Es ist schon Internetzugang, Spielkonsole, Kamera und Navigationsgerät in einem. Künftig soll das Smartphone auch die Geldbörse ersetzen. Eventuell profitieren davon aber nicht nur Verbraucher.

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"Geben Sie die Geheimzahl bitte nochmal ein." "Haben Sie vielleicht zwei Cent?" Solche nervigen Sätze sollen an den Kassen von Aldi Nord bald der Vergangenheit angehören. In 2.400 Filialen der Discounter-Kette können Kunden künftig kontaktlos bezahlen. Beim sogenannten "Mobile Payment" könnten Verbraucher einfach ihr Smartphone benutzen, um große und kleine Beträge zu begleichen - ganz ohne Bargeld und Geheimzahl.

Die Zukunft ist noch nicht ganz da

Die Entscheidung des Discounters kommt einer kleinen Revolution gleich. Denn die technischen Voraussetzungen für die kontaktlose Bezahlung sind zwar schon lange geschaffen. Es gab aber nur wenige Geschäfte, welche die nötige Infrastruktur besaßen, um mobile Zahlungen zu empfangen.

In den meisten Fällen kommt beim Mobile Payment die Funktechnik NFC (Near Field Communication) zum Einsatz. Damit lassen sich zwar nur relativ kleine Datenmengen über kurze Distanzen von wenigen Zentimetern übertragen. Für das kontaktlose Bezahlen mit dem Smartphone ist dieser scheinbare Nachteil aber ideal, weil er für zusätzliche Sicherheit sorgt.

In aktuellen Smartphones gehört NFC heute schon fast zur Standardausstattung. Allerdings nicht bei den Kassen. "Die Marktdurchdringung von Kassenterminals mit Near Field Communication (NFC) liegt zurzeit bei etwa fünf Prozent", sagte Steffen von Blumröder vom IT-Verband Bitkom gegenüber der Deutschen Presse Agentur (dpa). "Da die Kassenterminals aber in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden, wird der Anteil in zwei bis drei Jahren deutlich höher sein."

Wo eine solche Kasse bereits steht, können Kunden zum Beispiel das System Mpass verwenden. Dabei kommt aber nicht das Smartphone zum Einsatz, sondern ein NFC-Sticker, der ans Mobiltelefon oder einen anderen Gegenstand geklebt wird. Darauf sind die Zahlungsdaten gespeichert. Um zu zahlen, muss der Nutzer damit nur am Terminal des Händlers vorbeiwischen. Erst ab 25 Euro wird ein PIN-Code abgefragt.

Zu viele unterschiedliche Dienste

Ähnlich wie Mpass funktionieren auch andere Systeme von Kreditkartenfirmen wie Visa und Mastercard. Und darauf aufbauend gibt es schließlich noch Dienste von Mobilfunkanbietern. Nutzen kann der Verbraucher aber nicht jedes System überall, sondern immer nur bei den Händlern, die mit dem jeweiligen Betreiber zusammenarbeiten.

Abseits von NFC gibt es in Deutschland noch einige andere Systeme zum Bezahlen per Smartphone. Dienste wie Yapital, lokale Anbieter und große Ketten setzen etwa auf QR-Codes, die per Smartphone-App gescannt werden.

Wer sein Smartphone schon jetzt als Geldbörse einsetzen will, muss sich also bei einer ganzen Reihe von Diensten anmelden. Doch Kunden wollen nur ein System für alle Zahlungen verwenden und so wird sich wohl langfristig ein Dienst durchsetzen. Dabei hat momentan Apple die Nase vorn. Der Konzern hat in den USA bereits sein eigenes Bezahlsystem auf Basis von NFC eingeführt. In Europa soll Apple Pay zunächst in Großbritannien verfügbar sein.

Die Deutschen sind beim Bezahlen konservativ

Es könnte noch dauern, bis der Konzern den Dienst auch in Deutschland einführt. Hier haben die Anwender stärkere Sicherheitsbedenken als in den USA oder Großbritannien. Jeder Dritte könne sich zwar vorstellen, auf Bargeld zu verzichten, hat der IT-Branchenverband Bitkom herausgefunden. Und jeder Zehnte bezahlt bereits heute mit dem Smartphone. Doch noch immer bevorzugten 96 Prozent der Menschen im Geschäft Münzen und Scheine.

Dass Apple Pay am Ende Marktführer wird, steht jedoch noch lange nicht fest. Konkurrenz gibt es genug. Experten wie Prof. Key Pousttchi vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Digitalisierung an der Uni Potsdam glauben, dass neben Apple auch andere Netz-Riesen wie Google, PayPal, Amazon und Facebook in den Markt einsteigen.

Mobile Payment ist für sie besonders wegen der Daten attraktiv, die sie dort sammeln können. "Der Verbraucher ahnt nicht, was diese Akteure alles über ihn wissen", sagte Pousttchi laut dpa. Schließlich shoppen viele Verbraucher schon seit Jahren mit Hilfe der Unternehmen - eben nur im Netz. "Was ihnen noch fehlt, sind Daten aus der realen Welt." (dpa/ada)

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