Mit Milliarden finanzierte Start-ups haben Investoren lange Zeit fasziniert – doch spätestens mit dem Fall von WeWork landen die Einhörner auf dem Boden der Realität.
Einhörner haben magische Fähigkeiten: Die pferdeähnlichen Fabelwesen können mit ihrem Horn Löwen besiegen, Kranke heilen und sogar Tote wiederbeleben. Leider nur in unserer Fantasie.
Start-up WeWork hatte zu viel Fantasie
Damit haben sie etwas gemein mit ihren Pendants in der Start-up-Welt: Jenen Jungunternehmen mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Dollar, die in der Fachwelt als Einhorn bezeichnet werden. Auch sie erscheinen oft wundersamer, als sie sind.
Jüngstes Beispiel ist der Bürovermieter WeWork ("The We Company"), dessen CEO Adam Neumann diese Woche zurücktreten musste. Allzu größenwahnsinnig wirkten seine Versprechungen vor dem geplanten Börsengang. Den Investor*innen war angesichts des verlustreichen Geschäftsmodells von WeWork zu viel Fantasie im Spiel, der Börsengang platzte, Neumann war nicht länger haltbar.
Eine ähnliche Entzauberung ließ sich bereits beim Fahrdienstvermittler Uber und dessen Ex-Chef Travis Kalanick beobachten. Einst vom Silicon Valley als Visionär gefeiert und mit Geld überschüttet, fiel er bald wegen seiner Exzentrik und Vorwürfen sexueller Belästigung in Ungnade.
Weniger Storytelling, mehr Ergebnis
Vielleicht führen diese Ereignisse ja dazu, dass Start-ups wieder etwas ehrlicher kommunizieren, was sie eigentlich tun und das fabelhafte Storytelling herunterfahren.
Es könnte der Beginn einer Phase sein, in der Gründer*innen nicht mehr versprechen, die Welt zu retten oder auf den Mars zu expandieren, sondern mit ihren Dienstleistungen Geld zu verdienen. Denn, so schreibt es das US-Magazin "The Atlantic": Magie braucht es am Anfang. Am Ende zählt das Ergebnis.
Digital Good Life: Geht da was?
Das moderne Gänseblümchen wächst virtuell im Smartphone. "Sie liebt mich, sie liebt mich nicht", dieses Spiel haben die Generation Y und die iGen vermutlich nicht mehr kennengelernt.
Denn heute geht man anders um mit dem Management der eigenen emotionalen Unsicherheit. Ist sie doch – für weniger romantisch veranlagte Menschen – auch nicht mehr als ein Zustand der asymmetrischen Informationsversorgung auf dem Markt der Gefühle.
Wo die menschliche Intelligenz gelegentlich aussetzt, da kann die künstliche Intelligenz helfen. In den vergangenen Tagen haben einige Apps das Licht der Welt auf sich gezogen, die als "Beziehungsassistenten" helfen sollen, die Informationsasymmetrien in menschlichen Verbindungen auszugleichen.
Die App, dein Beziehungshelfer
Am interessantesten ist vielleicht die kostenpflichtige App "Mei" (Die intelligente Messaging-App für eine bessere Beziehung) der gleichnamigen Firma mit Sitz in New York. Die eingebaute KI lässt ihre Nutzer*innen wissen, wer ein Beziehungsmatch sein und wie sehr eine andere Person an Kontakten interessiert sein könnte, die über den Austausch von Textnachrichten hinausgehen.
"Mei" muss mindestens 1.000 Worte einer WhatsApp-Kommunikation analysieren, um sagen zu können: "Da geht was!" Kleiner Appetizer vorweg: Wer schreibt "ich vermisse dich", ist nach Ansicht der KI offenkundig emotional involviert. Auf romantische Gefühle verweist auch der häufige Gebrauch der Worte "Nacht" und "Traum".
Allerdings kommt es, wie so oft im Leben, auf den Kontext an. Wer schon mal die halbe NACHT auf Tinder verbracht hat, um von potentiellen Kandidat*innen so aussagekräftige Nachrichten zu bekommen, wie "Hey, wie geht’s, wie war dein Tag", der weiß um den gelegentlichen AlbTRAUM der Banalität von Beziehungsanbahnungen.
Podcast der Woche: Leidet Deutschland unter Technophobie?
Die Deutschen gelten als technikfeindlich. Stimmt das überhaupt? Milena Merten und Daniel Rettig haben sich die wichtigsten Studien angeschaut, die die Einstellung der Deutschen zu Digitalisierung und Innovation untersuchen – und festgestellt: Technologieskepsis ist ein globales menschliches Phänomen. Im Podcast sprechen sie darüber, was man dagegen tun kann.
Hier geht's zum ada-Podcast: Leidet Deutschland unter Technophobie?
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