Seit Anfang April ist das Kiffen in Deutschland unter bestimmten Auflagen legal. Doch viele Bereiche sind bisher noch nicht klar geregelt - etwa, was im Straßenverkehr gilt. Das soll sich jetzt ändern.
Eineinhalb Monate nach der begrenzten Freigabe von Cannabis für Erwachsene kommen noch zugesagte Änderungen und Ergänzungen in Sicht. Dazu gehören ein Grenzwert für Autofahrer, ein Alkoholverbot am Steuer bei Cannabiskonsum, Regeln für Fahranfänger und neue Bestimmungen für die ab Juli möglichen Cannabis-Anbauvereine. Verhindert werden soll damit unter anderem, dass große Plantagen entstehen. Dazu sollen das erst seit April geltende Cannabis-Gesetz und mehrere Vorschriften im Straßenverkehrsrecht geändert werden.
Hintergrund ist, dass die Länder die Cannabis-Legalisierung nur mit großen Bauchschmerzen im Bundesrat passieren ließen. Die Bundesregierung sagte ihnen dafür noch nachträgliche Änderungen zu. Die Neuregelungen im Verkehr hatte der Bund bereits zuvor angepeilt, die entsprechenden Gesetzentwürfe der Koalition sollten in der Nacht zu Freitag zur ersten Beratung in den Bundestag eingebracht werden. Vorgesehen ist Folgendes.
Grenzwert für Autofahrer
Ähnlich der 0,5-Promille-Marke beim Alkohol soll auch bei Cannabis ein Grenzwert kommen. Bisher reicht schon der bloße Nachweis des Wirkstoffes für Geldbußen oder Punkte in Flensburg, etabliert hatte sich in der Rechtsprechung ein niedriger Wert von 1 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC - der berauschende Wirkstoff) je Milliliter Blut. Künftig soll die Grenze bei 3,5 Nanogramm liegen. Wer dann noch Auto fährt, der riskiert laut der im Entwurf vorgesehenen Änderung des Bußgeldkatalogs in der Regel 500 Euro und einen Monat Fahrverbot. Die Bußgelder können aber auch noch höher ausfallen. Der Entwurf nennt einen Rahmen bis 3.000 Euro.
Vergleichbar mit 0,2 Promille Alkohol im Blut
Ab dem Wert von 3,5 Nanogramm "ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend, aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab welcher ein allgemeines Unfallrisiko beginnt", heißt es. Der Grenzwert soll nicht für Menschen gelten, die Cannabis wegen einer Krankheit verschrieben bekommen und konsumieren.
Lesen Sie auch
Wie viele Züge an einem Joint zu einer THC-Konzentration in dieser Höhe führen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Im Entwurf wird davon ausgegangen, dass die Verkehrsbeeinträchtigung bei 3,5 Nanogramm bei Gelegenheitskonsumenten ungefähr der entspricht, die jemand mit 0,2 Promille Alkohol im Blut hat. Kontrolliert werden soll - soweit verfügbar, wie es heißt - mit Speicheltests.
Mischkonsum am Steuer tabu – Verbot für Fahranfänger
Eingeführt werden soll ein Alkoholverbot für Cannabiskonsumenten. Wer am Joint zieht und dazu Bier trinkt, sollte das Auto lieber stehen lassen. Wird die 3,5-Nanogramm-Grenze erreicht und zusätzlich Alkohol nachgewiesen, drohen laut Entwurf in der Regel 1.000 Euro und ein Monat Fahrverbot, der Bußgeldrahmen reicht dann sogar bis 5.000 Euro. Dadurch solle der "besonderen Gefährdung durch Mischkonsum von Cannabis und Alkohol" Rechnung getragen werden.
Die Leiterin der Unfallforschung der Versicherer, Kirstin Zeidler, begrüßte das Verbot, warnte aber, es nicht konsequent umzusetzen. "Wir finden: Wer gleichzeitig kifft und trinkt, darf nicht mehr Auto fahren." Laut Entwurf könnten Verkehrsteilnehmer aber mit bis zu 3,5 Nanogramm THC im Blut – also unter dem Grenzwert – weiterhin bis zu 0,5 Promille Alkohol haben und sich dennoch ans Steuer setzen, erläuterte Zeidler.
Für Fahranfänger in der Probezeit und Führerscheinbesitzer unter 21 Jahre soll es den Gesetzesplänen zufolge wie schon bei Alkohol ein Cannabis-Verbot geben. Es droht neben dem Punkt in Flensburg in der Regel ein Bußgeld von 250 Euro.
Plantagen-Verbot, Weiterbildung und mehr Evaluation
Neben den verkehrsrechtlichen Anpassungen sollen die Regeln für die ab Sommer möglichen Cannabis-Vereine und weitere Details geändert werden. Ab dem 1. Juli darf die Droge laut Cannabis-Gesetz in speziellen Vereinen gemeinschaftlich angebaut und an Vereinsmitglieder abgegeben werden. Um der Sorge entgegenzutreten, dass plantagenartige Anbauflächen entstehen, sieht der Gesetzentwurf vor, dass Behörden Vereinen die Genehmigung verweigern dürfen, wenn deren Anbauflächen oder Gewächshäuser "in einem baulichen Verbund" stehen oder dicht beieinander sind. Zudem werden die Vorgaben für die Behörden vor Ort etwas gelockert: Statt, wie aktuell noch vorgegeben, die Anbauvereine einmal jährlich zu kontrollieren, heißt es nun, dies solle "regelmäßig" geschehen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird dem Entwurf zufolge künftig außerdem Weiterbildungen für Suchtpräventionsberater anbieten und die Evaluation des Cannabis-Gesetzes wird ausgeweitet. So soll das umstrittene Gesetz von "unabhängigen Dritten" nicht nur daraufhin untersucht werden, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz und das Konsumverhalten von Kindern und Jugendlichen auswirkt, sondern auch daraufhin, ob die festgelegten Mengen für den privaten Cannabis-Besitz und die Weitergabemengen der Anbauvereine die richtige Größenordnung haben. (dpa/tar)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.