Bewertungsportale sind erwünschte Angebote in der Digitalisierung. Sie helfen dabei, uns unter den Angeboten im Markt zurechtzufinden und sie sind eine Werbeplattform für Unternehmer und Dienstleister. Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Ärzte sich grundsätzlich nicht aus einem Portal löschen lassen können.

Rolf Schwartmann
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Bewertungsportale dienen der Gesellschaft

Es ging um das Ärztebewertungsportal JAMEDA. 2018 hatte der Bundesgerichtshof einer Ärztin noch das Recht zugesprochen, sich aus dem Portal löschen zu lassen, weil es nicht neutral agierte. Es passte daraufhin sein Geschäftsmodell an.

Nun haben die Kläger – zwei Ärzte aus Köln - sich mit ihren Anliegen nicht durchgesetzt. Ihnen ging es nicht um fehlerhafte Bewertungen oder das Löschen konkreter negativer Aussagen. Sie stellten die Grundsatzfrage, ob man verlangen kann, aus dem Dienst gelöscht zu werden. Sie meinten, dass sie als nicht zahlende Basiskunden und "Zwangsmitglieder" des Portals als "Werbeplattform" für zahlende Premiumkunden benützt würden. Premiumkunden würden aus Sicht des Durchschnittsnutzers so intransparent bevorzugt.

Bewertungsportale sind auf Vollständigkeit angewiesen

Für den BGH ist klar, dass Ärzte das gesellschaftlich erwünschte Geschäftsmodell zur Abbildung aller Ärzte in einer möglichst vollständigen und reichweitenstarken Datenbank unterstützen müssen. Der Grund leuchtet ein: Nur wenn die Daten vollständig sind, ist das Angebot etwas wert. Dennoch ist das Ergebnis auch hart. Kurz gesagt gilt nun: Wer nicht zahlt, landet in der Holzklasse und wirkt wie ein Arzt zweiter Klasse. Will er besser dastehen, muss er zahlen.

Wo liegen die Grenzen für Bewertungsportale?

Die Frage, was einem einzelnen Arzt gegen seinen Willen im Sinne der vollständigen Auffindbarkeit aller Ärzte zuzumuten ist und was die Parameter für die Wahrung des Persönlichkeitsrechts im Verhältnis zur Meinungs- und Berufsfreiheit des Portals sind, ist spannend. Wie steht es um das Recht des Einzelnen, seine Daten nicht im Sinne des Gemeinwohls zu "spenden"? Wann wird ein Arzt wirklich benachteiligt und um welche Fälle geht es genau?

Es ist eine präzise Begründung zu erwarten

Die Fragen der Richter in der Verhandlung lassen eine differenzierte Entscheidung erwarten, die sich mit konkreten Fällen befasst. Hier wird es auch um die rechtlichen Grenzen gehen. Die aktuellen Fälle sind am neuen Datenschutzrecht zu messen. Gegenstand der Entscheidung wird leider nicht sein, ob der Algorithmus von JAMEDA als "künstliche Intelligenz" für einen möglichen Wettbewerbsnachteil verantwortlich ist. Wann muss ein Unternehmen dem Nutzer offen legen, wie er funktioniert und inwieweit ist er als Geschäftsgeheimnis geschützt?

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