Cuptertino/Paderborn (dpa) - Manchmal fällt der dritte Schritt viel schwerer als die beiden ersten. So erging es Anfang der 80er Jahre dem damals noch jungen Start-up Apple Computer. Den ersten halbwegs brauchbaren Heimcomputer, den Apple I, hatte Mitbegründer Steve Wozniak schon 1976 entwickelt.
Mit dem Apple II wurde das Unternehmen dann aus dem Stand aus der Garage der Eltern von Steve Jobs heraus auch kommerziell erfolgreich. Die Verkaufszahlen stiegen rasant: von 2500 Geräten im Jahr 1977 auf 210 000 im Jahr 1981. Einen Nachfolger für den ersten Megaerfolg von Apple zu finden, erwies sich jedoch als große Herausforderung. Erst am 19. Januar 1983, vor 35 Jahren, konnte Steve Jobs den Rechner Lisa ankündigen, der den Erfolg des Apple II fortschreiben sollte. Doch es kam dann ganz anders.
Zunächst hatte Steve Jobs auf die Entwicklung eines Apple III gesetzt, der sich vom Vorgängermodell Apple II gar nicht so sehr unterscheiden sollte. 80 statt 40 Zeichen pro Bildschirmzeile, mehr Speicher, kleinere Verbesserungen im Detail, aber kein großer Wurf. Es zeichnete sich dann schnell ab, dass dieser mit Tastatureingaben gesteuerte Computer die PC-Revolution nicht wirklich vorantreiben konnte.
Der Meinungsumschwung bei Steve Jobs wurde vor allem durch mehrere Besuche 1979 im legendären kalifornischen Forschungszentrum Xerox PARC im benachbarten Palo Alto ausgelöst: "Ich war total geblendet von dem ersten Ding, das sie mir zeigten: die grafische Bedienoberfläche. Ich dachte, das ist das beste Ding, was mir je in meinem Leben unter die Augen gekommen ist", sagte Jobs 1995 in einem TV-Interview.
Im Xerox PARC hatte Jobs quasi die Erleuchtung gesehen. Nun wollte er auch bei Apple einen Computer bauen, der kinderleicht mit einer Maus zu bedienen war. Den Eintritt in das Forschungszentrum hatte sich Apple durch einen Aktiendeal erkauft: Xerox durfte noch vor dem Börsengang von Apple 100 000 Aktien des Start-up-Unternehmens für den Schnäppchenpreis von einer Millionen Dollar kaufen. Den Xerox-Managern dämmerte allerdings erst zehn Jahre später, dass sie Apple das geistige Eigentum ihrer Forscher im PARC für ein Taschengeld auf dem Silbertablett serviert hatten. Eine Schadenersatzklage gegen Apple hatte dann aber vor Gericht keinen Erfolg.
Apple unternahm unterdessen 1983 mit Lisa den ersten Versuch, die grafische Bedienoberfläche auf dem Massenmarkt einzuführen. In Anzeigen wurde der Rechner als "Maserati für Ihr Gehirn" beworben. "Lisa war der erste kommerziell vertriebene Computer, der über eine Maus und die für uns heute selbstverständliche Benutzeroberfläche mit Fenstern und Symbolen verfügte", sagt Andreas Stolte von Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn. "Zuvor mussten die Nutzer komplizierte Befehlszeilen eintippen, um den Computer auf Trab zu halten. So vereinfachte der nach Jobs Tochter benannte Computer die Bedienung enorm."
Apple wollte die Kunden mit sieben Büro- und Grafikprogrammen und dem damals beachtlichen Arbeitsspeicher von einem Megabyte für Lisa gewinnen. Allerdings war der Preis viel zu hoch, um die vielen Interessenten in Scharen tatsächlich zum Kauf zu bewegen. In den USA kostete der Computer knapp 10 000 Dollar, in Deutschland waren das rund 30 000 DM. Nicht einmal 30 000 Stück wurden verkauft.
Im April 1985 zog Apple die Reißleine und stoppte die Produktion. Unverkäufliche 2700 Exemplare wurden heimlich auf einer Müllkippe in Utah vergraben. Das Prinzip der grafischen Bedienoberfläche landete aber nicht auf dem Müll der Computer-Geschichte, sondern setzte sich auf breiter Fläche durch. Im Januar 1984 brachte Apple dann den ersten Macintosh auf den Markt, der nicht so teuer wie Lisa war und sich nach einer schwierigen Startphase dann besser verkaufte. Im November 1985 lieferte Microsoft eine erste Version von Windows ebenfalls mit grafischer Benutzeroberfläche aus.
Die ersten kommerziellen Erfolge der Ära nach dem Apple II erlebte Steve Jobs aber nicht mehr in dem von ihm mitbegründeten Unternehmen. Im September 1985 wurde er in einem regelrechten Showdown mit dem damaligen Apple-CEO John Sculley vom Aufsichtsrat dazu gedrängt, die Firma zu verlassen. Erst im Dezember 1996 kehrte Steve Jobs dann als Retter wieder zu Apple zurück, nachdem sich das Unternehmen zuvor durch eine Serie von Fehlentscheidungen in eine Nische manövriert hatte.
In der Sonderausstellung "Digging Deep" (23. Februar bis zum 5. August 2018) im Heinz Nixdorf MuseumsForum sind neben Apple Lisa und anderen Flops auch Kostbarkeiten wie seltene Rechenscheiben aus dem 19. Jahrhundert oder aufwendig verzierte Registrierkassen ausgestellt. Aber auch bei uns kaum bekannte Rechner aus dem Osten und frühe Homecomputer sind dort zu sehen und stehen teilweise zum Spielen bereit. © dpa
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