Milch ist besonders wichtig für die Knochen, weil sie viel Kalzium enthält – das weiß heutzutage jedes Kind. Aber brauchen wir Milch wirklich so dringend, dass man den täglichen Konsum ausdrücklich empfehlen muss?
Milch und Milchprodukte sollte man täglich zu sich nehmen, heißt es in den zehn Regeln für eine gesunde Ernährung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Hintergrund ist, dass Milch Kalzium und andere wichtige Nährstoffe, wie zum Beispiel Vitamin B12, enthält.
Tatsächlich ist Milch mit 120 mg pro 100 ml eine reiche Kalziumquelle. 1.000 mg des Mineralstoffes brauchen Erwachsene pro Tag, Frauen in den Wechseljahren empfiehlt man sogar 1.500 mg. Ein Liter Vollmilch deckt also locker den gesamten Tagesbedarf. Der Spitzenreiter unter den Kalziumlieferanten ist Milch aber nicht: Schon 100 g Parmesan liefern mehr als den täglichen Bedarf.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Milch und Milchprodukte einen positiven oder gar negativen Effekt auf die Knochengesundheit haben. Ökotrophologe Markus Keller führte auf dem Symposium des Verbandes für Unabhängige Gesundheitsberatung (UGB) 2015 aus: "Ob eine proteinreiche Ernährung das Osteoporoserisiko erhöht, wird kontrovers diskutiert." Immerhin komme Osteoporose in asiatischen Ländern, in denen die meisten Menschen keine Milch vertragen, sehr viel seltener vor. Hierzulande förderten zahlreiche Faktoren den Knochenabbau, zum Beispiel genetische Faktoren, Rauchen oder zu viel Alkohol.
Unbestreitbar ist laut UGB jedoch, dass Milch und Milchprodukte wie Käse zur Aufnahme an Fett und Cholesterin beitragen. Zwei Beispiele: Besagter Liter Vollmilch enthält gleichzeitig 35 g Fett, also schon die Hälfte des von der DGE empfohlenen Tagesbedarfs, 100 g Parmesan schlagen mit etwa 25 Gramm Fett zu Buche.
Milch-Empfehlung für ein Fünftel der Deutschen hinfällig
Hinzu kommt, dass auch in Deutschland 15-22 Prozent der Menschen an einer Laktoseintoleranz leiden, also keine Milch vertragen. Es ist fragwürdig, dass die DGE täglichen Milchkonsum empfiehlt, obwohl immerhin ein Fünftel der Bevölkerung diese überhaupt nicht verträgt. Hinzu kommt, dass sich der tägliche Kalziumbedarf auch durch zwei Liter kalziumreiches Mineralwasser decken ließe – und das ganz ohne Fett.
Hierzulande stammen laut Keller 40 Prozent der Kalziumaufnahme aus Milch und Milchprodukten. Trotzdem macht allein der Kalziumgehalt aus Milch kein notwendiges Grundnahrungsmittel. Sie enthält jedoch andere wertvolle Nährstoffe, zum Beispiel Jod, Zink, Vitamin D und Vitamin B12. Letzteres kommt ausschließlich in tierischen Lebensmitteln vor. Wer komplett auf Milchprodukte und Fleisch verzichten möchte, sollte Vitamin B12 daher supplementieren, rät der UGB.
Milch ist nicht zwangsläufig der optimale Kalziumlieferant, für den er oft gehalten wird. Trotzdem steckt Gutes in der Milch. Wem sie schmeckt und wer sie verträgt, muss also nicht verzichten. Schließlich ist der beste Weg, um sich mit allen notwendigen Nährstoffen zu versorgen, die Lebensmittelvielfalt auszunutzen.
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