- Die EU will schon seit 2009 wegen Umweltschutz und mehr Benutzerfreundlichkeit ein einheitliches Ladegerät für Handys einführen. Bislang wurde auf freiwillige Übereinkünfte gesetzt.
- Der US-Konzern Apple ist jedoch nicht gewillt, sein iPhone auf den neuen Standard USB-C umzustellen und hält an seinem eigenen Anschluss fest.
- Nun wurde seitens der EU ein neuer Richtlinienentwurf hierfür verabschiedet. Was der bisherige Stand ist und weshalb Apple sich gegen diese Entwicklung stellt.
Im Jahr 2009 hatte sich das Handy längst im Alltag vieler Menschen in Europa eingebürgert. Es zeichnete sich hierbei auch eine neue Entwicklung ab: Der Markt bewegte sich von klassischen Handys, die hauptsächlich für Telefonate gedacht waren, hin zu sogenannten Smartphones, die immer mehr Funktionen wie bei einem Computer besaßen. Jeder zehnte Bewohner der EU besaß bereits ein solches Gerät – dass deren Anteil in den nächsten Jahren deutlich ansteigen würde, war absehbar.
Da damals jeder Hersteller einen speziellen Stecker für seine Produkte besaß, befanden sich auf dem Markt um die 30 verschiedenen Arten von Ladegeräten. Untereinander waren diese meist nicht kompatibel – in den Haushalten sammelte sich so eine ganze Reihe verschiedener Kabel an. Die EU besaß daher Interesse daran, auf der Basis von Micro-USB ein einheitliches Ladegerät zu schaffen, um den bisherigen Kabelsalat in Haushalten auszudünnen.
Im Juni 2009 unterzeichneten mehrere Mobiltelefon-Hersteller, darunter die Marktführer Apple, Nokia und Samsung, eine gemeinsame Absichtserklärung und bald stellte sich der Erfolg ein: Bereits zwei Jahre später ließen sich die meisten Handys über Micro-USB-Anschlüssen laden. In die Absichtserklärung wurde damals allerdings eine Passage eingefügt, die hierbei Ausnahmen ermöglichte: So war es Unternehmen erlaubt, eigene Kabel für das Ladegerät zu verwenden, wenn ein entsprechender Adapter dafür angeboten wird.
Apple geht seinen eigenen Weg
Es sollte sich aber zeigen, dass Micro-USB dem raschen technischen Fortschritt nicht zwingend gewachsen war. So wurden die Displays der Geräte rasch größer und die Prozessoren leistungsfähiger, wodurch auch die Akkus größere Kapazität benötigten. Dadurch waren nun aber höhere Ladeleistungen gefragt.
Um sich den veränderten Gegebenheiten anzupassen, brachte Apple 2012 mit Lightning seinen eigenen Anschluss für das neue iPhone 5 auf den Markt. Damit konnte der Konzern nun z. B. auch besonders flache Geräte wasserdicht bauen, was mit dem bisherigen Micro-USB schwer geworden wäre. Lightning wird seitdem in allen weiteren auf den Markt gebrachten iPhones verbaut – schätzungsweise bisher in gut einer Milliarde Geräte.
Mit dem Ausscheren eines führenden Unternehmens war die bisherigen Idee eines einheitlichen Ladegeräts wieder in die Ferne gerückt. Apple wird gerne unterstellt, Vereinheitlichungsbestrebungen von Anfang an nur halbherzig unterstützt zu haben und auf die Ausnahmeregelung gesetzt zu haben.
Allerdings gab es auch auf der Gegenseite Verfehlungen: Apple hatte angesichts der damaligen Schwierigkeiten mit Micro-USB bereits früh auf einen neuen Stecker gedrängt, von den Verantwortlichen wurde auf diesen Vorstoß allerdings sehr zurückhaltend reagiert, sodass man im Hause Apple dazu überging, selbst an einer Lösung zu arbeiten.
Dennoch konnte das bisher Erreichte als Erfolg gewertet werden: Vom früheren Chaos verschiedener Ladelösungen waren nun nur noch drei übrig geblieben. Eine deutliche Verbesserung hinsichtlich Benutzerfreundlichkeit.
Die EU steuert auf eine verpflichtende Lösung zu
Nachdem das Thema dann wieder in den Hintergrund geraten war, kam es 2014 erneut auf den Tisch. 2016 seien laut einem EU-Beamten fast alle Smartphone-Hersteller dazu bereit gewesen, sich auf das Lightning ähnliche USB-C als neuen Standard zu verpflichten. Erst im Januar 2020 nahm das Europäische Parlament dann aber eine Entschließung dazu an.
