Rund 9.000 Menschen warten in Deutschland auf ein Organ. Die Zahl der Spender hingegen ist vergleichsweise niedrig. Auch weil das Thema bei manchen Menschen Unsicherheit auslöst. Wir erklären, wie die Organspende aktuell geregelt ist und geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Sie haben einen Organspendeausweis? Dann gehören Sie zu den rund 40 Prozent der Bevölkerung, die das Thema aktiv in Angriff genommen haben. 37 Prozent erklärten sich in ihrem Ausweis damit einverstanden, Organe zu spenden, die restlichen drei Prozent kreuzten "Nein" an, wie eine Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse zeigt.
Vergleichsweise wenige Menschen erklären sich mit der Entnahme ihrer Organe einverstanden, wenn man bedenkt, dass laut der Umfrage 84 Prozent der Bundesbürger Organspenden eigentlich "eher positiv" gegenüber stehen. Bei den Jüngeren zwischen 18 und 29 Jahren sind es sogar 93 Prozent.
Weil aber Tausende schwer kranke Menschen auf Organe warten, sollen in Deutschland mehr Spenden ermöglicht werden. Der Bundestag hat daher eine moderate Reform der Organspenderegelung beschlossen. Die Bürgerinnen und Bürger sollen künftig mindestens alle zehn Jahre beim Ausweisabholen auf das Thema Organspende angesprochen werden.
Wie wird man aktuell zum Organspender, was wird sich ändern? Kann man festlegen, welche Organe entnommen werden dürfen? Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie ist die aktuelle Spendersituation in Deutschland?
Im Jahr 2017 haben bundesweit 797 Menschen ihre Organe nach dem Tod gespendet - ein historisches Tief. 2018 waren es 3.113, im vergangenen Jahr ging die Zahl dann wieder auf 2.995 zurück. "Statistisch gesehen sind das Schwankungen, keine große Änderung", analysiert Axel Rahmel, Medizinischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), die aktuellen Daten.
Wie viele Organe werden derzeit benötigt?
In Deutschland befinden sich 9.004 Patienten aktiv auf der Warteliste (Stand: 15.1.2020, Quelle: Eurotransplant). Sie sind dringend auf eine Organspende angewiesen. Alljährlich verschlechtert sich der Gesundheitszustand bei über tausend der Patienten auf den Wartelisten so sehr, dass keine Transplantation mehr möglich ist - oder sie bereits verstorben sind.
Welche Organe werden vor allem gespendet?
Nach vorläufigen Angaben der Deutschen Presse Agentur wurden 2019 folgende Organe gespendet: 1.524 Nieren, 726 Lebern, 329 Lungen, 324 Herzen, 87 Bauchspeicheldrüsen sowie 5 Dünndärme. Jeder Spender hat im Schnitt mehr als drei Schwerkranken eine neue Lebenschance geschenkt.
Wie ist Organspende in Deutschland aktuell geregelt?
In Deutschland ist sowohl die postmortale Organ- und Gewebespende als auch die Lebendorganspende durch das Transplantationsgesetz (TPG) geregelt.
Um in Deutschland nach dem Tod Organe und Gewebe spenden zu können, muss eine schriftliche oder mündliche Zustimmung der verstorbenen Person vorliegen. Diese persönliche Entscheidung kann auf dem Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung festgehalten werden.
Liegt keine schriftliche Entscheidung vor, werden die Angehörigen befragt, nach dem mutmaßlichen Willen der verstorbenen Person zu entscheiden.
Was geschieht mit meinen Organen, sollte ich in einem anderen Land tödlich verunglücken?
Bei Todesfällen im Ausland gilt generell die gesetzliche Regelung zur Organspende des jeweiligen Aufenthaltsortes. Wer etwa in Österreich ums Leben kommt, ist automatisch Organspender. In Österreich gilt im Gegensatz zu Deutschland die Widerspruchslösung.
Im Todesfall werden in der Regel die Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen der verstorbenen Person befragt. Um sicherzustellen, dass der Wille der verstorbenen Person auch im Ausland befolgt wird, stellt die BZgA unter https://www.organspende-info.de/organspendeausweis/bestellen fremdsprachige Ausweise bereit.
Wie lange warten Patienten auf ein Organ?
Die Wartezeiten auf ein Spenderorgan variieren je nach Organ. Darüber hinaus wirken sich unter anderem Alter und Blutgruppe der Empfänger auf die Wartezeit aus. Nach Angaben der BZgA warten Patienten durchschnittlich sechs Jahre auf eine Spenderniere.
Wie viele Menschenleben kann ich als Organspender retten?
Ein Organspender kann mit seinen Organen bis zu sieben Menschen das Leben retten, teilt die BZgA auf Anfrage unserer Redaktion mit.
Welche Organe kann ich spenden?
Folgende Organe und Gewebe können gespendet werden:
- Herz
- Lunge
- Leber
- Nieren
- Bauchspeicheldrüse
- Darm
- Teile der Haut
- Hornhaut der Augen
- Herzklappen
- Teile der Blutgefäße
- Teile des Knochengewebes
- Teile des Knorpelgewebes
- Teile der Sehnen (Gewebe)
Eine Organspende hat bei Transplantationen immer Vorrang vor einer Gewebespende.
Kann ich meine Entscheidung rückgängig machen?
Jederzeit. Dazu muss ein neuer Organspendeausweis ausgefüllt und der alte vernichtet werden. Es ist wichtig, nächste Angehörige und andere nahestehende Menschen über die getroffene Entscheidung ebenso wie über eine Änderung der Entscheidung zu informieren. Insbesondere bei einer Änderung der Entscheidung kann dies Missverständnissen vorbeugen.
