Jetzt auch mit Zug: Sram bringt die Transmission-Schaltgruppen als mechanische Version. Wir haben die brandneuen Teile schon getestet!

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Nachdem Sram seine beliebten Transmission-Schaltungen nur in elektronischer Form angeboten hat, folgt nun die mechanische, per Zug angesteuerte Variante. Wir haben erste Infos!

Kurz und knapp: Sram Eagle Transmission mechanisch

  • Eagle 90 (etwa auf GX-Niveau) und 70 (etwa NX-Niveau) heißen die neuen Gruppen
  • neu entwickeltes Schaltwerk, in vielen Teilen mit elektronischen Gruppen kompatibel
  • Schalthebel mit gewohnter Sram-Schaltlogik, extra nah am Lenker montiert (Stealth-Optik)
  • Preise Sram Eagle 90: ca. 730 Euro

Als die US-Amerikaner 2023 mit der Transmission-Technologie die Weiterentwicklung der beliebten 1x12-Schaltgruppen enthüllten, glich das einer Revolution: Die Transmission-Gruppen bestachen von Minute eins mit robusten Eigenschaften und exakten Schaltvorgängen, speziell an bärenstarken E-MTBs.

Doch bisher waren diese Vorteile den elektronischen (Funk-)Schaltungen von Sram vorbehalten. Weil nicht jede*r Elektronik am Bergradl haben oder sie sich leisten will, geht Sram nun den nächsten Schritt: Mit der Eagle 90 und 70 erhalten gleich zwei klassisch per Schaltzug angesteuerte Gruppen die Technologien ihrer funkenden E-Geschwister.

Wie bereits von den bisherigen Schaltgruppen bekannt, kommen auch die neuen mechanischen Gruppen mit einer speziellen Zahn-Architektur an der Kassette: Damit die Kette sicher greift, sind die Zähne der Ritzel genau auf die Laschen der Kette angepasst. Um sie dennoch vom einen zum nächsten Ritzel gleiten zu lassen, besitzt die Kassette 44 Schaltgassen – kleine Einkerbungen an den Ritzeln, ähnlich wie die Steighilfen bei einer Kurbel mit Mehrfachkettenblättern. Sram verspricht, dass damit selbst unter extremem Kettenzug Schaltvorgänge problemlos möglich sind, da jeder Gangwechsel einem definierten Weg folgt. E-Bikes mit ihrer satten Motoren-Power sollen besonders davon profitieren.

Das auffälligste optische Detail ist der Montagestandard des Schaltwerks, das direkt an den Rahmen geschraubt wird. Sram nennt dies "Full Mount". Ein massiver, innen hohler Montagebolzen gibt dem Schaltwerk Halt – die 12-mm-Hinterrad-Steckachse wird wie gewohnt montiert und bildet mit Rahmen, Schaltwerk und Laufrad eine Einheit. Das soll den neuen Schaltgruppen eine extreme Robustheit verleihen, speziell bei Feindkontakt mit Steinen oder Ästen. Kehrseite: Die Ausfallenden des Rahmens müssen den UDH-Standard besitzen. An Rahmen mit klassischem Schaltauge kann die Transmission nicht gefahren werden. Immerhin wird Sram auch zukünftig Schaltwerke ohne UDH-Zwang anbieten.

Preiswert und robust: Sram Eagle 90

Das Herzstück der mechanischen 90, das Schaltwerk, wurde neu konstruiert. Stammt der Schaltkäfig in seiner Bauart von den elektronischen Transmission-Versionen ab und ist mit diesen sogar kompatibel, wurde der obere Teil rund um das Parallelogramm neu entwickelt. Dabei griff man auf die bekannten Sram-Technologien zurück.

Das Schaltwerk besitzt eine Kupplung, die Kettenschlagen minimiert, für die Demontage des Hinterrads lässt sie sich deaktivieren. Vollmundig verspricht Sram, mit der 90 die robusteste mechanische Schaltung aller Zeiten entwickelt zu haben. Stolz ist man auch auf das Thema Nachhaltigkeit: Diverse Bauteile des Schaltwerks sind einzeln erhältlich und so bei einem Defekt auch für Laien austauschbar.

Apropos: Wie von Sram gewohnt, halten auch die 90 und 70 das "Ökosystem-Versprechen" – Hardware-Bauteile verschiedener Schaltgruppen sind miteinander kompatibel. So könnte beispielsweise ein gewichtsorientierter Verfechter von mechanischen Schaltungen seinen Schaltwerkkäfig mit Carbonteilen der Transmission XX SL aufwerten.

Auch bei Kassette und Kette soll eine Kombi mit edleren oder robusteren Pendants aus dem Sram-Portfolio funktionieren. Der Schalthebel ist logischerweise nicht kompatibel mit den elektronischen Highend-Gruppen und wurde neu entwickelt: Er kann bis zu zwei Gänge auf größere Ritzel schalten und einen auf kleinere. So dürfte es sogar möglich sein, schneller zu schalten als mit den elektronischen Transmission-Schaltwerken, was häufig bemängelt wird.

In der E-MTB-Version schaltet der Hebel jeweils einen Gang. Cool: Die Zugführung erfolgt eng am Lenker entlang, sodass das Cockpit sehr aufgeräumt wirkt, speziell in Verbindung mit Stealth-Bremsen à la Maven und Motive.