Nun wurde von der Kommission eine rasche Einführung eines Standards für Handys und ähnliche Geräte gefordert. Auch sollten diese fortan ohne beiliegende Netzteile ausgeliefert werden. Von Seiten der EU erhofft man sich damit nicht nur mehr Verbraucherfreundlichkeit zu schaffen, sondern auch die bisherige Menge an Elektroschrott deutlich zu vermindern.
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Im Oktober 2021 erfolgte dann die Herausgabe eines Entwurfs dafür, wie die bisherige Richtlinie 2014/53/EU (in Deutschland als "Funkanlagengesetz" bekannt) entsprechend abzuändern sei, um die gesetzten Ziele zu verwirklichen. Dies muss nun nur noch vom EU-Parlament beschlossen werden.
Was hat Apple gegen eine Vereinheitlichung von Ladegeräten?
Gegen eine Änderung der bestehenden Richtlinie haben sich Apple sowie der Industrieverband Digitaleurope, eine in Brüssel ansässige Lobbyorganisation großer Elektrounternehmen, ausgesprochen. Apple selbst argumentiert, dass es alle seine Geräte umbauen müsste und dies wiederum zu neuem Elektroschrott führen würde.
Der Lightning-Anschluss ist nämlich ein wenig kleiner als USB-C, womit das Produktdesign entsprechend angepasst werden müsste. Die Frage wäre auch, ob der US-Konzern sämtliche Geräte umrüsten würde oder eine Variante speziell für den europäischen Markt entwickeln würde. Auch wird angeführt, dass eine verpflichtende Regelung hinderlich für Innovationen sei.
Man kann davon ausgehen, dass mit einer solchen Regelung allerdings auch neue Fragen aufkommen könnten: Wie würde es etwa mit der Haftung bei Schäden aussehen? Apple stellt sein Zubehör bislang entweder selbst her oder vergibt Lizenzen an andere Hersteller über das Programm Programm "Made for iPhone/iPad". Damit wird die Kompatibilität sichergestellt.
Bei einem einheitlichen Ladegerät könnte man fortan aber das iPhone auch mit einem beliebigen Gerät (auch Billigproduktionen) laden. Es ist anzunehmen, dass Apple deshalb an seinem eigenen Anschluss festhalten will, damit dadurch gar nicht erst Schäden entstehen, für welche am Ende das Unternehmen selbst haftbar gemacht werden könnte.
Ein wesentlicher Punkt aber dürfte dennoch der Umsatz sein: Es ist eine alte Weisheit, dass man nichts abschafft, woran man bislang gut verdient. So sind Besitzer des iPhones derzeit darauf angewiesen, das Ladekabel von Apple zu benutzen, was eine gute Einnahmequelle darstellt.
Lightning wurde zudem patentiert und schafft durch die Lizenzvergabe weitere Einnahmen. Somit dürfte Apple mit einer Umstellung auf den USB-C-Standard eben auch den Wegfall zweier guter Einnahmequellen sehen. Gut ein Fünftel der in Europa verkauften Handys sind heute bereits iPhones.
Grundsätzlich muss natürlich die Frage gestellt werden, wie pragmatisch solche Festlegungen am Ende sind. Die Mühlen in Brüssel mahlen bekanntlich langsam und ehe entsprechende Richtlinien verabschiedet und dann auch umgesetzt sind, vergeht gewöhnlich viel Zeit, in der sich die Technik bereits weiterentwickelt hat und durch veraltete Festlegungen neue Probleme aufkommen können. So ist nicht absehbar, ob USB-C nicht in zehn Jahren bereits wiederum veraltet sein könnte und ein neuer, besserer Anschluss entwickelt wurde.
Verwendete Quellen:
- heise online: EU-Richtlinie für einheitliche USB-C-Netzteile
- netzpolitik.org: Warum alle Handys eine USB-C-Buchse kriegen sollen
- Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2014/53/EU über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt vom 23. September 2021
- netzpolitik.org: Umweltbonus durch einheitliche Handy-Ladegeräte
- c't 5/2020: Zank um Netzteilzwang. USB-C-Ladegeräte: Streit zwischen EU und Schmartphone-Herstellern, c't 5/2000, S. 14-15.
- Handelsblatt: EU-Parlament spricht sich für einheitliche Ladestandards für Handys aus
- macwelt.de: Kampf um EU-Richtlinie: Wie Apple seit Jahren einheitliche Ladekabel verhindert
- netzpolitik.org: Wie Apple uns seine Kabel aufzwingt
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