Die Voraussetzungen, gut zu schlafen, sind nicht gerecht: Darauf macht der Psychologe Hans-Günter Weeß aufmerksam. Nicht nur die Umgebung und psychische Belastung sind für die Schlafqualität verantwortlich. Tatsächlich können auch Einkommen und Bildungsgrad entscheidend sein.

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Sieben bis neun Stunden sollten wir nachts schlafen, um morgens fit in den Tag zu starten. Wenn allerdings der Kopf beim Einschlafen nicht aufhört zu rattern oder der Körper schmerzt, können es auch mal ein paar Stunden weniger sein. Aber nicht nur individuelle Faktoren wirken sich auf die nächtliche Ruhe aus.

"Die Bedingungen für einen gesunden Schlaf sind in unserer modernen 24-Stunden-Non-Stopp Gesellschaft längst nicht gerecht verteilt", sagt Psychologe Hans-Günter Weeß. Der Leiter der schlafmedizinischen Abteilung des Pfalzklinikums Klingenmünster und andere Schlafforschende gaben anlässlich des Aktionstags "Erholsamer Schlaf" der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) Einblick in aktuelle Studienlagen.

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Besserer Schlaf bei mehr Bildung und mehr Einkommen

"Wer in den Genuss einer hohen Bildung kommt, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit gesund zu schlafen", berichtet Weeß. Unter anderem schliefen Führungskräfte und Selbstständige tendenziell besser.

"Höhere Einkommen gehen mit einer höheren Schlafqualität und weniger Schlafstörungen einher."

Dr. Hans-Günter Weeß, Diplom-Psychologe

Und auch Geld hat Einfluss darauf, wie gut wir schlafen. "Geld scheint tatsächlich ein gutes Ruhekissen zu sein. Höhere Einkommen gehen mit einer höheren Schlafqualität und weniger Schlafstörungen einher", so der Psychologe.

Menschen mit geringem Verdienst und Menschen ohne Arbeit schlafen im Schnitt hingegen schlechter. Oft seien die Mittel begrenzt, um eine optimale Schlafumgebung zu schaffen, so der Experte. Allerdings merkt er an, dass es bereits für wenig Geld gute Matratzen gebe.

Der ausschlaggebende Punkt ist, dass finanzielle Nöte zu vermehrten Sorgen führten, was Schlafstörungen begünstige. "Betroffene neigen dazu, diese Sorgen und Nöte mit ins Bett zu nehmen – und das kann die Schlafprobleme verursachen."

Große Stadt, schlechter Schlaf?

Grundsätzlich ist unser Schlaf von ganz vielen Faktoren abhängig. Einer davon ist der Wohnort. In Ballungszentren wie großen Städten fehlt es etwa oft an Dunkelheit und es kann nachts laut sein.

Hinzu kommt der Klimawandel. Die zunehmende Erderwärmung erhöhe auch die Schlafumgebungstemperatur, mit entsprechenden Folgen für die Schlafqualität, sagt Markus Specht, Leiter des Zentrums für interdisziplinäre Schlafmedizin der DKD Helios Klinik Wiesbaden. "Experten postulieren, dass sich Erderwärmung nicht nur negativ auf unser psychisches Wohlergehen auswirkt, sondern auch eine Veränderung unseres Schlafmusters zur Folge hat", so Specht. Bereits 2020 sei eine Studie davon ausgegangen, dass "der Klimawandel den menschlichen Schlaf weiter untergraben" werde. Damit einher geht auch Luftverschmutzung, die sich negativ auf die Schlafqualität auswirken könne.

Ein weiterer, großer Schlafräuber ist Stress. "Wer am Arbeitsplatz viel Termin- und Leistungsdruck hat, sich an der Grenze der Leistungsfähigkeit befindet und wenig Pausen machen kann, schläft schlechter", sagt Weeß. Und auch Schichtarbeit raubt einem wortwörtlich den Schlaf: "Schichtarbeit begünstigt Schlafstörungen und auch andere körperliche und psychische Erkrankungen."

Kinder als Schlafräuber

Im Schnitt schlafen die Deutschen 8 Stunden und 37 Minuten. Das geht aus der nun veröffentlichten Zeitverwendungserhebung (ZVE) 2022 hervor, über deren Ergebnisse das Statistische Bundesamt (Destatis) berichtet. Dabei zeigte sich, dass Paare mit Kindern am wenigsten Schlaf finden. Sie kamen im Jahr 2022 auf 8 Stunden und 15 Minuten im Schnitt. Zum Vergleich: Paare ohne Kinder schlafen durchschnittlich 19 Minuten mehr pro Nacht.

© Statistisches Bundesamt (Destatis), 2024

Was ihnen an Schlaf unter der Woche fehlt, holen viele an freien Tagen nach. An Wochenenden und Feiertagen schlief die Bevölkerung ab 10 Jahren mit durchschnittlich 9 Stunden und 15 Minuten fast eine Stunde mehr als werktags (8 Stunden und 20 Minuten), heißt es in der Mitteilung von Destatis.

Was die Auswertung nicht zeigt, ist, ob und inwiefern die Corona-Pandemie eine Auswirkung auf unser Schlafverhalten hatte.

Zur Methode der Zeitverwendungserhebung

  • Sie findet rund alle 10 Jahre auf freiwilliger Basis statt.
  • Kinder ab 10 Jahren können daran teilnehmen.
  • Haushalte sollen an drei vorgegebenen Tagen, davon zwei Wochentage und ein Tag am Wochenende, ihre Zeitverwendung in einem Zeit-Tagebuch oder in einer App festhalten.
  • Schlafen inkludiert den nächtlichen Schlaf, das Schlafen tagsüber (z.B. Mittagsschlaf) sowie die Zeit, die man vor und nach dem Schlafen im Bett verbringt, sofern man sie mit keiner anderen Tätigkeit verbringt.

Am 21. Juni 2024 findet der Aktionstag "Erholsamer Schlaf" der DGSM statt. Die diesjährige Botschaft lautet "Jeder Mensch hat das Recht auf gesunden und erholsamen Schlaf – unabhängig von Geschlecht, Alter, sozialer Stellung, Bildungsniveau oder Berufszugehörigkeit". Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin nutzt den längsten Tag des Jahres jährlich für ihren Aktionstag, um auf die Bedeutung von Schlaf aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren.

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