Die legendäre britische Sportwagenmarke TVR feierte 2017 mit einem ersten neuen Modell ihr Comeback. Geburtshilfe leisteten dabei Ex-F1-Designer Gordon Murray und Cosworth. Der neue TVR heißt wieder Griffith, ist wieder puristisch und leistet 507 PS. Sieben Jahre später ist der Start immer noch nicht in Sicht. Jetzt gibt es neue Probleme.

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Lange war es reichlich still um die Marke TVR. Auf verschiedene Besitzerwechsel folgten immer wieder neue Ankündigungen, aber eben keine neuen Autos. Mitte 2015 hatten sich die Briten wieder zu Wort gemeldet und das Comeback für 2017 angekündigt. Auf dem Goodwood Revival Festival 2017 hatte der neue TVR seine Premiere gefeiert.

TVR ohne Produktionsstandort

Die Geschichte des neuen TVR Grifftih startete bereits zur Weihnachtszeit 2015. Da hatten die Briten ein erstes Teaserbild an potentielle Kunden verschickt, es folgten diverse weitere Teaser. Sie zeigen einen Sportwagen mit Sidepipes und markanten Entlüftungskiemen in den Flanken, den Schaltknauf eines manuellen Getriebes oder eben eine markante Front mit konturierter Motorhaube. Und wo wird der neue TVR nun gebaut? In Wales, genauer in Ebbw Vale unweit von Newport. Das war zumindest bislang der Plan. Schon der ehemalige TVR-Besitzer Nikolai Smolensky hatte über ein Werk in Wales nachgedacht. Die walisische Regierung kaufte die Anlage in Ebbw Vale bereits im Jahr 2017 und nach einer Renovierung war geplant, die Schlüssel an TVR für die Produktion des Griffith zu übergeben. Ende 2023 waren allerdings die Exklusiv-Rechte für TVR zur Anmietung des Objekts ausgelaufen, ohne dass der Sportwagenbauer die Option gezogen hätte. Seither versucht die walisische Regierung die Anlage auf dem freien Markt zur Miete anzubieten. Bislang allerdings erfolglos. Autobauer TVR hat zwischenzeitlich ein neues Entwicklungszentrum am Thruxton Circuit angekündigt, das die derzeitigen Einrichtungen von TVR in Surrey ersetzen soll.

Ein Zeitplan für einen möglichen Umzug wurde nicht genannt. Das gescheiterte walisische Fabrikprojekt könnte unterdessen den walisischen Steuerzahler möglicherweise mehrere Millionen Pfund kosten. Für den Kauf wendete die walisische Regierung 4,75 Millionen Pfund (5,65 Millionen Euro) auf, weitere 7,6 Millionen Pfund (rund 9 Millionen Euro) flossen in die Renovierung. Den Marktwert der Anlage wird aktuell auf 7,5 Millionen Pfund (rund 8,9 Millionen Euro) beziffert. Der Nettoverlust für Wales würde von 4,85 Millionen Pfund (rund 5,8 Millionen Euro) betragen.

In Frage steht mittlerweile auch, ob TVR wie ursprünglich geplant die iStream-Technologie von Gordon Murray für den Griffith nutzen kann, nachdem Gordon Murray Technologies Anfang dieses Jahres an die Investmentgruppe CYVN Holdings aus Abu Dhabi verkauft wurde. Damit dürfte sich der mögliche Neustart bei TVR weiter auf ungewisse Zeit verzögern.

TVR setzt auf Cosworth-Power und Murray-Design

TVR-Besitzer Les Edgar, der sein Vermögen mit Computerspielen gemacht hat, hat sich für die Wiederauferstehung der von ihm 2013 übernommenen Sportwagenmarke TVR kompetente Partner ins Boot geholt. Das Design und das technische Konzept für die neuen Modelle steuern der Ex-Formel 1-Designer Gordon Murray mit seinem Team bei. Es bleibt beim Zweisitzer mit Frontmotor, 6-Gang-Handschaltung und Hinterradantrieb. Üppiges Spoilerwerk gibt es nicht, der Griffith ist als Ground-Effekt-Auto gezeichnet. Es bleibt auch beim traditionell geringen Elektronikeinsatz. Viel mehr als ein ABS und eine einstellbare Traktionskontrolle gibt es nicht an Bord des TVR. Dafür aber Sidepipes und LED-Scheinwerfer und Rückleuchten. Der neue TVR fällt dabei ziemlich kompakt aus. Er ist nur 4,31 Meter lang, 1,24 Meter hoch und 1,85 Meter breit. Der Radstand des Zweisitzers wird mit 2,60 Meter angegeben.

