Darmstadt (dpa) - Eine ganz normale Wohnung im Jahr 2036: Ein Roboter räumt die frisch gewaschenen Teller aus der Spülmaschine. Anschließend macht sich der Technik-Butler daran, das Kinderzimmer aufzuräumen, stellt Spielzeug in Regalfächer und macht vielleicht sogar gleich noch das Bett.
Jan Peters hält das für eine realistische Vision. "Wir sind vielleicht noch 20 Jahre von den ersten persönlichen Robotern für jedermann entfernt", ist der Informatikprofessor von der Technischen Universität Darmstadt überzeugt.
Bis es tatsächlich soweit ist, ist aber noch viel Forschungsarbeit nötig. "Das Ziel ist, dass Roboter Bewegungen lernen und sich dabei selbst verbessern - nur so wird der Einsatz in jeder beliebigen Wohnung möglich", erklärt der 40 Jahre alte Forscher. Die Maschine soll nach und nach eine Datenbank mit verschiedenen Bewegungen anlegen, um daraus dann selbst neue, bislang unbekannte Bewegungsabläufe zusammenzusetzen. "Je mehr Verhalten der Roboter kennt, desto einfacher wird es für ihn, neue Verhalten daraus zu entwickeln."
Der Roboter soll also lernen wie ein Kind: Indem er Dinge nachahmt und daraus lernt. Für einfache Bewegungen genügt es tatsächlich, wenn Peters oder einer seiner Doktoranden sie vor der Kamera des Roboters vormachen. Ist die Tätigkeit komplizierter, hilft es, die Maschine an die Hand zu nehmen und seine Bewegung zu führen - etwa wie der Tennislehrer, der seinen Schüler am Arm nimmt und gemeinsam mit ihm den Schlag ausführt. "Der Roboter versucht dann, sein eigenes Programm zu lernen - er programmiert sich quasi selbst", sagt Peters.
Solche lernenden Roboter sind auch für die Industrie interessant, die schon heute der wichtigste Einsatzbereich für die programmierten Helfer ist. "Wenn ein Autohersteller die Produktion umstellt, schafft er gleich neue Roboter an - weil es viel zu teuer ist, die alten neu zu programmieren", sagt Peters. Hier liege also großes Sparpotenzial. Zahlen des Welt-Roboter-Verbands (IFR) zeigen, wie gefragt Industrieroboter weltweit sind: Zwischen 2010 und 2014 stiegen die Verkaufszahlen um durchschnittlich 17 Prozent pro Jahr.
Ebenso könnten lernende Roboter Peters zufolge bei der Pflege alter Menschen eine große Rolle spielen. Die Maschinen könnten zum Beispiel Pflegekräfte unterstützen. Weil sich die Maschinen weiterentwickeln, müsste nicht für jede Tätigkeit ein eigenes Gerät angeschafft werden.
Laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage glauben 75 Prozent der Bevölkerung, das Roboter in Zukunft eine wichtige Rolle im Pflegebereich spielen werden. 83 Prozent können sich sogar vorstellen, im Alter einen Service-Roboter zu nutzen, wenn sie dadurch länger zu Hause bleiben könnten.
Zurück im Büro von Jan Peters. Am Computer zeigt der Forscher ein Video von einem Roboterarm, der mit einem Holzknüppel einen kleinen Ball möglichst weit schlagen soll - in etwa wie beim Baseball. Mit jedem neuen Versuch wird die Maschine besser. "Sie lernt durch Belohnung und Bestrafung", sagt Peters. Pluspunkte gibt es, wenn der Ball besonders weit fliegt, Minuspunkte, wenn sich die Maschine dabei zu schnell bewegt und dadurch die Motoren - quasi ihre Gelenke - zu stark belastet. Dem Roboter reicht als Belohnung eine Zahl. Einem Kind würde man wohl Schokolade geben.
Der Roboter muss allerdings nicht auf die Lösung kommen, die ein Mensch in einer bestimmten Situation anwenden würde. Die Darmstädter Forscher wollten zum Beispiel einer Roboterhand mit drei Fingern beibringen, ein Wasserglas zu heben. Die Maschine löste das Problem, indem sie das Glas zwischen den Fingern und dem Handballen einklemmte. "Das hat sie selbstständig gefunden - was wir ihr gezeigt hatten, wurde verdrängt", erzählt Peters.
All das könnte auch für den persönlichen Roboter zu Hause nützlich sein, findet der Informatiker. "Machbar ist es auf jeden Fall - die Frage ist, ob es bezahlbar wird." Denn Peters ist sich bewusst: "Wir brauchen dazu noch ein paar Revolutionen in der Intelligenz der Roboter." © dpa
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