"Die a... die alkoholische Gärung oder die Gärung des Alkohols erzeugt Alkohol. Der Alkohol erzeugt Gärung, die so genannte alkoholische Gärung", weiß Neu-Schüler Dr. Johannes Pfeifer in der berühmten Verfilmung "Die Feuerzangenbowle" von 1944 zu berichten - und sorgt damit eher für Heiterkeit denn für Aufklärung. Tatsächlich brauchte die Wissenschaft bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, um die Entstehung der seit Jahrtausenden geschlürften Drinks sinnvoll zu erklären.
1907 und 1929 gab es für die verfeinerten Erklärungen jeweils den Nobelpreis für Chemie. Und diesen gibt es zwar bekanntlich durchaus für einfache Antworten, aber immer nur auf sehr schwierige Fragen. Kurz gesagt: Alkohol entsteht, wenn Kohlenhydrate zu Trinkalkohol – Ethanol – abgebaut werden. Nebenbei entstehen andere Stoffe, zum Beispiel Kohlendioxid sowie verschiedene Fuselöle. Whisky, Cognac und selbst Grappa wird daraus jedoch noch nicht – sonst wären die beachtlichen Preise pro Flasche auch schwer zu begründen. Wie aber entstehen sie dann, diese Destillate, die so manchem Genießer ein Lächeln ins Gesicht zaubern? Wir haben es uns angesehen.
Whisky (Whiskey für unsere irisch-amerikanische Leserschaft)
Die erste Zutat ist eine wundervolle Landschaft. Es ist eben diese Landschaft, die der Genießer später vor seinem geistigen Auge vorbeiziehen sieht, wenn er den ersten Schluck Whisky genießt. Da ist bestimmt ein Fluss, der sich durch kräuterreiche Wiesen zieht. Das Wasser leuchtend braun, ganz wie der torfige Grund. Moos, Heidekraut und Gräser haben ihn geschaffen. Die Brennerei – klug in diese Landschaft gebaut - holt sich diese Zutaten der Natur, gibt beste Gerste hinzu und macht noch besseren Whisky daraus. Sie mälzt die Gerste – befeuchtet sie, lässt das Getreide keimen, trocknet es im Torfrauch und mischt es mit dem Wasser aus dem Fluss. Die Spiele mögen beginnen: Zucker entsteht, Hefe kommt hinzu, die Gärung setzt ein. Eine leicht alkoholisches Gebräu, die Maische entsteht. Für diesen Urstoff stehen Brennblasen aus Kupfer bereit, in denen sich das Wasser vom Destillat trennen lässt. Jetzt braucht es nur noch einige Fässer aus Eiche – vormals zum Beispiel mit bestem Sherry gefüllt, ein Lagerhaus (vielleicht am Meer?) und etwas Zeit. 12, 18 oder 25 Jahre wären gut.
Cognac
Whisky kommt aus den schottischen Highlands, den Lowlands oder den Inseln im Norden des Vereinigten Königreichs. Meinetwegen auch aus Japan, Bayern oder den USA. Cognac dagegen kommt immer aus Cognac beziehungsweise den Weinbergen rund um die französische Stadt. In Deutschland produzierter "Cognac" wird - obschon eigentlich dasselbe Getränk - ausschließlich als Weinbrand in den Handel gebracht. Keine ganz freiwillige Entscheidung: Grund ist der Versailler Vertrag von 1920, der es den deutschen Konkurrenten verbot, den Begriff "Cognac" weiter zu verwenden. Und dieses Verbot ist bis heute in Kraft.
Cognac besteht immer aus Weißwein. Das Gros der verwendeten Reben ist Trebbiano, in Frankreich als Ugni Blanc bekannt. Aus den Trauben dieser Rebe – und einigen anderen – wird zunächst Wein gekeltert, der anschließend in kleinen Brennblasen doppelt gebrannt wird. Heraus kommt ein zunächst noch wenig schmackhaftes "Eau de vie", das wiederum in Eichenfässern gelagert wird und hier zu Cognac reift. Ja, auch dies braucht etwas Zeit. Vier, acht, zehn Jahre vielleicht?
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Obstbrand
45 Kilogramm wilde Vogelbeeren braucht zum Beispiel die berühmte Brennerei Rochelt in Tirol, um einen einzigen Liter des feinen Destillats zu erzeugen. Das spürt man - zunächst auf der Kreditkartenabrechnung, später weit erfreulicher im Glas. Nase und Gaumen werden mit dem reinen Extrakt der Frucht belohnt, vergleichbar wohl nur einem guten Parfum.
Natürlich wird sich nicht jeder Schnapsbrenner einem vergleichbaren Anspruch stellen. Doch immer gilt: umso reifer das Obst, umso genauer die Selektion der Früchte, umso sauberer der Prozess der Maische, umso exakter die Trennung des Herzstücks beim Destillat, desto hochwertiger der Brand. So ist es kaum übertrieben, auch beim Obst von exzellenten oder weniger guten Jahrgängen zu sprechen. Warum sollte für die Mirabelle nicht gelten, was für die Traube bei der Weinerzeugung selbstverständlich ist? Dies gilt übrigens auch für die Reifung – denn ein lange gelagerter Brand wird zwar milder und verliert an Alkohol, nicht jedoch an Geschmack.
Übrigens: beim Obstgeist werden im Gegensatz zum Obstbrand keine Früchte destilliert. Hier setzt man lediglich reinen Alkohol zu. Dies geschieht nicht unbedingt, weil das einfacher ist, sondern weil bei manchen Früchten der Zuckergehalt zu gering für die Gärung ist.
Grappa
Ja, jeder Grappa ist ein Tresterbrand, hergestellt aus ausgequetschten Stielen, Schalen und auch Kernen von Weintrauben. Grappa ist ein Resteprodukt meist zuckersüßer Trauben – aber richtig gemacht, ist es auch ein Hochgenuss. Längst vorbei die Zeiten, in denen man diesen Brand nur als Betäubungsmittel an die kämpfende Truppe verteilte und den armen Bauern abends ein Gläschen als preiswertes Schlafmittel gönnte. Grappa steht heute für italienische Lebensart, ist einer der Exportschlager des Landes und wird in aller Welt geschätzt. Ein "Abfallprodukt" von exzellentem Ruf, was im Grunde nicht verwundern muss: die meisten Geschmacksstoffe sind gerade in den verwendeten Schalen versteckt.
Die Herstellung eines guten Grappas ist übrigens im Vergleich zum Weinbrand komplizierter. Der verständliche Grund: eine Flüssigkeit wie den Saft der Trauben zu destillieren, birgt weniger Gefahren als die Verarbeitung einer relativ festen Masse aus Schalen. Diese kann zum Beispiel viel leichter verbrennen – und mit Feuer war der Prozess der Destillation schon immer untrennbar verbunden. So wurde man erfinderisch. Die Brennkolben erhielten ein Wasserbad beziehungsweise die Brennblasen eine doppelte, mit Wasser gefüllte Wandung. Später ging man dazu über, Dampf durch immer schmalere Kessel zu leiten, in denen der Trester nun auf Reisig gebettet war.
Es folgt die Lagerung? Jein. Denn Grappa darf durchaus lagern, muss er aber nicht. Gerade sein Geschmacksreichtum verhilft ihm dazu, schon in der Jugend geschätzt zu werden. Die Lagerung – meist in slowenischen Eichenfässern – fügt dagegen neue Nuancen hinzu, was so mancher Grappafreund ablehnt.
Zum Glück ist's da wie bei fast allen Genüssen: Geschmackssache.
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