Die Motorpower liefert Cosworth zu. Die haben einen von Ford stammenden Fünfliter-V8-Saugmotor mit Trockensumpfschmierung aus dem Mustang überarbeitet und auf 507 PS gebracht. Ein maximales Drehmoment wird nicht genannt. Geschaltet wird per manuellem Sechsganggetriebe von Tremec. Diese Kombi soll den TVR in knapp 4 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen und eine Höchstgeschwindigkeit von über 322 km/h ermöglichen. Beim Leistungsgewicht soll er alle direkten Konkurrenten deutlich schlagen.

Aber TVR plant auch schon mit einer Elektroantriebsvariante. Dazu haben die Briten mit dem Lithium-Spezialisten Ensorcia Metals Company einen Deal geschlossen. Detaillierte Angaben zu einem möglichen EV-Antrieb gibt es aber nicht.

Unter dem Karosseriekleid aus Verbundmaterial und Aluminium setzen die rund 1.250 kg schweren TVR-Modelle – die Gewichtsverteilung liegt bei 50:50 – auf ein Gitterrohrgeflecht aus Stahl und Aluminium mit Einzelradaufhängungen. Hier kommt das von Murray entwickelte iStream-Modulsystem – Stahlrohrrahmen in Kombination mit Composite-Sandwich-Modulen – zur Anwendung. Das Fahrwerk ist komplett einstellbar, die Lenkung arbeitet mit elektrischer Servounterstützung. Bei der Bremsanlage setzt TVR auf Sechskolbenzangen und 370er-Scheiben an der Vorderachse sowie Vierkolbenzangen und 350er-Scheiben hinten. Den Fahrbahnkontakt halten 19 Zoll große Felgen vorn mit 235/35er-Pneus. Hinten setzt der Griffith auf 20 Zöller mit 275/30er-Reifen.

Zum Marktstart soll vom neuen TVR eine Sonderserie mit Kohlefaserkarosserie aufgelegt werden, die Serienmodelle tragen hingegen ein Karosseriekleid aus GFK. Die hochwertigeren Bodypanels sollen aber nachrüstbar sein. In den kommenden zehn Jahren sollen insgesamt vier neue Modelle aufgelegt werden.

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Produktionsstart für den TVR Griffith verschiebt sich weiter

Für den ersten neuen TVR, der als Coupé und als Cabrio kommt, sollen schon rund 400 fixe Bestellungen vorliegen. Einem Teil der Käufer, die bereits 5.000 Pfund von den rund 90.000 Pfund Endpreis angezahlt haben, wurde der neue TVR bereits hinter verborgenen Türen präsentiert. Zum Start wird es zudem eine auf 500 Exemplare limitierte Launch Edition mit Sonderfelgen, Sonderlack, Volllederausstattung und speziellem Infotainmentsystem geben.

Produziert werden sollte der neue Griffith ab Ende 2018. Daraus wurde allerdings nichts. Zum Produktionsstart sollten die alten Werkshallen in Wales modernisiert werden. Die entsprechende Arbeiten konnten aber lange nicht anlaufen. Der Grund dafür war bürokratischer Natur. Weil das Land Wales drei Prozent der Anteile an TVR hält, mussten die Werksumbauten nach EU-Recht europaweit ausgeschrieben werden. Das sorgte für Verzögerungen. Als Produktionsstart für den neuen TVR wurde in Folge Ende 2021 genannt. Die ersten Autos an Kunden sollten 2022 ausgeliefert werden. Im November 2021 verschob TVR den Griffith-Start erneut. Man sprach von ersten Kundenauslieferungen im Jahr 2023. Mit dem möglichen Wegfall der Produktionsanlagen scheint die Zukunft des TVR rund sieben Jahre nach der Premiere völlig ungewiss.  © auto motor und sport

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