Die Grippewelle rollt bereits übers Land. Jedes Jahr sterben zahlreiche Menschen an ihren Folgen, obwohl man sich vor der Erkrankung mit einer Impfung schützen kann. Doch viele stehen ihr skeptisch gegenüber. Wir klären mit einem Experten, für wen die Impfung wichtig ist.
Im Winter hat die Influenza, auch Grippe genannt, Hochsaison. Die Zahl der Infektionen während eines Winters schätzt das Robert Koch-Institut (RKI) in Deutschland auf vier bis 16 Millionen, wobei nicht jeder Infizierte erkrankt. Grippewellen kommen immer im Winter, da die Viren bei niedrigen Temperaturen und in trockener Luft stabiler sind.
Vermutlich sei auch die Schleimhaut der oberen Atemwege bei trockener Luft anfälliger für eine Infektion und das Immunsystem im Winter weniger schlagkräftig als im Sommer, heißt es vom RKI. Zudem halten sich Menschen im Winter über längere Zeit zusammen mit anderen Menschen in weniger belüfteten Räumen auf.
Kann man sich jetzt noch impfen lassen?
Eine Impfung ist auch jetzt immer noch möglich. Zu bedenken ist: Bis der zusätzliche Schutz der Impfung wirkt, vergehen etwa zwei Wochen. Die Grippewelle wird aber voraussichtlich länger dauern. "Daher ist jetzt ein guter Zeitpunkt, sich noch rechtzeitig gegen Grippe impfen zu lassen, um beispielsweise in der Karnevals- beziehungsweise Faschingszeit geschützt zu sein", betont Heidrun Thaiss, Leiterin der BZgA.
Grippeschutzimpfung sinnvoll? Wer sich impfen lassen sollte
Die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts (STIKO) empfiehlt folgenden Personengruppen eine Grippeschutzimpfung:
- Personen ab 60 Jahre
- chronisch Kranke
- Schwangere
- medizinisches Personal
- Personen in Einrichtungen mit viel Publikumsverkehr
Die Kosten werden in diesen Fällen von den Krankenkassen übernommen. Wer nicht zu den oben genannten Risikogruppen gehört und sich trotzdem impfen lassen möchte, sollte bei seiner Krankenkasse nachfragen - viele gesetzliche Kassen übernehmen die Kosten allerdings.
Auch Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Uniklinikum Jena und Sprecher für die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI), schließt sich den Empfehlungen der STIKO an und rät darüber hinaus: "Ich finde, es sollten sich alle impfen lassen, auch Kinder, weil jeder davon profitiert. Man reduziert das Risiko andere anzustecken und schützt damit auch Familie und Freunde."
Mögliche Nebenwirkungen der Impfung
Der Influenza-Impfstoff gilt allgemein als gut verträglich. Wie bei jeder Impfung kann es aber an der Einstichstelle zu lokalen Reaktionen wie Rötungen oder Schwellungen kommen. Je nach Gesundheitszustand des Geimpften sind auch vorübergehende Symptome einer Erkältung möglich.
"Man kann von der Impfung keine Grippe bekommen, da der Impfstoff für Erwachsene nur aus Virusbruchstücken besteht, die sich nicht mehr vermehren können", sagt der Experte im Gespräch mit unserer Redaktion.
Wer unter Allergien leidet, eine Autoimmunkrankheit hat oder mit transplantierten Organen lebt, muss nicht auf eine Impfung verzichten, bespricht sich aber vorab am besten mit einem Arzt.
Der beste Impfzeitpunkt
Deutschland trifft die Grippewelle in der Regel nach dem Jahreswechsel im Januar oder Februar. Wie stark sie ausfällt, unterscheidet sich jedes Jahr.
Pletz hält eine Impfung Ende November oder Anfang Dezember für sinnvoll: "Lässt man sich zu früh impfen, kann es sein, dass der Antikörper-Spiegel im Februar schon wieder unten ist und kein ausreichender Schutz mehr besteht."
