Das US-Streamingportal Netflix kommt wohl am Dienstag nach Deutschland – und will auch hier das Fernsehen revolutionieren. Aber wie gut ist Netflix im Vergleich zur Konkurrenz?

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Fernsehen übers Internet ist in Deutschland längst verfügbar. Watchever, Amazon Prime Instant Video und andere bieten Video-on-demand per Flatrate. Doch jetzt kommt Netflix, und damit soll alles anders werden, größer, schöner, toller. Denn das US-Portal ist weltweit unangefochtener Marktführer der Streaming-Dienste. Kein anderer Anbieter hat ein so umfassendes Programm, mehr als eine Milliarde Stunden werden pro Monat weltweit ausgeliefert. Das zieht 50 Millionen Abonnenten in 40 Ländern an. Netflix punktet aber auch mit hochkarätigen, eigens produzierten Serien, so wie der Frauengefängnis-Serie "Orange is the New Black" oder dem Polit-Thriller "House of Cards" mit Kevin Spacey. Am Dienstag soll der Startschuss in Deutschland fallen.

Mit Streaming-Portalen werden die Zuschauer unabhängig vom starren Fernsehprogamm. Sie schauen Filme und Serien über das Internet wann sie wollen, und müssen diese dafür nicht herunterladen. Sie zahlen pro Monat eine Gebühr, für die sie dann unbegrenzt Zugang zur Filmbibliothek haben.

Wie groß ist das Programm?

Die Programmvielfalt ist eines der wichtigsten Kriterien, ob Netflix auch in Deutschland durchstartet. Aber das Portal hat ein Problem: Die Rechte an einigen Serien und Filmen liegen hierzulange bei anderen. Ausgerechnet bei der Eigenproduktion "House of Cards" hält Sky die Rechte. Zwar hat Netflix die bei Sky schon ausgestrahlten ersten beiden Staffeln zum Start im Programm. Die kommende dritte Staffel wird aber zuerst bei Sky zu sehen sein.

Schon durchgesickert ist, dass Netflix zum Deutschlandstart zwei aus Kinofilmen adaptierte Serien zeigen wird: "Fargo" mit Billy Bob Thornton und Martin Freeman sowie "From Dusk til Dawn". Das klingt vielversprechender als das weitere bereits angekündigte Programm, bestehend aus "Stromberg", "Die Sendung mit der Maus" und Filmen mit Til Schweiger. Da muss Netflix deutlich mehr bieten, um spannend zu sein. Im Vorfeld kündigte das US-Portal zwar an, auch in Deutschland eigene Serien produzieren zu wollen. Details wurden aber nicht bekannt – in Frankreich dagegen ist die Miniserie "Marseille" für 2015 schon angekündigt.

Quantität und Qualität

Wie viele Filme und Serien Netflix insgesamt im Angebot haben wird, verrieten die Macher noch nicht. Zum Vergleich: Bei Amazon Prime Instant Video haben Kunden Zugriff auf 12.000 Serienfolgen oder Filme, bei Watchever sind es 12.500 und bei Sky Snap 5.000. Maxdome liefert rund 4.000 Episoden und Filme, hat aber vor dem Netflix-Start schnell 1.000 Stunden zusätzliches Programm angekündigt.

Es ist aber nicht nur die reine Menge, die entscheidend ist, sondern die Qualität. Denn längst nicht alle der Inhalte bei den Portalen sind hochkarätig – und brandneu. Oder man muss extra zahlen: Maxdome oder Amazon zum Beispiel haben auch bekanntere Filme im Einzelabruf, die nicht in den Paketen ausleihbar sind. Die aktuellen Kino-Blockbuster finden sich meist erst knapp ein Jahr nach dem Kinostart in den Inklusivpaketen der Online-Videotheken. Aber auch nicht alle.

Bei sämtlichen Anbietern gibt es auch viele mittelmäßige Produktionen. Auch sind nicht alle bekannten Serien vorhanden – oder es fehlen ganze Staffeln. Die angesagte Fantasyserie "Game of Thrones" des US-Bezahlsenders HBO etwa sucht man bei fast allen Diensten vergeblich. Auch bei Netflix wird es sie nicht geben, denn HBO streamt seine Serien – wie auch "True Blood" – lieber selbst. Nur bei Sky Snap gibt es dank einer Kooperation mit HBO die erste Staffel, die übrigen vier fehlen. Snap will aber, wohl in Reaktion auf die neue Konkurrenz, bald mehr HBO-Produktionen zeigen.

