Es gibt ihn wirklich, diesen Zweitakt-Boxer-Motor mit zwei luftgekühlten Zylindern. MOTORRAD hat die erstaunlichen Eckdaten, technische Details und Hintergründe. Die Spurensuche führt bis in die 1940er-Jahre zurück – zu BMW.
Zweizylinder-Boxer-Motoren sind seit über 100 Jahren das typischste und offensichtliche Merkmal der Motorräder von BMW. Die zwei exponierten Zylinder sind für Luftkühlung geradezu ideal, trotzdem stellte BMW ab 2013 teilweise auf Wasserkühlung um. Außerdem funktionieren die Motoren von BMW allesamt nach dem Viertakt-Prinzip. Beim hier vorgestellten Zweitakt-Boxer handelt es sich also nicht um einen bayerischen. Überraschende Zusammenhänge gibt es dennoch.
Video: Zweitakt-Boxer Zenoah G800BPU
Zweitakt-Boxer-Motor von Zenoah aus Japan
Zenoah ist ein Motoren-Hersteller aus Japan und hat diverse Einbau-Triebwerke für verschiedene Verwendungszwecke im Sortiment. Unter anderem den Zenoah G800BPU, einen luftgekühlten Zweizylinder-Zweitakt-Boxer. Laut Zenoah ist dieser Motor für Modellbau-Projekte konzipiert, insbesondere für ferngesteuerte Flugzeuge und Hubschrauber. Circa 20 Zentimeter lang und hoch sowie circa 25 Zentimeter breit, mit Propeller-Aufnahme direkt zwischen den zwei Zylindern.
Zenoah G800BPU mit 80 Kubik und 8 PS
Dementsprechend sind die Eckdaten des Zenoah G800BPU einzuordnen: 80 Kubik und rund 8 PS (5,5 kW) Spitzenleistung bei schrillen 10.000 Kurbelwellenumdrehungen pro Minute. Wobei in den beiden Brennräumen bei jeder Umdrehung jeweils gleichzeitig gezündet wird. Also nicht wie bei der großen Verwandtschaft von BMW im Viertakt abwechselnd links oder rechts. Für den kleinen Zweitakt-Boxer genügt ein zentraler Vergaser von Walbro, und die zwei Schalldämpfer sind direkt unten an die Zylinder geschraubt. Je nach Modellbau-Projekt und Umgebung kann der Zweitakt-Boxer auch ohne die Schalldämpfer losbrummen – oder eher loskreischen.
Klassischer Zweitakter mit Vergaser, Choke und Mischung
Zum Starten des Zenoah G800BPU ist zuerst ganz klassisch ein Kaltstart-Chokehebel zu ziehen und dann der Propeller des Modellbau-Fluggeräts zu drehen. Genauer: rückwärts zu drehen, um die Feder im Startmechanismus aufzuziehen. Dann loslassen – Zenoah empfiehlt dicke Handschuhe, und der Boxer zündet in zwei Takten. Er verbrennt zweitakttypische Mischung mit Schmieröl im Benzin, Verhältnis 1:25 bis 1:40. Ein Getriebe ist nicht vorhanden und für die genannten Verwendungszwecke nicht erforderlich. So fällt der kleine Zweitakt-Boxer extrem leicht aus und wiegt laut Zenoah nur 3,5 Kilogramm.
3,5 Kilo Zweitakt-Boxer für unter 1.000 Euro
Erhältlich ist der Zweitakt-Boxer, Typ Zenoah G800BPU weltweit, sowohl im Modellbau-Fachhandel als auch in Online-Shops. Aktuell (Sommer 2024) ist er ab circa 800 bis 1.000 Euro im Angebot. Hinzu kommen allerdings, je nach Anbieter und Land, relativ hohe Versandkosten, in manchen Fällen über 200 Euro. Eine Straßenzulassung liegt für den 80-Kubik-Zweitakter natürlich nicht vor, dennoch kommt der kleine Boxer auch als originelles Herzstück für Eigenbau-Mini-Bikes infrage.
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BMW R 10 und MZ BK 350 mit Zweitakt-Zweizylinder-Boxer-Motor
Apropos Boxer und BMW: Tatsächlich ist in der über 100-jährigen BMW-Historie auch ein kleiner Zweitakt-Boxer versteckt. 1947 wurde die BMW R 10 als Prototyp bekannt, angetrieben von einem luftgekühlten Zweitakt-Zweizylinder-Boxer-Motor mit 120 Kubik und 5 PS bei 4.500/min. Doch 1948 stoppte BMW die Entwicklung dieses Projekts, die R 10 ging nicht in Serie. In den 1950er-Jahren gab es in der damaligen DDR die IFA/MZ BK 350 mit luftgekühltem Zweitakt-Zweizylinder-Boxer-Motor, knapp 350 Kubik und 15 bis 17 PS.
Fazit
Den Zweitakt-Boxer gibt es wirklich. Zwar nicht von BMW aus Bayern – wo in den 1940er-Jahren die BMW R 10 mit Zweitakt-Boxer nicht zur Serienreife fertig entwickelt wurde – sondern von Zenoah aus Japan. Beim Zenoah G800BPU handelt es sich um ein Einbau-Triebwerk für Modellbau-Zwecke, insbesondere für ferngesteuerte Flugzeuge und Hubschrauber. Der kleine Zweitakt-Boxer ist luftgekühlt, hat 80 Kubik Hubraum und bringt es bei 10.000/min immerhin auf rund 8 PS. Je nach Angebot gibt’s den Zenoah G800BPU ab unter 1.000 Euro. © Motorrad-Online
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