Ich habe einen Organspendeausweis - was muss eingetreten sein, damit meine Organe entnommen werden?
Liegt die Zustimmung für eine Organentnahme vor, müssen zwei Fachärzte unabhängig voneinander den unumkehrbaren Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) zweifelsfrei festgestellt haben. Dies geschieht nach den vorgegebenen Richtlinien der Bundesärztekammer.
Hirntod bedeutet: Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Diese Feststellung ist nur bei künstlicher Beatmung und Aufrechterhaltung des Herz-Kreislauf-Systems auf der Intensivstation eines Krankenhauses möglich.
Wie erfolgreich sind Transplantationen?
Organtransplantationen haben laut BZgA sehr gute Erfolgsaussichten. Diese sind unter anderem von der Organqualität sowie des gesundheitlichen Zustands der Empfänger abhängig.
Nach einem Jahr sind bis zu 88 Prozent der gespendeten Nieren noch funktionstüchtig, nach fünf Jahren sind es noch etwa 75 Prozent.
Kann man für eine Organspende zu alt sein?
Für eine Organspende gibt es keine Altersgrenze. Entscheidend ist nicht das Alter, sondern der Zustand des Organs. Auch die funktionstüchtige Niere eines 65-jährigen Verstorbenen kann einem Dialysepatienten wieder ein fast normales Leben schenken.
Ob gespendete Organe für eine Transplantation geeignet sind, kann erst im Fall einer tatsächlichen Spende medizinisch geprüft werden. Nur wenige Erkrankungen zu Lebzeiten schließen eine Organ- und Gewebespende aus.
Muss ich befürchten, dass nicht alles getan wird, um mein Leben zu retten?
Ziel aller medizinischen Maßnahmen ist, das Leben des Patienten zu retten. Eine mögliche Spendenbereitschaft spielt dabei keine Rolle, Ärzte sind dem Wohl der Patienten verpflichtet.
Und: Eine Organ- und Gewebespende wird nur dann zum Thema, wenn bei einem Patienten im Rahmen der üblichen intensivmedizinischen Versorgung alles medizinisch Mögliche versucht wurde, um das Leben zu retten, das Gehirn aber so schwer geschädigt ist, dass der unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) eintritt.
Die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben sind seit 1997 streng durch das Transplantationsgesetz geregelt, um Missbrauch zu vermeiden. So dürfen beispielsweise die beiden Ärzte, die den unumkehrbaren Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod) diagnostiziert haben, weder an der Organentnahme noch an der Transplantation beteiligt sein.
Können Angehörige auch nach einer Organentnahme Abschied nehmen?
Die Entnahme von Spenderorganen läuft wie eine Operation ab. Im Transplantationsgesetz ist verankert, dass dabei die Würde der Person gewahrt wird. Nach der Entnahme werden die Wunden verschlossen, der Körper wird gereinigt. Die Angehörigen können in jeder gewünschten Weise Abschied von dem verstorbenen Menschen nehmen. Der Leichnam kann aufgebahrt werden und die Bestattung wie gewünscht stattfinden.
Kann ich bestimmen, wer mein Organ bekommt?
Die Stiftung Eurotransplant entscheidet bei einer Spende nach dem Tod zentral und computergesteuert über die Zuteilung von Organen in acht europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Slowenien, Kroatien, Ungarn).
Dabei spielen vor allem medizinische Gesichtspunkte eine Rolle: Die Daten des Spenders - etwa Blutgruppe, Alter, Gewicht - werden mit denen möglicher Empfänger abgeglichen, damit das Organ später nicht abgestoßen wird. Kriterien sind außerdem Dringlichkeit und die Erfolgsaussicht.
Erfahren meine Angehörigen, wer mein Organ bekommen hat?
Angehörige von Organspendern erfahren nicht, wer die gespendeten Organe erhalten hat. Auch die Empfänger erfahren nicht, wer ihnen durch eine Organspende das Leben gerettet hat. Dies soll wechselseitige Abhängigkeiten verhindern, die für alle Beteiligten sehr belastend sein können.
Kann ich schon zu Lebzeiten ein Organ spenden?
Das Transplantationsgesetz erlaubt die Lebendspende von Organen - meist handelt es sich um eine Niere - nur unter nahen Verwandten und Personen, die in besonderer persönlicher Verbundenheit zueinander stehen.
Bestimmte Organe oder Gewebe dürfen in Deutschland - unter rechtlich eng gefassten Bestimmungen - schon vor dem Tod gespendet werden. Die strengen Regelungen dienen dem Schutz der spendenden Person und verhindern einen möglichen Organhandel.
Wo bekomme ich den Ausweis?
Einen Organspendeausweis ist kostenfrei bei der BZgA unter www.organspende-info.de/organspendeausweis verfügbar. Auch Krankenkassen, Apotheken, Krankenhäuser, Einwohnermeldeämter und Arztpraxen stellen den Organspendeausweis zur Verfügung.
Auf dem Ausweis kann vermerkt werden, ob einer Entnahme uneingeschränkt oder nur der Entnahme bestimmter Organe zugestimmt wird. Auch kann auf dem Organspendeausweis eine Person benannt werden, die stellvertretend die Entscheidung treffen soll.
Verwendete Quellen:
- dpa
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
- Eurotransplant
- Gesetze im Internet: "Transplantationsgesetz - TPG"
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