Wie sieht es mit Originalton aus?

Viele Film- und Serienfans wollen englischsprachige Produktionen nicht synchronisiert sehen. Da haben die Streamingportale einen großen Vorteil gegenüber dem normalen Fernsehprogramm: Die Zuschauer können selbst entscheiden, in welcher Sprache sie Film oder Episode schauen. Bei allen Diensten gibt es löblicherweise inzwischen einen Großteil der Serien und Filme auch auf Englisch. Die Möglichkeit, Untertitel einzublenden, ist dagegen kaum vorhanden. Vielleicht trumpft Netflix ja hier mit einem Extra auf?

Was kosten Netflix und die Konkurrenz?

Netflix wird zwar von Filmfans sehnlichst erwartet, muss sich aber gegen Konkurrenz behaupten, die schon etabliert ist. Entweder muss das Portal mit einem tollen Angebot punkten – oder mit dem Preis. Allerdings sieht es nicht danach aus, als würde Netflix günstiger werden als die anderen. Deutsche Nutzer sollen die Wahl zwischen verschiedenen Paketen haben. Das billigste kostet 7,99 Euro pro Monat, damit kann man Netflix auf einem Gerät sehen. Für 8,99 Euro erhält man HD-Qualität auf zwei Geräten, für 11,99 Euro darf man vier Geräte nutzen und in Ultra-HD-Qualität schauen. Offiziell bestätigt sind die Preise allerdings noch nicht.

Die Konkurrenz liegt auf ähnlichem Niveau – oder ist sogar billiger. Gegen Amazons Kampfpreis kann Netflix nicht ankommen. Für 49 Euro pro Jahr bekommen Amazon-Kunden unbegrenzten Zugriff auf die Videothek, zusätzlich erhalten sie noch alle Bestellungen im Amazon-Shop schneller und portofrei geliefert. Umgerechnet sind das vier Euro pro Monat. Damit müssen sich Zuschauer aber auf ein Jahr verpflichten. Wer das nicht will, zahlt bei Amazon 7,99 Euro pro Monat. Watchever verlangt 8,99 Euro pro Monat, Maxdome ebenfalls 7,99 Euro. Sky hat für Snap gerade die Preise gesenkt: 3,99 Euro kostet die Online-Videothek im Monat. Wer Filme auf iPhone oder iPad sehen will, muss aber 6,99 Euro im Monat zahlen.

Wo kann man Video-on-demand schauen?

Das Schöne an Streaming-Portalen ist, dass Nutzer nicht an ein Gerät gebunden sind. Das wird auch bei Netflix so sein, genaueres ist aber noch nicht bekannt. Die Konkurrenz setzt auf Vielfalt: Das Angebot von Watchever, Maxdome, Amazon und Sky Snap kann man über den Browser am Computer anschauen. Daneben gibt es aber auch Apps für Smart TVs, für Smartphones und Tablets mit Android und iOS, also iPhone und iPad.

Außerdem kann man die Filme und Serien auf Spielkonsolen sehen – hier unterscheiden sich die Anbieter. Amazon Prime Instant Video und Maxdome unterstützen Xbox 360, Xbox One, Playstation 3 und Playstation 4, Amazon außerdem noch die WiiU. Watchever läuft auf Xbox 360, Wii, Playstation 3 und Playstation 4. Wer Sky Snap nutzt, kann nur im Browser, auf iPhone und iPad sowie auf einigen wenigen Android-Smartphones zuschauen. Maxdome, Sky Snap und Watchever unterstützen Googles TV-Stick Chromecast. Amazon setzt auf seine eigene TV-Box Amazon Fire TV.

Fazit: Alle haben Vor- und Nachteile

Wer sich für einen Streaming-Anbieter entscheidet, sollte vorher genau vergleichen. Beim Programm unterscheiden sich die Dienste stark, alle haben Lücken. Das wird auch bei Netflix nicht anders sein, leider.

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