Karlsruhe (dpa) - Von "Arschkriecher" bis "Zombie" war im Netz an Schimpfworten und Beleidigungen für die Kläger alles dabei - aber Betreiber von Suchmaschinen haften nicht automatisch für Webseiten, die gegen Recht und Gesetz verstoßen könnten.
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe stellte klar, dass Google nicht verpflichtet ist, Suchtreffer und Links vorab auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (Az.: VI ZR 489/16). Sie folgten dem Urteil der Vorinstanz und wiesen die Revision eines Ehepaares ab. Demnach muss eine Suchmaschine erst dann reagieren, wenn sie sehr konkrete Hinweise auf eine auf der Hand liegende Rechtsverletzung erhält: Etwa bei Kinderpornografie oder dem Aufruf zu Gewalttaten im Netz, erläuterte der Vorsitzende Richter Gregor Galke bei der Urteilsbegründung.
Im vorliegenden Fall hatte das Paar verlangt, dass Links zu Webseiten gesperrt werden müssten, auf denen sie sich diffamiert, bloßgestellt und in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt fühlten. Unter anderem wurden sie mit Worten wie "Schwerstkrimineller", "Terrorist" oder "Stalker" belegt. Aus ihrer Sicht haftete Google schon allein deshalb, weil es entsprechende Suchergebnisse zu Verfügung gestellt hatte. Dem folgte der BGH nicht.
"Betreiber von Suchmaschinen identifizieren sich nicht mit den Inhalten", stellte Galke klar. Weder hätten sie die Seiten verfasst, noch machten sie sie sich zu eigen. Außerdem würde eine Suchmaschine praktisch lahmgelegt, würde sie jedes Suchergebnis vorab prüfen müssen. "Eine allgemeine Kontrollpflicht verträgt sich nicht mit der Funktion von Suchmaschinen."
Experten begrüßten das Urteil. "Der BGH hat praxisnah entschieden: Google muss keinen Suchfilter einrichten, sondern nur auf Nutzerbeschwerden hin reagieren", sagte Markus Kaulartz vom Münchener Büro der Kanzlei CMS Deutschland. Die Entscheidung sei ein deutliches Zeichen für das freie Internet. Der Richterspruch sei "sehr ausgewogen", sagte auch der Medienrechts-Anwalt Christian Solmecke. "Der BHG stellte sicher, dass Meinungsfreiheit in Deutschland auch künftig gewährleistet wird."
Mit ihrer Entscheidung nahmen die Richter auch ausdrücklich Bezug auf ein vielbeachtetes Urteil von 2011: Darin hatte der BGH für Blogbetreiber klare Regeln zur Prüfung beleidigender Inhalte im Internet aufgestellt. Sie müssen erst bei sehr konkreten Beschwerden tätig werden, den Blog-Verfasser dann um Stellungnahme bitten und gegebenenfalls löschen. Diese Grundsätze gelten auch für Betreiber von Suchmaschinen, wenn auch in eingeschränkter Form, sagte Galke.
Ein Freibrief für Suchmaschinenbetreiber ist das Urteil daher nicht. "Die Entscheidung stellt aber auch klar, dass Suchmaschinenbetreiber auf Nutzerbeschwerden reagieren und offensichtlich rechtswidrige Inhalte löschen müssen", betonte Experte Kaulartz.
Rechtswidrige Inhalte an Google melden
Google muss Suchergebnisse nicht automatisch auf rechtswidrige Inhalte kontrollieren. Personen können das Unternehmen aber über aus ihrer Sicht rechtswidrige Webseiten oder Inhalte informieren. Das geht über den Google-Support.
Hier lassen sich Angaben zur Art des Rechtsverstoßes machen. Google muss daraufhin die Meldung prüfen und gegebenenfalls reagieren. Über die Google-Supportseite kann außerdem beantragt werden, persönliche Daten von sich aus der Suche entfernen zu lassen.
Werden Inhalte aus der Google-Suche entfernt, heißt das aber noch lange nicht, dass sie aus dem Internet verschwinden. Wer rechtswidrige Aussagen über die eigene Person aus dem Netz gelöscht haben will, muss sich dafür an die jeweiligen Betreiber der Online-Angebote wenden. © dpa
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