Deutschland drohen massive Engpässe bei häuslicher Pflege wegen des Ausfalls osteuropäischer Helfer. Diese kehren aus Angst vor dem Coronavirus in ihre Heimatländer zurück. Pflegeverbände rufen nach Hilfe.

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Die Pflegeverbände schlagen Alarm. Ab Ostern könnten bis zu 200.000 Menschen nicht mehr häuslich versorgt werden. Schuld ist das Coronavirus.

Denn viele Betreuungskräfte aus Osteuropa kehren aus Angst vor dem Virus, langen Wartezeiten an den Grenzen und der herrschenden Unsicherheit in ihre Heimatländer zurück. Und "neue kommen kaum nach", erklärte der Sozialverband VdK am Dienstag in Berlin.

Etwa 300.000 osteuropäische Betreuungskräfte in Deutschland

Die osteuropäischen Pflegekräfte schließen seit Jahren die Versorgungslücke an Pflegekräften in Deutschland. Insgesamt sind derzeit etwa 300.000 osteuropäische Betreuungskräfte in Deutschland tätig, wie es seitens des Verbandes für häusliche Betreuung und Pflege (VHBP) heißt.

Doch nur etwa zehn Prozent von ihnen sind legal in Deutschland und werden durch Vermittlungsagenturen betreut. Etwa 270.000 osteuropäische Pflegekräfte arbeiten schwarz, wird geschätzt.

Deswegen forderte VHBP-Geschäftsführer Frederic Seebohm kürzlich im Gespräch mit dem ARD-Magazin "Report Mainz", dass es eine Passiermöglichkeit für die Betreuungspersonen gebe, damit sie die Grenze nach Deutschland überqueren könnten.

Probleme für Familien, wenn ambulante Pflege wegbricht

Problematisch wird es für die Familien auch, wenn die professionelle ambulante Pflege wegbricht. Alten- und Pflegeheime sind voll. Wenn deshalb berufstätige Angehörige einspringen, "brauchen sie massive Unterstützung", erklärte derweil VdK-Präsidentin Verena Bentele.

Die Regelungen zur Kurzarbeit müssten auf diese Personen ausgedehnt werden. Dann könnten Berufstätige zeitweise aus dem Job aussteigen, wären abgesichert und müssten sich keine Sorgen um ihr Auskommen machen.

Gut drei Viertel, das sind 2,59 Millionen aller Pflegebedürftigen, werden derzeit zu Hause versorgt, davon 1,76 Millionen in der Regel allein durch Angehörige.

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Kritik von Linken-Chef Riexinger an Pflegepolitik

Das drohende Problem wird von links scharf kritisiert. "Das Desaster, das sich in den nächsten Wochen in der häuslichen Pflege abspielen wird, ist die direkte Folge aus einer total verfehlten Pflegepolitik der letzten 20 Jahre", erklärte Linken-Chef Bernd Riexinger. Für eine sofortige Hilfe müssten alle, "die zurzeit nicht sozialversichert in der häuslichen Pflege beschäftigt sind, die Möglichkeit bekommen, die Grenze weiterhin zu überqueren", forderte er.

"Ihnen muss schnell und unbürokratisch die systemrelevante Leistung anerkannt werden." (msc/afp)

Verwendete Quellen:

  • katapult-magazin.de: Pflegenotstand wird durch Ausbeutung kompensiert
  • fr.de: Wegen Coronakrise fehlen Pflegende aus Osteuropa - Verband warnt vor Hunderttausenden ohne Versorgung
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