Sechs Tage in der Woche Diät halten, einen Tag hemmungslos schlemmen: Fitness-Gurus und US-Stars schwören auf die sogenannten "Cheat Days". Denn die geplante Auszeit vom strikten Ernährungsplan soll den Stoffwechsel in Schwung bringen und Motivationstiefs vorbeugen. Wir erklären, was das Prinzip dahinter ist und ob solche "Schummeltage" wirklich etwas bringen.

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Katy Perry und Jennifer Aniston machen es vor. Die US-Stars zeigen in den sozialen Medien, welche Unmengen an Essen bei ihnen am Schummeltag auf den Tisch kommen – von fettigen Burgern über klebrige Süßigkeiten bis hin zur Pizza Vier Käse. Aber auch Influencer wie Rob Lipsett und Fitness-Bloggerin Sarah Godfrey lassen es sich am "Cheat Day" richtig gut gehen.

Schummeltage füllen die Energiespeicher wieder auf

Sie alle sind überzeugt: Bei einer Low-Carb-Diät, also beim Verzicht auf Kohlenhydrate wie beispielsweise Nudeln, Backwaren oder Reis, füllt ein "Cheat Day" die Energiespeicher wieder auf.

Dabei funktioniert er wie eine Art Kickstarter: Denn bei einem langfristigen Verzicht auf Kohlenhydrate wird der Stoffwechsel ausgebremst, während ein "Cheat Day" die Fettverbrennung wieder ankurbelt.

Wissenschaftlich gesehen geschieht dies über eine Erhöhung der Leptinproduktion. Leptin ist ein Proteohormon, das in den Fettzellen gebildet wird und Hunger sowie Sättigung steuert. Bei einem Fresstag soll das Hormon den Stoffwechsel anregen, wodurch der Körper mehr Kalorien verbrennt. Dies ist bei Forschern jedoch umstritten.

Eine aktuelle Untersuchung von Jeffrey Flier von der Harvard Medical School zur Rolle von Leptin bei der Gewichtskontrolle führt aus, dass seit der Entdeckung des Proteohormons darüber spekuliert wird, ob steigende Leptinspiegel, die zum Beispiel bei besagten "Cheat Days" entstehen, einen physiologischen Schutz vor einer Gewichtszunahme darstellen würden.

Diese Ansicht sei zwar weit verbreitet und träfe möglicherweise unter bestimmten Umständen sogar zu. Experimentell sei dies aber noch nicht nachgewiesen worden.

Studie beweist: "Cheat Days" können eine Diät unterstützen

Dessen ungeachtet können "Cheat Days" aber psychologisch wertvoll sein: Wenn der Körper während einer Ernährungsumstellung weniger Energie fürs nächste Training zur Verfügung hat, kann dies ein Motivationstief zur Folge haben. Werden die Essverbote jedoch für einen Tag aufgehoben, lässt sich die Motivation wieder steigern und die gute Stimmung kann sogar zu einer Leistungssteigerung führen.

Dass "Cheat Days" tatsächlich eine Diät unterstützen können, zeigt übrigens auch eine US-Studie des Skidmore College in New York. Forscher beobachteten hierfür über zwölf Wochen hinweg Menschen, die fettarm und proteinreich aßen. An sechs Tagen pro Woche hielten sich die Teilnehmer an die vorgegebene Ernährung, während sie am siebten Tag essen durften, was und wie viel sie wollten. Die Teilnehmer verloren trotzdem im Schnitt fünf Kilo.

Einerseits sank die tägliche Gesamtkalorienaufnahme der Probanden um knapp 30 Prozent, andererseits änderte sich nach und nach auch ihr Essverhalten. Denn nachdem sie anfangs während der "Cheat Days" noch exzessiv schlemmten, reichte den Teilnehmer nach einiger Zeit ein "Cheat Meal", also eine einzelne Mahlzeit, pro Woche oder sogar ein zusätzlicher Nachtisch aus.

Im Laufe des Experiments nutzen sie die Schummeltage sogar gar nicht mehr aus, sondern stellten ihre Ernährung schrittweise komplett um.

Nicht für jeden sind "Cheat Days" geeignet

Einige Experten sehen "Cheat Days" dennoch kritisch. Priv.-Doz. Dr. med. Till Hasenberg, Ernährungsmediziner am Helios Adipositas Zentrum West in Oberhausen etwa: "Nicht für jeden sind 'Cheat Days' geeignet. Bei der Behandlung von Übergewicht und Adipositas muss man immer den individuellen Patienten betrachten."

Ein Schummeltag in der Woche könne bei einem 175 Zentimeter großen Mann mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 28 im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung und einer Bewegungstherapie eine sinnvolle Ergänzung sein, um motiviert bei der Sache zu bleiben.

"Bei einem Patienten mit einem BMI von über 40, also einer morbiden Adipositas, reichen derartige 'Lifestyle'-Interventionen jedoch ins Leere", so der Experte für Adipositas-Operationen. Gerade bei morbid-adipösen Patienten, die schon unter Adipositas-assoziierten Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck leiden, müsse man beachten, dass "Cheat Days" auch negative Effekte auf die Blutgefäße haben können.

So zeigte eine Forschergruppe der University of British Columbia, dass bei gesunden Probanden, die eine Low-Carb-Diät verfolgten, nach einer einmaligen Zufuhr von Glukose im Blut Biomarker für eine Gefäßschädigung deutlich anstiegen. Dies müsse weiter untersucht werden.

Verwendete Quellen:

  • Priv.-Doz. Dr. med. Till Hasenberg, Ernährungsmediziner am Helios Adipositas Zentrum West in Oberhausen
  • runtastic: Cheat Days: Wie sinnvoll sind "Schummeltage", wenn du abnehmen willst
  • Fitbook: Das bringt der Cheat Day wirklich
  • Men’s Health: Warum Ihnen ein Cheat Day pro Woche beim Abspecken hilft
  • Jeffrey Flier: "Leptin's Physiologic Role: Does the Emperor of Energy Balance Have No Clothes?"
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