- Totimpfstoffe sind Klassiker. Die bisherigen gelten als sehr gut verträglich.
- Außerhalb der EU gibt es bereits einige Totimpfstoffe gegen COVID-19. Sie gelten allerdings nicht als wirksamer als mRNA- oder Vektorimpfstoffe.
- Wann und ob Valneva tatsächlich in der EU verabreicht wird, ist noch offen.
Der Impfstoff VLA2001 des österreichisch-französischen Konzerns Valneva funktioniert anders als die bisher zugelassenen Vektor- und mRNA-Impfstoffe. Bei ihm handelt es sich um einen Totimpfstoff. Solche werden beispielsweise auch gegen Keuchhusten, Kinderlähmung, Hepatitis A und Grippe angewendet. Die Technologie ist seit 50 Jahren bekannt und daher vielen vertraut.
Totimpfstoff gegen COVID-19 gibt es bereits außerhalb der EU
Andere virusbasierte Totimpfstoffe gegen SARS-CoV-2 werden bereits außerhalb der EU verabreicht. So die chinesischen Vakzine Sinopharm Beijing, Sinopharm Wuhan und Coronavac. Mit Covivac gibt es außerdem einen Totimpfstoff gegen COVID-19 in Russland. Weitere sind Covaxin in Indien und QazVac in Kasachstan.
Produktion mit abgetöteten SARS-CoV-2-Viren
Für die Herstellung eines virusbasierten Totimpfstoffes werden abgetötete Krankheitserreger verwendet, die sich nicht mehr vermehren können. Sie werden über die Impfung verabreicht und dann vom Körper als fremd erkannt. In der Folge wird das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern angeregt, ohne dass die zu vermeidende Krankheit ausbricht. So auch bei VLA2001: "Bei Valneva handelt es sich um einen Totimpfstoff, der aus abgetöteten SARS-CoV-2-Viren besteht", so Siegfried Görg vom Institut für Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.
Zusätzlich enthalte VLA2001 zwei verschiedene Wirkverstärker bestehend aus einem Aluminiumsalz und CpG, einem Eiweiß das als synthetischer Entzündungsmediator dient. Und: "Da im Impfstoff nicht nur Spikeproteine, sondern weitere Virusbestandteile enthalten sind, kann es auch eine Antikörperantwort gegen diese geben", weiß der Experte. Inwiefern diese allerdings für einen stärkeren Impfschutz sorgen, sei unklar.
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Die Wirkungsweise des Totimpfstoffes Valneva ist eine völlig andere als die der bisher gegen COVID-19 in der EU verfügbaren Vektor- und mRNA-Impfstoffe. Bei Comirnaty von Biontech/Pfizer gelangt in winzige Fetttröpfchen verpackt die mRNA des Coronavirus in unseren Körper und seine Zellen. Sie beinhaltet quasi einen Bauplan für das sogenannte Spike-Protein von SARS-CoV-2.
Dieses Eiweiß erkennt das Immunsystem dann als Eindringling und reagiert mit der Bildung von Antikörpern. Bei Vektor-Impfstoffen wie von AstraZeneca oder Johnson & Johnson gelangt ein harmloser Trägervirus, versehen mit einem winzigen Stück des Spike-Proteins von SARS-CoV-2 in den Körper und es kommt ebenfalls zur Produktion der wichtigen Antikörper.
Corona-Impfung: Mögliche Vorteile von Totimpfstoffen
Die bislang gegen andere Krankheiten in Deutschland angewendeten Totenimpfstoffe gelten als sehr gut verträglich. Inwiefern das auch auf Valneva zutrifft, bleibt allerdings abzuwarten. "Man kann von einem Impfstoff oder einer Impfstoffart nicht unbedingt auf das Impfreaktionsmuster eines neuen Impfstoffes schließen", so Görg. Dazu seien die Ausgangsstoffe und die Wirkverstärker in den verschiedenen Vakzine zu unterschiedlich.
"Es könnte sein, dass der Impfstoff etwas mildere Impfreaktionen verursacht, als die bereits zugelassenen Impfstoffe. Um das aber sicher beurteilen können, muss die sogenannte Phase drei Studie abgewartet werden", betont der Mediziner. Auch über eine besonders gute Verträglichkeit für Kinder lässt sich deshalb noch keine Aussage treffen. "Valneva hat gerade erst mit der Studie bei Heranwachsenden begonnen", so Görg.
