Im kommenden Jahr soll es in Stuttgart die ersten Fahrverbote für Autos mit Dieselmotor geben. Doch auch wenn die baden-württembergische Hauptstadt aufgrund ihrer ungünstigen Lage in einem Talkessel eine Sonderstellung einnimmt, könnten schon bald in weiteren deutschen Städten Einfahrverbote für Selbstzünder folgen.
Für Fans des Dieselmotors sind es harte Zeiten: Der einst für Effizienz und Sparsamkeit gepriesene Motor wird mehr und mehr zur Dreckschleuder deklariert. Und auch wenn es für Verfechter des Diesels einer Hexenjagd gleichkommt: In vielen deutschen Städten ist die Luft in den letzten Jahren immer schlechter geworden. Der Individualverkehr hat daran einen nicht unerheblichen Anteil, sagen Umweltexperten und Politiker. Doch ein Fahrverbot war bisher tabu. Als erste Stadt hat jetzt Stuttgart ein Fahrverbot ab 2018 beschlossen, wenn die Luft in der Landeshauptstadt wieder einmal besonders schlecht ist und die Feinstaubmessgeräte Alarm schlagen. Doch auch andere Städte könnten nachziehen. Betroffen sind alle Diesel-Pkw, die keine Euro 6-Norm erfüllen.
Deutsche Umwelthilfe veröffentlicht Problembericht
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) etwa will besser heute als morgen eine Ausdehnung der Fahrverbote in deutschen Städten sehen. Mit mehreren Klagen macht sie auf die Nichteinhaltung gesetzlich beschlossener Pläne zur Luftreinhaltung in Städten aufmerksam. Ein Beispiel ist die Stadt Aachen: Hier gilt so ein Plan bereits seit 2009, überarbeitet wurde er zuletzt im Jahr 2015. Die angestrebte Umweltzone im Kern der Stadt ist allerdings noch nicht durchgesetzt worden, das Gleiche gilt auch für die Einhaltung der Grenzwerte. Die Klage der DUH könnte die Stadt also in Zugzwang bringen, es der baden-württembergischen Landeshauptstadt gleichzutun.
Ähnlich ergeht es der Stadt Bonn: Hier gibt es zwar noch keine Klage, aber der bislang ausgearbeitete Plan zur Luftreinhaltung ist ähnlich erfolglos wie der in Aachen. In Düsseldorf hat die DUH hingegen die erste Hürde geschafft: Das Gericht gab der Klage der DUH vollumfänglich statt - laut dem Verwaltungsgericht Düsseldorf seien Diesel-Fahrverbote schnellstmöglich anzuwenden. Doch bisher bremst die Bezirksregierung die Pläne noch aus und will die rechtliche Grundlage eines solchen Vorhabens noch einmal prüfen lassen.
Frankfurt, München und Berlin in Zugzwang
Eine weitere Klage läuft gegen das Land Hessen: In Frankfurt kann man laut DUH nicht mir einer kurzfristigen Einhaltung aller Grenzwerte rechnen. Zwar befindet sich ein Luftreinhaltungsplan in der Ausarbeitung, doch auch hier scheinen Fahrverbote das Mittel der Wahl zu sein, wenn gar nichts mehr geht. In München prozessiert die DUH bereits seit 2012 – die Luft ist dort seither nicht besser geworden. Doch seit Mitte Februar 2017 scheint es sicher, dass auch die bayrische Landeshauptstadt nicht um ein Fahrverbot herumkommt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte sogar die Auffassung der DUH, dass Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge nötig werden.
Auch Berlin leidet teilweise massiv unter schlechter Luft. Die 2016 eingereichte Klage des Umweltvereins wegen fehlender Veränderungen der Stickoxid-Belastungen trotz bestehenden Luftreinhaltungsplans ist deshalb nur konsequent. Noch zeigt sich die Bundeshauptstadt unbeeindruckt. Doch da die DUH auch Klagen in Köln, Wiesbaden, Reutlingen, Mainz, Essen und Darmstadt eingereicht hat, wird Berlin als größte Stadt Deutschlands weiter unter der Beobachtung der Umweltschützer bleiben. Partielle Diesel-Fahrverbote für ältere Modelle, wie es in Stuttgart ab 2018 angewandt wird, sind nach der Meinung von Experten also auch für viele andere Städte nur noch eine Frage der Zeit. © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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