Nach 38 Jahren ist Schluss: Seit 2023 gab es keine Suzuki GSX-R mehr in Europa, und 2024 wird das R-Modell selbst im Heimatland Japan eingestellt.
Als GSX-R-Fan ist es wirklich nicht leicht, diese Zeilen zu schreiben, wenngleich sie kaum überraschen. Nachdem Suzuki 2022 inmitten der laufenden MotoGP-Saison den Rückzug aus der Königsklasse bekannt gab, war nicht nur MOTORRAD, sondern auch das Team verwundert – man hatte ja 2021 mit der Dorna den Vertrag um weitere 5 Jahre verlängert. Dann die nächste traurige Meldung Ende 2022: Auch aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft zogen die Japaner sich werksseitig zurück. Und das trotz großer Erfolge, immerhin war das SERT-Team WM-Führender und amtierender Weltmeister.
Video: Sondermodell GSX-R 1000 R zum 100. Firmenjubiläum
Aus die (Renn-)Maus
1985 präsentierte Suzuki die GSX-R 750 und stellte mit diesem Meilenstein die gesamte Motorradbranche auf den Kopf. 100 Pferde trafen auf ein Gewicht von nur 201 Kilogramm, dazu ein rennstreckentaugliches Fahrwerk und Doppelschleifenrahmen aus Aluminium. Nicht nur die Sportfahrer standen Kopf, auch die Fachpresse war von der liebevoll genannten "Knicker" begeistert. Über die Jahre wurde die luft-öl-gekühlte GSX-R immer wieder überarbeitet, 1986 gesellte sich zu der flinken 750er noch eine 1100er-GSXR dazu. 1996 folgte mit der SRAD dann die nächste Evolutionsstufe, erst mit Vergasern und ab 1998 mit Einspritzung. Auch hiermit hängte Suzuki die Messlatte im Sportmotorradbau wieder ein Stück höher, denn mit einem Alu-Brückenrahmen und vielen weiteren Komponenten aus dem Rennsport war die SRAD eine ernstzunehmende Trackday-Waffe, jedoch mit guten Manieren. Doch ein Problem hatte die 750er-Gixxer, denn Yamaha legte mit der R1 den Grundstein für die 1000er-Superbike-Klasse und war somit der Konkurrenz weit voraus. 2001 folgte dann der Liter-Hammer von Suzuki und die Antwort auf Yamahas R1: Die GSX-R 1000 K1 saugte ihre Konkurrenz regelrecht durch die Ram-Air-Kanäle ein und spuckte sie aus dem Titan-Endtopf wieder hinaus. Zur damaligen Zeit wahnwitzige 160 PS, 110 Newtonmeter und nur 200 Kilogramm vollgetankt – Die Tausender war durch fast nichts aufzuhalten. Selbst eine lange Tour steckt man auf der K1/K2 locker weg, obwohl das Motorrad eigentlich für den Renneinsatz konzipiert wurde. Was dann folgte war alle zwei Jahre eine neue Tausender, die das Limit immer etwas mehr verschob. Unvergessen die K5/K6, die bis heute von vielen Sport- und Rennfahrern immer noch angehimmelt wird. Die letzte "neue" GSX-R folgte dann 2017. Nach 37 Jahren und weltweit mehr als einer Million verkauften GSX-R-Modellen war, zumindest in Europa, erstmal Schluss.
Auch in Japan kommt das Ende
"Aber nur in Europa", trösteten sich Fans, immer in Hoffnung, dass da vielleicht ein Comeback käme, denn in Japan, Australien und den USA war die große Gixxer weiter im Programm. Zwar immer nur farblich aufgefrischt, aber es gab sie noch. Doch selbst hier schuf Suzuki inzwischen Tatsachen und markierte auf der japanischen Homepage das Modell GSX-R 1000 R als eingestellt, als nicht mehr produziert. Zwar ist das Modell auf der US-Seite und in Australien noch gelistet, aber lasst uns ehrlich sein: Wenn ein japanischer Hersteller das Flaggschiff einer Reihe selbst im eigenen Land nicht mehr baut, dann werden sie es kaum für andere Märkte tun.
Video: Suzuki GSX-R 1000 R auf dem Dyno-Run
Homologation nicht erneuert
Dass die GSX-R ab 2023 höchstwahrscheinlich nicht mehr als Neufahrzeug in Europa erworben werden kann, hat einen (nüchternen) Grund: Euro 5 und Euro 5+. Letzteres gilt für Bestandsmodelle, also die Gixxer ab dem 1. Januar 2025. Doch selbst die 2022 noch "aktuellen" GSX-R 1000 Modelle (L7, L8, L9, M0, M1) liefen noch in der Euro-4-Norm, und Suzuki hat der GSX-R kein Euro-5-Update verpasst. Die Neuausrichtung des Unternehmens auf eine ressourcensparende Unternehmenspolitik sowie der Ausstieg aus dem Motorrad-Straßenrennsport sprechen eine deutliche Sprache. Der "Kilo-Gixxer" blüht demnach das gleiche Schicksal wie der 600er- und 750er-GSX-R, die ebenfalls aufgrund von Emissionsvorschriften vom europäischen Markt verschwunden sind.
Letzter Hoffnungsschimmer?
In der Theorie scheint es zumindest, dass die Entwicklungsabteilung von Suzuki mit der aktuellen GSX-R einen weiterführenden Plan hatte. Sie ist das momentan einzige japanische Sportmotorrad, das über eine variable Ventilsteuerung verfügt. Die Ventile des 1000er-Motors werden mechanisch per Zentrifugalkraft gesteuert. Dadurch bekommt die GSX-R, vor allem im mittleren Drehzahlbereich, immer genügend Drehmoment. Während der Entwicklung der L7 war schon bekannt, dass Euro 5 ab 2020 verpflichtend sein wird – und vieles deutet darauf hin, dass die GSX-R im Zuge der Euro-5-Vorschrift dorthin gehend optimiert werden sollte. Doch die bereits erwähnte Neuausrichtung des Unternehmens wird der ausschlaggebende Punkt für das immer lauter schleichende Aus der vierzylindrigen Supersportler von Suzuki.
Fazit
Es ist zum Heulen: Ab 2023 wird die Mutter aller Superbikes in Europa nicht mehr neu erhältlich sein. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt, ein Ende bedeutet oft einen Neuanfang. Doch leider wurde Mitte 2024 bekannt, dass Suzuki selbst im Heimatland Japan die große Gixxer einstellen wird. © Motorrad-Online
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