Berlin (dpa) - Wer im 21. Jahrhundert flüchtet, tut das in vielen Fällen nicht ohne sein Smartphone: Telefon, Wörterbuch, Kompass.

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Handys sind für diese Menschen kein Luxus, sondern oft Lebensretter. Und auch nach geglückter Flucht bleiben die Digitalgeräte in der Regel unentbehrlich, um etwa Kontakt zu Freunden und Familie in der Heimat zu halten. Doch Fakt ist: Ohne Empfang bringt das beste Smartphone nichts. Inwiefern macht sich diese Entwicklung auf dem deutschen Telekommunikationsgeschäft bemerkbar?

Über eine Million Flüchtlinge erreichten im vergangenen Jahr Deutschland. Fast die Hälfte stellte einen Asylantrag - so viele wie noch nie. Eine Situation, mit der sich auch Vodafone schon "sehr intensiv auseinandergesetzt hat", wie Volker Petendorf, Sprecher von Vodafone Deutschland, sagt. "Die meisten benutzen moderne Mittel wie Whatsapp, Skype und Internettelefonie." Breitbandnutzung sei in den Flüchtlingsunterkünften deshalb eins der Top-Themen.

"Es ist ein großes Bestreben der Betreiber, WLAN und Hotspots anzubieten", sagt Petendorf. Das seien gerade soziale Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK), Caritas oder die Diakonie, die bereits langjährige Kunden sind und nun weiteren Bedarf meldeten. Um wie viel das Datenvolumen genau angestiegen ist, kann der Konzern nicht sagen. Klar ist aber: Die Nachfrage wachse. Auch prominente Persönlichkeiten, die sich sozial engagieren, fragten nach, ob sie Zugänge spenden können.

Konkrete Zahlen kann auch die Deutsche Telekom nicht geben - dennoch aber eine ungefähre Vorstellung: Das WLAN werde intensiv genutzt und stark nachgefragt, sagt Sprecherin Katja Werz. "Pro Monat wird ein Datenvolumen genutzt, das dem großer Verkehrsflughäfen entspricht" - und bezieht den Vergleich auf allein eine Unterkunft.

Flüchtlinge mit Smartphone
Flüchtlinge benutzen ihre Smartphones, intensiv um mit Angehörigen und Freunden zu kommunizieren. © dpa / Sebastian Kahnert

Wie viele Wettbewerber bietet auch der Mobilfunkriese kostenloses WLAN für Unterkünfte an. Nach Firmenangaben sind es in Absprache mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und dem Bundesinnenministerium bereits 65 Unterkünfte für etwa 75 000 Flüchtlinge. Für die trägt Telekom die laufenden Kosten zwar selbst - dazu kommen aber "mehrere Hundert", die zahlen. Für Kommunen und Wohlfahrtsverbände kostet die günstige Variante etwa 39 Euro im Monat.

Auch ein Blick in das Portfolio der Anbieter zeigt, das bestehende Konzepte neue Verwendung finden: "Produkte, die es gab, finden jetzt eine neue Zielgruppe", sagt Werz und meint "HotSpot Plug'n'Play". Was sonst für Privatkunden gedacht war und einer "mittelgroßen Zahl" von Leuten Internetzugang ermöglicht, würden nun Flüchtlingsinitiativen nutzen.

Auch Telefónica Deutschland, einer der größten Player der Branche, zu dem O2 und E-Plus gehören, hat sein Tarifsystem bereits in der Vergangenheit an Migranten angepasst. Von Ortel Mobile werden sogenannte "Ethno-Tarife" angeboten. Gemeint sind Konzepte, "die sich an bestimmte Zielgruppen richten und besonders attraktive Angebote beinhalten, um mit den jeweiligen Heimatländern in Kontakt zu bleiben", sagt Telefónica-Sprecher Ralf Opalka. Zugehöriger Service und Produktinfos würden in gleich mehreren Sprachen angeboten.

Und was ist mit der Zahl abgeschlossener Mobilfunkverträge - wachsen dort die Einnahmen? Nicht wirklich. Denn wer Internet hat, kommt laut Vodafone-Sprecher Petendorf auch gut ohne einen Telefonvertrag aus. Dazu kommt: Ohne sicheren Aufenthaltsstatus bietet Vodafone überhaupt keinen Vertrag mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren an.

Wer außerhalb der Unterkunft Empfang braucht, könne stattdessen Prepaid-Karten nutzen, sagt Petendorf. Für 9,95 Euro pro Monat gibt es in der Regel bereits ein Datenvolumen von 1 GB. Bislang ist der Absatz aber nur "minimal gestiegen", sagt Petendorf. In der Masse sei das noch zu vernachlässigen. Dennoch muss das nicht immer so bleiben.

"Wenn der Weg der Integration fortschreitet, dann werden auch in Deutschland Kontakte immer wichtiger", meint Telekom-Sprecherin Werz. Gerade dann, wenn Flüchtlinge zunehmend ein soziales Umfeld aufbauen, Behördengänge erledigen müssen und deshalb auch Anrufe tätigen.  © dpa

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