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Experte: "Jetzt impfen und nicht warten"
Einen Vorteil sehen einige derzeit darin, dass die Wirkweise der Totimpfstoffe bekannter ist und deshalb manche Impfskeptiker mehr Vertrauen in diese Technologie haben könnten. "Es könnte sein, dass ein Teil dieser Personen einen eher konventionellen Impfstoff besser akzeptiert", vermutet Görg. Der Infusionsmediziner betont aber auch: "Ich würde grundsätzlich empfehlen, jetzt eine Impfung mit den zugelassenen Impfstoffen vornehmen zu lassen und nicht auf die Zulassung von weiteren zu warten."
Einen organisatorischen Vorteil bietet Valneva aber in jedem Fall: Totimpfstoffe müssen kühl gelagert werden, verfallen dann aber nicht schnell, sondern können mehrere Jahre haltbar sein. Anders ist es beispielsweise bei dem Vakzin von Biontech Pfizer. Dies wird zunächst tiefgekühlt und darf aufgetaut im Kühlschrank bei zwei bis acht Grad maximal 31 Tage gelagert werden. Zudem können Totimpfstoffe in großen Mengen schnell produziert werden, da das Verfahren bekannt ist und entsprechende Anlagen vorhanden sind.
Totimpfstoffe aktivieren keine Killerzellimmunantwort
Allerdings können Totimpfstoffe sowie die erzielten Antikörper relativ schnell abgebaut werden, so dass Auffrischungsimpfungen auch hier sehr wahrscheinlich nötig sein werden. Ob Valneva auch als Booster-Impfung geeignet ist, wird derzeit untersucht. Bislang nicht vollständig geklärt ist außerdem, wie hoch die Wirksamkeit von VLA2001 ist. Hier gelte es noch abzuwarten, so Görg. "Aber: Bei den Impfungen gegen Viren kann das Immunsystem angeregt werden, zwei verschiedene Abwehrmechanismen zu entwickeln: die Antikörperantwort und die Killerzellimmunantwort", so der Experte.
Totimpfstoffe seien jedoch prinzipiell nur in der Lage, die Antikörperantwort hervorzurufen. Anders sei dies bei Lebendimpfstoffen und den neuen mRNA- sowie Vektorimpfstoffen. Bei ihnen werden beide aktiviert. "In den internationalen Studien mit Totimpfstoffen gegen SARS-CoV-2 sieht man grundsätzlich eine etwas geringere Wirksamkeit der Totimpfstoffe", so der Experte.
Wann könnte Valneva in der EU zugelassen werden?
Die Studien der Phase eins und zwei sind für den Impfstoff von Valneva bereits abgeschlossen. Derzeit befindet sich der Impfstoff in Phase drei. Erste Ergebnisse werden für Oktober erwartet. Falls die restliche Prüfung erfolgreich ist, könnte laut Reuters eine Erstzulassung des Impfstoffes in Großbritannien noch vor Ende dieses Jahres erteilt werden. Die Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur möchte der Biotech-Konzern laut "Pharmazeutische Zeitung" bis Mitte 2022 erreichen. Danach käme es auch zur Marktzulassung in der EU.
Die EU-Kommission führte bereits Sondierungen mit Valneva und plant, 30 Millionen Impfdosen zu bestellen. Offiziell orderte bislang jedoch nur Großbritannien und stornierte kürzlich seine Bestellung über 100 Millionen Vakzin-Dosen. Genannt wurden kommerzielle Gründe. Produziert wird VLA2001 in Schottland.
Verwendete Quellen:
- Antworten von Prof. Dr. Siegfried Görg
- Valneva: Über den Impfstoffkandidaten VLA2001
- Pressemitteilung von Valneva
- Robert-Koch-Institut: Das Impfbuch für alle, S.30 ff.
- Pressemitteilung von Biontech
- Europäische Kommission: Corona-Virus: Kommission schließt Sondierungsgespräche mit Valneva zur Sicherung eines neuen potenziellen Impfstoffs ab
- Reuters UK would not have approved Valneva COVID vaccine, health secretary says
- Stiftung Gesundheitswissen: Wie funktioniert Impfen?
- Pharmazeutische Zeitung: Erster Ganzvirus-Impfstoff gegen COVID-19 wird geprüft
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