Mark Zuckerberg will Facebook wieder persönlicher machen: Mehr Beiträge von Freunden im Newsfeed - und weniger von Facebook-Seiten, denen man folgt. So sei das besser für das Wohlbefinden. Medien könnten durch die radikale Änderung im Nachteil sein.
Facebook-Nutzer werden künftig mehr Beiträge von Freunden und Familie statt von Unternehmen, Medien und politischen Gruppen zu sehen bekommen.
Damit solle das weltgrößte Online-Netzwerk wieder stärker auf das ursprüngliche Ziel ausgerichtet werden, persönliche Verbindungen zu ermöglichen, schrieb Gründer und Chef
Ermutigen Beiträge zu "bedeutungsvollen Interaktionen"?
Die Beiträge von Unternehmen und Medien sollen zudem danach priorisiert werden, "ob sie zu bedeutungsvollen Interaktionen ermutigen".
Mit anderen Worten sollen Inhalte, zu denen sich ein Nutzer und seine Freunde äußern, höher im Newsfeed platziert werden. Dabei wird Facebook mit Hilfe seiner Algorithmen versuchen, vorherzusagen, über welche Beiträge man sich wohl austauschen wollen werde.
Das bedeutet, dass Beiträge von Facebook-Seiten zwar grundsätzlich weiterhin den Weg in den Newsfeed finden werden - aber bevorzugt, wenn sich der Freundeskreis darüber austauscht. Zugleich können die Inhalte-Anbieter Platz im Nachrichtenstrom der Nutzer über Facebooks Anzeigenplattform kaufen.
Medien und Marken setzen auf Facebook
Für viele Unternehmen und Medien dürften die Änderungen einen radikalen Einschnitt bedeuten. Facebook hatte in den vergangenen Jahren im Gegenteil versucht, verstärkt zur Plattform für Medieninhalte zu werden.
Viele Medien und Marken setzen darauf, Menschen über Facebook zu erreichen - schließlich hat das Online-Netzwerk weltweit mehr als zwei Milliarden Mitglieder. "Es stimmt, dass die Verbreitung dieser Inhalte zurückgehen wird, und dies bedeutende Auswirkungen für das Ökosystem haben wird", sagte Facebook-Manager John Hegeman der dpa. Die Zahl der Anzeigenplätze im Newsfeed werde zugleich nicht erhöht.
Wettbewerb um Werbeslots wird angeheizt
Damit wäre es denkbar, dass der Schritt den Wettbewerb um vorhandene Werbeslots anheizt. Zugleich können Nutzer selbst in den Einstellungen dafür sorgen, dass die Beiträge von Seiten, denen sie folgen, ganz oben im Newsfeed auftauchen - und damit die Änderung aushebeln.
"Ich ändere das Ziel für unsere Produkt-Teams: Statt sich darauf zu konzentrieren, Sie beim Finden relevanter Inhalte zu unterstützen, sollen sie Ihnen helfen, bedeutsamere soziale Beziehungen zu haben", erklärte Zuckerberg.
Ein Grund für die Änderungen sei auch, dass laut Studien Kontakte über soziale Medien mit Menschen, die einem wichtig seien, gut für das Wohlbefinden sein könnten.
"Andererseits kann das passive Lesen von Beiträgen oder das Anschauen von Videos - selbst wenn sie unterhaltsam oder informativ sind - nicht so gut sein." Facebook fühle eine Verantwortung dafür, dass Dienste des Netzwerks gut für das Wohlbefinden seien, schrieb Zuckerberg.
Zuckerberg rechnet mit weniger Nutzungszeit
Hegeman machte auf Anfrage keine Angaben dazu, wie das Verhältnis der Beiträge von Freunden und Facebook-Seiten im Newsfeed der Nutzer derzeit ist - und welchen Wert Facebook anstrebt.
Er rechne damit, dass mit den Änderungen Menschen weniger Zeit bei Facebook verbringen würden, räumte Zuckerberg ein. "Aber ich erwarte auch, dass die bei Facebook verbrachte Zeit wertvoller sein wird."
Damit werde die Entscheidung auf lange Sicht auch für das Geschäft gut sein. "Wir müssen das System neu fokussieren", sagte der Facebook-Chef der "New York Times".
Facebook-Manager Hegeman bestritt, dass die Änderungen zur sogenannten "Filterblase" führen könnte - einer Situation, bei der ein Nutzer von Algorithmen nur Inhalte angezeigt bekommt, die zu seinen Ansichten passen. "Es stimmt zwar, dass die Leute mehr Freunde haben, die mit ihnen einer Meinung sind."
Zugleich hätten aber die meisten Nutzer so viele Freunde bei dem Netzwerk, dass man unterm Strich verschiedenen Ansichten ausgesetzt sei.
Facebook beteuert: "Keine politische Motivation"
Hegeman erklärte auch, hinter dem Schritt stecke kein Versuch, politische Kontroversen um Facebook-Inhalte zu entschärfen. "Nein, dahinter steckt keine politische Motivation." Das Online-Netzwerk war vor allem nach dem US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 für die Ausbreitung gefälschter Nachrichten auch über dubiose Facebook-Seiten kritisiert worden.
Zuckerberg sagte der "New York Times" zugleich, dass die Diskussionen über Facebooks Verantwortung das Unternehmen veranlasst hätten, "einige der negativen Dinge, die im System passieren können, besser in Griff zu bekommen".
Er ergänzte, dass die Geburt seiner beiden Töchter seinen Blick auf Facebook und sein Vermächtnis verändert habe. "Es ist wichtig für mich, dass wenn Max und August aufwachsen, sie das Gefühl haben, dass das, was ihr Vater aufgebaut hat, gut für die Welt war." © dpa
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