Positiver Nebeneffekt des Designs: Der Radius der Zugaußenhülle ist deutlich kleiner. Somit soll weniger Zugreibung entstehen, was zu geschmeidigeren Schaltvorgängen führen soll. Selbstverständlich ist auch die geschmiedete Alu-Kurbel neu. Die Länge variiert in 5-mm-Schritten von 155 bis 175 mm. Eine 8-Loch-Kettenblattaufnahme sieht Kettenblätter aus der T-Type-Serie vor, ab Werk ist ein poliertes, robustes Stahlkettenblatt verbaut. Demontierbare Bashguards halten die Kette auch in wildem Gelände in Position.

Fürs E-MTB sind Optionen für verschiedene Motorenstandards und mit einer minimalen Länge von 155 mm verfügbar. Bei Kassette (Typ XS-1275) und Kette greift die 90 auf bewährte nickelbeschichtete Bauteile aus der GX-Transmission-Linie zurück. 730 Euro verlangt Sram für die Komplettgruppe, vergangene Preisentwicklungen lassen zum Marktstart einen Onlinepreis um 500 Euro denkbar erscheinen.

Gut und günstig? Sram Eagle 70

Noch preiswerter, vermutlich um 400 Euro für die Komplettgruppe im Handel, wird Sram zudem die Eagle 70 anbieten. Schaltwerk und Kurbel ähneln der 90, im Detail ermöglichen einige Kniffe einen günstigeren Preis: Die Kurbel setzt auf Stahl-Kettenblätter mit Dreiloch-Montage, ihre Arme sind ebenfalls aus Aluminium gefertigt. Bei den Längenoptionen hat man am E-MTB und am MTB weniger Auswahl als bei der 90. Das Schaltwerk aus Stahl ist etwas simpler gestaltet.

Nicht alle Bauteile sind wie an der Eagle 90 bei Defekt oder Abnutzung austauschbar. Die Eagle 70 setzt auf eine genietete Kassette, die auf einem herkömmlichen Shimano HG-Freilauf montiert wird. Um die Bandbreite von 10–52 Zähnen zu realisieren, sitzt das kleinste Ritzel auf dem Verschlussring der Kassette. Für Vielfahrer sind zudem die Ritzel der Gänge 8 bis 12 einzeln austauschbar. Ihr stellt Sram eine Kette auf Stahl-Basis zur Seite, die sich mit massiven Bolzen für starke E-MTB-Motoren wappnet. Mit Ausnahme der Kassette (die aber bei manchen Onlineshops gelistet ist) werden alle Parts auch auf dem Nachrüstmarkt angeboten.

Erster Test: Die Sram Eagle 90 ausprobiert

Wir konnten bereits erste Testeindrücke der teureren Variante Eagle 90 Transmission sammeln! Wie bei ihren elektronischen Pendants geht die Montage einfach in vier Schritten von der Hand. Es gibt am Schaltwerk keine Einstellschrauben für den äußeren und inneren Anschlag, auch die Umschlingung muss durch den genormten UDH-Standard nicht eingestellt werden.

Lediglich ein "Setup-Key" muss je nach Bike zur Einstellung des Abstands von Schaltwerk und Kettenstrebe in eine Position gebracht und die Kette auf eine exakte Länge gekürzt werden. Bei dem Prozess hilft die Sram-App, die auf eine gut gefüllte Bike-Datenbank zurückgreift. Der Zug wird erst zum Schluss montiert, die Spannung angepasst. Insgesamt ist die Montage schnell erledigt. Mehr Zeit zum Biken!

Vom ersten Meter an konnte die 90 unsere Testfahrer beeindrucken. Die Haptik des Alu-Schalthebels ist gelungen, der Hebel erinnert mehr an das Gefühl des X01- oder XX1-Eagle-Modells als an das weniger definierte Gefühl der alten GX-Version. Er wirkt wie der Rest der Gruppe robust und hochwertig. Auch in hektischen Fahrsituationen arbeitet die Schaltung mit höchster Präzision und sorgt für knackige Gangwechsel, selbst unter extremer Last und hohem Druck. Egal, ob steile Anstiege oder sanftes Gelände: Die Schaltvorgänge lassen sich als geschmeidig und bisher stets leise bezeichnen. Die Kettengeräusche waren während unseres Tests – bisher noch ausschließlich bei trockenem Wetter – ebenso minimal.

Keinerlei Schwächen also? Nicht ganz, denn die neue Kassetten-Konstruktion funktioniert teils etwas behäbig. So sorgen die Schaltgassen der Kassette dafür, dass die Schaltvorgänge teils – je nach Position der Kette im Augenblick des Schaltens – etwas langsamer vonstatten gehen. Hier muss die Kette erst den richtigen Punkt auf der sich drehenden Kassette abwarten, um zu klettern. Teils funktioniert es auch flotter, wenn die Schaltgasse gerade günstig steht.

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Ältere Sram-Modelle sind da schneller. Immerhin: Flotter als die elektronischen Transmission-Schaltungen ist die 90 definitiv! Speziell wenn man mehrere Gänge, etwa in Gegenanstiegen, durchschalten will. Übermäßiges Kettenschlagen oder gar -klemmer traten hingegen auch im ruppigsten Terrain nicht auf. Die Langzeit-Performance der Schaltgruppe wird unser Dauertest zeigen: Die 90 verbleibt am Trailbike ARC8 Essential von Redakteur und Racer Lukas Ittenbach.

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