Gerade in den Wintermonaten überkommt einen der Heißhunger besonders oft. Ernährungsberater Johannes Hunger erklärt, woher die Attacken eigentlich kommen und was man dagegen tun kann.
Er ist der Feind jeder Diät oder gesunden Ernährung: der Heißhunger. Er ist wie ein unüberwindbarer Drang, der uns immer wieder zwingt, abends in die Chipstüte zu greifen, am Arbeitsplatz die Schokolade zu futtern oder auf einen spontanen Besuch bei McDonalds vorbei zu schauen. Aber warum bekommen wir eigentlich Heißhunger und was will uns unser Körper damit sagen?
Die Folgen von Heißhunger
Ernährungsberater Johannes Hunger benennt die Ursache genauer: "Im Grunde genommen läuft beim Heißhunger alles über einen nicht ausbalancierten Insulinspiegel."
So würden Naschkatzen sich beim Verzehr von Süßem bis zu 500 Kalorien an Zucker hochkonzentriert zuführen. Den darauf folgenden Prozess erklärt der Ernährungsberater so:
"Die Bauchspeicheldrüse springt sofort an und hat, durch diese Bombe aus Fett und Zucker, alle Hände voll zu tun. Der Körper hat aber kein Interesse an stark erhöhten Blutzuckerwerten. So reagiert er, indem er maximal Insulin freisetzt."
Eine solche Insulinantwort dauere 30 bis 45 Minuten, egal ob bereits genug Botenstoffe ausgeschüttet wurden, so Hunger.
Die Folge ist, dass der Körper im Anschluss völlig frei von Nährstoffen ist und man erneut unterzuckert ist. So werden Hormone ausgestoßen, die wieder Hunger erzeugen.
Was bedeutet das Verlangen nach Süßigkeiten dann überhaupt für uns?
Zunächst muss man unterscheiden zwischen dem allgemeinen Verlangen nach Süßigkeiten und dem speziellen Bedürfnis nach Schokolade. Denn während Ersteres lediglich für einen niedrigen Blutzuckerspiegel steht, bedeutet das Verlangen nach Schokolade manchmal auch etwas anderes:
Schokolade ist auch ein Stimmungsaufheller, da durch sie das Glückshormon Serotonin ausgeschüttet wird. Bei mangelndem Sonnenlicht werden in unserem Körper weniger Glückshormone freigesetzt. Daher kommt uns die Schokolade gerade recht.
Es gibt derzeit keinen Nahrungsersatz für Sonnenlicht
Über die Ernährung kann man fehlendes Sonnenlicht nicht abdecken. "Ernährungstechnisch ist das relativ schwierig", meint Johannes Hunger. "Es gibt leider de facto kein Lebensmittel, das diesen Lichtmangel in irgendeiner Art und Weise decken könnte", sagt er.
In einigen Nahrungsmitteln ist Vitamin D enthalten, doch können diese das Sonnenlicht nicht imitieren. "Selbst wenn man 20 Eier am Tag essen würde, hätte es nicht den Effekt von UVB-Strahlen", so Hunger.
Gerade im Winter, wo man nur selten nach draußen geht und es oft dunkel und trüb ist, fehlt uns das Sonnenlicht. Ohne Sonne neigt der Mensch schnell zu Müdigkeit, Unausgeglichenheit und Depression. Gegen sogenannte "Winterdepressionen" wird deshalb zum Beispiel auch Johanneskraut eingesetzt. Dieses soll als Stimmungsaufheller dienen und auch eine beruhigende Wirkung auf den Menschen haben.
Ein Mangel an Proteinen macht Hunger auf fettiges Essen
Der Hunger auf Fettiges wie Fastfood hat im Übrigen eine andere Bedeutung für den Körper als der Heißhunger auf Süßes. In der Regel weist er auf einen Mangel an Proteinen hin.
Johannes Hunger erklärt: "Viele Menschen in Deutschland sind zwar mit Energie überversorgt, also nehmen zu viele Kalorien auf, haben aber währenddessen trotzdem eine relative Unterversorgung mit Proteinen."
So seien Proteine der wichtigste Baustoff um Zellen herstellen zu können. Daher schütte der Körper Signale aus, die nach etwas Herzhaftem verlangen, da Proteinquellen in Regel herzhaft sind, so Hunger.
Eine körperliche Belastung kann außerdem eine weitere Ursache für Heißhunger sein. So eine Situation trete ein, wenn die Muskulatur stark beansprucht würde und der Körper Nährstoffe brauche. "Aber das ist eher die Ausnahme", sagt Hunger.
Geregeltes Essverhalten killt Heißhunger
Was ist nun aber der große Tipp gegen Heißhungerattacken? Laut dem Ernährungsberater ist es geregeltes Essverhalten. Das bedeutet kontinuierlich drei feste Mahlzeiten am Tag zu sich zu nehmen.
Der Grund für Heißhungerattacken sei, so Hunger, dass der Körper sonst keine Versorgungssicherheit mit Nährstoffen habe und darum "endokrinologisch", also hormonell, überreagiere. So esse man mehr als man unter normalen Umständen essen würde.
Außerdem empfiehlt Hunger, aus persönlicher Erfahrung, Schlaf, besonders im Winter. "Man muss sich zwingen zeitig ins Bett zu gehen. Ich stelle fest, dass die Menschen, die regelmäßig ihre Tiefschlafphase verpassen, weil sie erst nach 23 Uhr ins Bett gehen, auch vermehrt zur Junkfood-Ernährung und Heißhungerattacken neigen", erzählt er.
Was kann man aber tun, wenn einen doch mal der Heißhunger überkommt?
Johannes Hunger hat ein paar konkrete Tipps gegen Attacken: Für die Ehrgeizigen empfiehlt er den Verzehr von Gemüse, zum Beispiel einer Salatgurke. Für all diejenigen, bei denen sich doch der innere Schweinehund bemerkbar macht, gilt:
"Iss lieber einen Schokopudding, als einen Schokoladenriegel. Denn Pudding ist vom kalorischen Gewicht her immer noch besser als eine ganze Tafel Schokolade."
Außerdem könne man sich auf die Naschattacken auch vorbereiten: "Es gibt es kalorienfreie Sirupsorten in jeder Geschmacksrichtung. Dann kann man sich einen einfachen Magerquark nehmen und den Sirup in der beliebigen Geschmacksrichtung hinzugeben", erzählt Hunger.
Man ist in seinem Stoffwechsel gefangen
Es schadet nicht, die Heißhungerattacken zu ignorieren.
Hunger erklärt. "Wir sind ja nicht wirklich unterzuckert. Wir sind keine Diabetiker und wir sind auch gerade keinen Marathon gelaufen. Es ist also nicht so, dass man wirklich dringend Zucker bräuchte."
Viel mehr sei es so, dass man vor dem Arbeitsplatz säße und in seinem eigenen Stoffwechsel gefangen sei.
Für alle, die nun bereits Angst vor der nächsten Heißhungerattacke haben: keine Sorge. Laut Hunger dauert es nur ungefähr zwei bis drei Wochen um den Körper auf eine gesunde und geregelte Nahrungszufuhr umzuprogrammieren.
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