dass vier Wäschen im Jahr mit allen Optionen über den Lack oder die Folierung gehen sollten. So behält die Außenhaut des Autos einen Grundschutz gegen zu schnelles Altern.
Nach Sahara-Sand Pollenfilter checken
Der ADAC empfiehlt, nach der Wäsche von Hand mit einem gut durchfeuchteten Lappen bei offenen Türen und Klappen die sonst verdeckten Blechflächen zu reinigen. Angesichts des aktuellen Sahara-Sandes soll man den Lappen oft auswaschen, damit der Staub nicht weitergetragen wird.
Außerdem rät der Club, den Innenraumfilter (auch Pollenfilter genannt) jetzt zu inspizieren und gegebenenfalls zu erneuern, vor allem wenn er schon länger nicht mehr gewechselt wurde. Denn wenn er schon beladen war und jetzt noch zusätzlich den Sand abbekommen hat, ist er voll. Dann entlädt er seine Last in den Innenraum.
Je nach Auto kann man den Innenraumfilter selbst wechseln. Es gibt für einige Modelle jetzt Filter, die sogar manche gasförmigen Verschmutzungen zurückhalten (meist Filter mit Aktivkohle-Schicht) oder die als anti-allergen bezeichnet werden, so der ADAC.
Vogelkot und tote Insekten sofort entfernen
Unabhängig vom Sand ist Vogelkot für den Autolack der Endgegner und muss sofort runter – entweder mit einem scharfen Wasserstrahl oder mit einer völlig durchnässten Zeitung. Sie weicht den Schmutz an und nimmt ihn größtenteils mit vom Lack, wenn sie abgezogen wird. Nicht scheuern! Auch tote Insekten lassen sich so entfernen. Sie stellen selbst viele Waschanlagen auf die Probe, wenn keine gründliche Vorwäsche stattfindet.
Alte Lacke auf Wasserbasis sind weniger hart
Nach wie vor sind die seit gut 20 Jahren verwendeten Wasserbasislacke nicht ganz so kratzresistent wie die bis dahin eingesetzten Lacke auf Acrylbasis. Auch sehr gepflegte Waschanlagen können daher über die Jahre feinste Kratzer in der Lackoberfläche hinterlassen. Die lassen sich aber auspolieren. Bevor nun grobkörnige Polituren auf den Lack losgelassen und mit starkem Druck verrieben werden, sollte man sich in Erinnerung rufen, dass der Decklack auf dem Blech nur wenige tausendstel Millimeter dick ist. Vor allem an scharfen Karosseriekanten ist er erschreckend schnell wegpoliert und man schaut auf die Grundierung. Darum ist Fingerspitzengefühl gefragt: Einmal bei der Wahl der Politur – hier gibt es unterschiedliche Mittel für neue und gealterte Lacke, für Unifarben und Metallic-Töne – und auch bei der Kraft, mit der poliert wird. Je mehr Druck ausgeübt wird, desto mehr Lack wird abgetragen. Weniger kann also selbst bei der Autopflege mehr sein. © auto motor und sport
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