Wie erwähnt, ist aber auch jetzt zu Beginn des Jahres eine Impfung noch sinnvoll. Impfen lassen kann man sich bei seinem Hausarzt. Nach der Impfung dauert es etwa zwei bis drei Wochen, bis das Immunsystem einen ausreichenden Schutzschild aufgebaut hat.
Kritische Stimmen
Die Schutzwirkung der Influenza-Impfung ist geringer als bei anderen von der STIKO empfohlenen Impfungen. Skeptiker bemängeln, dass sie keinen hundertprozentigen Schutz bietet. Ein Grund dafür ist, dass das Virus sehr wandlungsfähig ist und die Forscher nur schwer vorhersehen können, welcher Typ sich am stärksten verbreitet. Auch bietet die Impfung keinen dauerhaften Schutz und muss jedes Jahr erneuert werden.
Zudem schützt sie nicht alle Geimpften gleich stark. Denn jeder Körper reagiert unterschiedlich auf den Impfstoff. Ältere Menschen sprechen in der Regel schlechter darauf an, bei ihnen wirkt die Impfung also weniger zuverlässig.
"Wenn ein Geimpfter Influenza bekommt, ist er durch die Impfung so geschützt, dass er wahrscheinlich nur einen leichten Infekt bekommt und nicht auf die Intensivstation muss. Die Krankheitsschwere wird also gemildert", erklärt Pletz.
Grippe nicht unterschätzen
Von gar keinen Symptomen über leichte erkältungsähnliche Beschwerden bis zu hohem Fieber und völliger Abgeschlagenheit – der Krankheitsverlauf einer Influenza kann sehr unterschiedlich ausfallen und ist für Patienten selbst schwer kategorisierbar. (Wie Sie eine Erkältung von einer Grippe unterscheiden, erklären wir hier.)
Bei hohem Fieber und starken Beschwerden sollte man sich von seinem Hausarzt durchchecken lassen. Wer auffällige Grippe-Symptome hat und ins Krankenhaus eingeliefert werden muss, kann sich dort einem Schnelltest zur genauen Bestimmung der Viren unterziehen. Influenza-Viren sind im Gegensatz zu einigen anderen Viren mit Medikamenten behandelbar, der Arzt kann nach der Diagnose ein dementsprechendes Arzneimittel verschreiben.
Während gesunde Erwachsene eine Influenza meist gut überstehen, kann die Erkrankung vor allem bei den Risikogruppen sogar zum Tod führen. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts starben in Jahren mit starker Grippewelle mehr als 20.000 Menschen an den Folgen einer Influenza.
"Die Sterblichkeit von Influenza wird unterschätzt. Denn gefährliche Komplikationen wie ein Herzinfarkt oder Schlaganfall können auch noch bis zu vier Wochen nach der Infektion auftreten", sagt der Infektiologe.
Influenzaviren übertragen sich zum Beispiel durch Husten oder Niesen. Da keine Impfung vollständigen Schutz bietet, sollte man im Herbst und Winter zu Personen mit akuten Atemwegserkrankungen Abstand halten. Auch wer eine Impfung ablehnt, sollte beim Kontakt mit anderen vorsichtig sein, um das Ansteckungsrisiko zu verringern.
Die Viren können aber auch durch Hautkontakt aufgenommen werden. Regelmäßiges und gründliches Händewaschen ist also unerlässlich und beugt dem Aufnehmen von Viren aller Art vor.
Verwendete Quellen:
- Interview mit Prof. Dr. med. Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Uniklinikum Jena und Sprecher für die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI)
- Robert Koch-Institut, häufige Fragen zur Grippe
- Robert Koch-Institut, häufige Fragen zur Grippeschutzimpfung
Hinweis: Dies ist ein aktualisierter Artikel aus unserem Archiv.
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