(mwil) - Showdown im Streit um den Milliarden-Deal im Datenbank-Markt: Die EU-Kommission prüft derzeit den geplanten Kauf von Sun Microsystems durch Oracle. Im Vorfeld der Entscheidung warnen Experten vor starken Einschränkungen im Wettbewerb. Und auch in der Open-Source-Szene formiert sich Widerstand.

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MySQL ist die erfolgreichste Open-Source-Datenbank. © Screenshot http://www.mysql.de

Schon jetzt ist Oracle weltweit Marktführer bei kommerziellen Datenbanken. Mit der 7,4 Milliarden Dollar schweren Übernahme würde sich der Software-Riese nun auch MySQL einverleiben. Die weltweit führende Open-Source-Datenbank gehört seit 2008 zu Sun. Und genau hier sehen Experten die Gefahr, mit der sich jetzt die EU-Wettbewerbshüter beschäftigen: "Die Oracle-Datenbanken und die MySQL-Datenbank von Sun stehen in vielen Sektoren des Datenbankmarktes in direktem Wettbewerb zueinander", heißt es in einer Einschätzung der EU-Kommission.

Das bedeutet, wenn Oracle Sun schluckt, dann könnte der Kunde auf der Strecke bleiben. EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes: "Wir müssen sicherstellen, dass die Kunden nach der Übernahme nicht mit einem geringeren Angebot oder höheren Preisen konfrontiert werden". Brüssel will die Entscheidung bis zum 27. Januar 2010 fällen - der Ausgang des Verfahrens ist noch ungewiss.

In der Open-Source-Szene wird die Zusammenführung der beiden Software-Riesen kritisch gesehen. MySQL-Mitgründer Michael Widenius, der Sun Anfang 2009 verlassen hatte, macht mit der eigens ins Leben gerufenen Internetseite www.helpmysql.org gegen den Deal mobil. Er fürchtet, dass Oracle die Firma Sun nur kauft, um den Open-Source-Konkurrenten MySQL auszuschalten.

"Jeder Kunde konnte in glaubwürdiger Weise Oracle's Vertriebspersonal damit drohen, MySQL einzusetzen, wenn kein großzügiger Rabatt eingeräumt wurde. Wenn Oracle aber selbst MySQL besitzt, wird es nur müde lächeln, wenn Kunden so argumentieren", sagt Widenius. Er fordert MySQL-Nutzer dazu auf, auf seiner Internetseite eine Petition zu unterzeichnen, die den Kauf von Sun durch Oracle noch stoppen soll.

Sun nutzte MySQL bislang auch kommerziell, indem es kostenpflichtige Dienste rund um die Gratis-Datenbank-Software anbot. Auch unter der Open-Source-Lizenz GPL (General Public License) ist MySQL kostenlos verfügbar - als freie Software, ohne zusätzliche Dienstleistungen. GPL-Schöpfer Richard Stallman sprach sich in einem Brief an die EU-Kommission ebenfalls gegen die Übernahme von MySQL durch Oracle aus. Er befürchtet laut dem Internet-Dienst "golem.de", dass Oracle versuchen werde, die Entwicklung von MySQL auszubremsen, um seine Marktdominanz auszubauen.

Oracle hat inzwischen auf die Bedenken reagiert und will sich dazu verpflichten, MySQL unter der GPL weiterzuentwickeln. Zudem sollen keine kommerziellen Versionen der Software herausgegeben werden, wenn nicht zeitgleich auch eine freie Version bereitgestellt wird. Auf diese Zugeständnisse reagierte die EU-Kommission positiv - hielt sich aber weiter bedeckt, was die in Brüssel anstehende Entscheidung anbelangt. Die Skepsis im Open-Source-Lager bleibt indes bestehen.

Zusätzliche Brisanz birgt die Prüfung der Wettbewerbshüter, weil das US-Justizministerium dem Vorhaben bereits zugestimmt hat - und weil ein Veto aus Brüssel nun Irritationen nach sich zöge. Gleichwohl scheint ein Verkauf von Sun Microsystems unumgänglich. Im Geschäftsjahr 2008 hatte der Software-Hersteller einen Verlust von 2,23 Milliarden Dollar eingefahren.

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