• Keine Corona-Impfung für unter Zwölfjährige, keine Empfehlung der Stiko bis 16 Jahre: Eine riesige Bevölkerungsgruppe bleibt erst einmal ungeschützt.
  • Epidemiologen warnen eindringlich davor, den Sommer ungenutzt zu lassen und geben ihre Einschätzung zu Masken, Lüftung und Tests an Schulen.

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Der Sommer 2020 habe die Politik verschlafen, anstatt die Zeit zu nutzen, um schützende Maßnahmen an Schulen zu installieren: So lautet die Kritik, die immer lauter wird in der heißen Debatte über das Ansteckungsrisiko von Kindern und Jugendlichen. Die Wenigsten von ihnen sind vor Sars-CoV-2 geschützt, da weder geimpft noch genesen. Und Delta, die hochansteckende Corona-Variante, breitet sich auch in Deutschland aus.

Genau deshalb müsste man "eigentlich sogar noch viel vorsichtiger sein", sagt Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie - selbst bei niedrigen Infektionszahlen wie derzeit.

Doch die Pläne der Politik klingen anders, etwa beim Thema Masken: Wenn die Inzidenzen nicht besonders hoch seien, "dann kann man auch die Masken im Unterricht wieder ablegen", sagte etwa NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Mittwoch im WDR.

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Epidemiologe Zeeb hält das Tragen von Masken mindestens in weiterführenden Schulen für geboten. Er betont dabei auch deren psychologische Wirkung: "Sie sind ein Signal dafür, dass die Pandemie nicht vorbei ist und die Maßnahmen weiter wichtig sind."

Auch Aerosolforscherin Birgit Wehner vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung sieht Masken als wichtigen Baustein beim Infektionsschutz in Schulen - besonders mit Blick auf den Herbst. Von einem infizierten Kind ohne Maske könne sich bei geschlossenem Fenster langsam eine Aerosol-Wolke ausbreiten, die die Viren transportiere, erklärt Wehner.

Fatal, nur an das Klassenzimmer zu denken

Die Wissenschaftlerin schätzt die Infektionsgefahr in bestimmten Räumen besonders hoch ein: "Wenn die Kinder etwa im Flur ohne Masken herumlaufen. Da ist oft Gedränge, da sind viele Kinder, alle Klassen durcheinander." Gebe es dann Infektionen, habe man keine Möglichkeit, etwas nachzuvollziehen. Ähnliches gelte für die Toiletten. Dort werde oft nicht ausreichend gelüftet.

Um Infektionen zu verhindern, ist ein angemessener Luftaustausch in allen Räumen nötig. Das funktioniert durch regelmäßiges Lüften ganz gut, am besten mit offener Tür und Durchzug. Deutlich zuverlässiger sind allerdings fest installierte Lüftungsanlagen. "Die Luft wird automatisch abgesaugt und ausgetauscht", erklärt Stephan Schönfelder von der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur.

Der Professor für energetische und technische Systeme plädiert dafür, Infektionsschutz und das Verbessern der Luftqualität in Klassenräumen zusammenzudenken. Von mobilen Luftreinigern als einzige Lösungsstrategie ist er nicht allzu überzeugt. Diese filtern die Luft, ohne sie zu erneuern.

CO2-Messgeräte, wo es für Lüftungsanlagen zu spät ist

"Die Qualität der Raumluft ist ein generelles Thema in Schulen", sagt Schönfelder. Realistisch gesehen, könnten aber nicht mehr flächendeckend bis zum Start des neuen Schuljahrs Lüftungsanlagen eingebaut werden. Dafür sei man zu spät dran. Also ist in den meisten Schulen weiterhin regelmäßiges Lüften angezeigt.

Schönfelder empfiehlt CO2-Messgeräte für die Klassen - um zuverlässig daran erinnert zu werden, regelmäßig die Fenster zu öffnen. Man könne dann jeden Tag eine Schülerin oder einen Schüler damit beauftragen, die CO2-Ampel im Blick zu haben und Bescheid zu sagen, wenn sie auf Orange springt.

Dass Lüftungsanlagen in Schulen langfristig der Standard sein müssten, findet auch Epidemiologe Zeeb. Als Baustein für den Infektionsschutz dort sieht er weiterhin Tests.

Aber reichen Antigen-Schnelltests, die eine Infektion nicht so früh und zuverlässig nachweisen wie PCR-Tests, um die mögliche Verbreitung von Delta in Schulen zu unterbinden? Der Epidemiologe hält PCR-Tests für angemessener, die nach dem sogenannten Pooling-Prinzip ausgewertet werden. Dabei werden die Proben mehrerer Testpersonen zusammen analysiert. Nur wenn dieser Gruppentest positiv ist, untersucht man die zurückbehaltenen einzelnen Proben.

Fazit: Diese Maßnahmen sind mindestens notwendig - aus zwei Gründen

Masken tragen, testen und die Luft in allen Räumen regelmäßig austauschen - dies sollte nach den Sommerferien auch bei niedrigen Infektionszahlen an den Schulen die Maßgabe sein.

Das betont auch der Leiter des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler: "Wir empfehlen, dass in Schulen weiter getestet und Mund-Nasen-Schutz getragen wird", sagte er jüngst der "Rheinischen Post". Aus jetziger Sicht soll das "bis zum nächsten Frühjahr so sein".

Dafür gebe es zwei zentrale Gründe: Man wolle das Infektionsgeschehen niedrig halten, weil auch Kinder schwer erkranken könnten. "Und zum anderen haben wir natürlich das Ziel, dass die Schulen offen bleiben." (Alexandra Stober, dpa/af)

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