- Wegen des Lockdowns gab es im vergangenen Winter kaum Grippe-Erkrankungen. In diesem Jahr könnte die Grippewelle umso heftiger ausfallen.
- Gleichzeitig ist mit steigenden Corona-Fallzahlen zu rechnen.
- Die Chefs von RKI und Stiko raten deshalb vor allem älteren Menschen und anderen Risikopatienten dringend, sich durch Impfungen zu schützen.
Deutschland droht im Herbst und Winter gleichzeitig eine wachsende Corona- und eine Grippewelle. Deshalb riefen der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Mittwoch in Berlin eindringlich zur Grippe-Impfung auf. Weil es in Deutschland im vergangenen Jahr infolge des teilweisen Lockdowns so gut wie keine Grippe gegeben hatte, sei das Risiko einer Grippewelle in diesem Jahr umso höher, sagte Spahn.
Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, sagte, es könnte nach dem Ausbleiben in der vergangenen Saison nun eine stärkere Grippewelle geben. Wieler betonte zudem, dass man im Herbst und Winter mit steigenden Covid-19-Fallzahlen rechnen müsse.
Wieler mahnte: "Wir müssen deshalb verhindern, dass im Herbst und Winter zu viele Covid-19-Fälle und Grippefälle parallel auftreten." Wenn viele Covid-19- und viele Grippe-Erkrankte gleichzeitig aufträten, würden die Krankenhäuser massiv belastet. Ein solches Szenario lasse sich am besten mit Impfungen und dem Tragen von Masken, Abstand halten, Hygiene, Lüften und Nutzen der Corona-Warn-App vermeiden. Vorhersehbar sei es grundsätzlich nicht, wie schwer eine Grippewelle verlaufen werde. Beide Krankheiten seien aber insbesondere für ältere und chronisch Kranke ein Risiko.
Wie der Stand bei den Grippe-Impfungen ist:
Stiko-Chef Mertens sagte, bislang ließen sich in Deutschland auch gemessen an internationalen Empfehlungen zu wenige Menschen gegen Grippe impfen. Die Grippe-Impfquoten lägen bei Menschen über 60 leider nur bei 30 bis 40 Prozent. Spahn rief dazu auf, in diesem Herbst besonders zahlreich zur Grippe-Impfung zu gehen. "Bitte lassen Sie sich gegen Grippe impfen", sagte der Minister. "Genug Grippeimpfstoff ist vorhanden."
Wieviel Grippe-Impfstoff es gibt:
27 Millionen Grippe-Impfstoffdosen stehen laut
Wem Impfungen empfohlen werden:
Grippeimpfungen werden neben Älteren über 60 unter anderem auch chronisch Kranken, Schwangeren, medizinischem Personal, pflegenden Angehörigen und Menschen empfohlen, die beruflich mit viel Publikumsverkehr zu tun haben. Aber auch alle anderen könnten sich nach Rücksprache mit Ärzten impfen lassen, sagte Wieler. Die Corona-Impfung wird allen ab zwölf Jahren empfohlen - der Chef der Gesundheitsbehörde rief erneut dazu auf, dieses Angebot wahrzunehmen.
Wie der Stand bei den Corona-Impfungen ist:
68,3 Prozent haben mindestens eine Impfung - 64,8 Prozent sind vollständig geimpft. Bei den Über-60-Jährigen gebe es eine Impfrate von über 84 Prozent, sagte Wieler. "Aber knapp 15 Prozent sind eben noch nicht geimpft." Das seien rund drei Millionen Menschen. Wenn sich diese drei Millionen Menschen über 60 Jahren erneut infizieren würden, landeten sehr viele davon auf Intensivstationen. So würden von 10.000 über 80-Jährige rund 1800 sterben, wie man im vergangenen Jahr gesehen habe. Und von 10.000 70- bis 79-Jährigen seien vergangenes Jahr 770 gestorben, die nicht geimpft waren.
Wie das RKI die Maskenpflicht an Schulen bewertet:
Die Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen in manchen Bundesländern stößt bei RKI-Chef Wieler auf Ablehnung. So könnten Corona-Langzeitfolgen auch bei Kindern vorkommen. Zumindest bis zum Frühjahr 2022 solle nicht an der bestehenden Empfehlung zu Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen, Kitas und in Alten- und Pflegeheimen gerüttelt werden. Am Montag traten in Bayern und Berlin Lockerungen in Kraft, auch in anderen Bundesländern werden Neuregelungen erwogen. Wieler sagte, im Herbst und Winter sei wegen der Zunahme von Kontakten in Innenräumen auch mit steigenden Infektionszahlen zu rechnen. "Wir wollen, dass Kitas und Schulen auf bleiben, aber bitte unter Beibehaltung von Schutzmaßnahmen." Spahn sagte dagegen, es sei richtig, dass über die Frage regional je nach Inzidenz vor Ort entschieden werde. (dpa/mcf)
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