Das Restless-Legs-Syndrom ist keine seltene Erkrankung. Sieben bis zehn Prozent der Menschen in Deutschland sind betroffen. Hauptsymptom ist ein unangenehmer Bewegungsdrang in den Beinen, mitunter kommen Schmerzen hinzu. Manchmal helfen Medikamente, viele RLS-Betroffene helfen sich aber selbst.
Lilo Habersack kennt das Restless-Legs-Syndrom (RLS) schon von ihrer Mutter. "Am Ende hat sie nur noch im Stehen gegessen", erinnert sich die ehrenamtlich arbeitende Vorstandsvorsitzende der RLS e.V. Deutsche Restless Legs Vereinigung - der gemeinnützige Verein bietet Betroffenen Informationen und Hilfe an. Irgendwann bekam Habersack dann selbst RLS, das auf Deutsch "Syndrom der ruhelosen Beine" heißt.
Restless-Legs-Syndrom: Symptome sind vielfältig
Bei ihr ist es ein ziehender Schmerz, der anfallartig kommt, mal im rechten, mal im linken Bein. "Bisweilen zweifelt man am eigenen Verstand - so unberechenbar ist diese Erkrankung. Man kann die Symptome beim Arzt oft nicht einmal richtig beschreiben und wird deswegen mitunter nicht ernst genommen", sagt Habersack.
Schmerzen, periodische Zuckungen, Kribbeln, Stechen, Ziehen, Krämpfe - die Erscheinungsformen sind vielfältig. Auch können die Beschwerden außer an den Beinen auch an den Armen und anderen Körperstellen auftreten. Fast immer ist es aber so, dass sie aufhören, wenn die Betroffenen sich bewegen.
Sobald sie jedoch zur Ruhe kommen, also meistens abends oder nachts, kommen die Unruhe und der schmerzhafte Bewegungsdrang wieder. Die Folge: Häufig wälzen sich die Betroffenen nachts umher oder stehen gar auf und laufen herum. Tagsüber sind sie dann müde und ausgelaugt.
Ursache für RLS? Eine schwierige Suche
Bei den meisten Menschen taucht das RLS zum ersten Mal im Alter zwischen 40 und 50 Jahren auf. Wie bei Habersack sind häufig mehrere Familienmitglieder betroffen, mehr als 50 Prozent der Betroffenen haben Verwandte mit RLS. Es gibt also eine genetische Disposition, aber auch andere mögliche Ursachen. Dazu gehören etwa eine Niereninsuffizienz, Diabetes, Eisenmangel oder die sogenannte Polyneuropathie, bei der die Nerven geschädigt sind.
Oft finde sich aber gar keine Ursache, schreiben die Bundesärztekammer und die kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Dann müssen Patienten viel ausprobieren, um herauszufinden, was ihnen hilft.
Medikamente helfen - oder verschlimmern die Beschwerden
Medikamente sind eine Möglichkeit, vor allem sogenannte Dopaminagonisten und L-Dopa. Beide versorgen das Gehirn mit zusätzlichem Dopamin, einem Botenstoff, der oft auch als Glückshormon bezeichnet wird.
Laut Bundesärztekammer und KBV haben Studien gezeigt, dass die Medikamente "manchmal Beschwerden lindern können". Allerdings gebe es häufig unerwünschte Nebenwirkungen, vor allem Übelkeit und Schlafstörungen. Zudem besteht die Gefahr einer Augmentation, das heißt, dass die Beschwerden sich durch die Medikamente verschlimmern.
Bei vielen Betroffenen ist eine medikamentöse Behandlung aber gar nicht nötig, der persönliche Leidensdruck ist ausschlaggebend. Manchmal gehen die Beschwerden auch von selbst wieder weg. Vor allem bei schwangeren Frauen kommt das vor, wenn sie vorher noch nie RLS hatten. Sie sind nach der Geburt ihres Kindes meist wieder beschwerdefrei.
Der Fakt, dass einige Frauen vor allem im letzten Schwangerschaftsdrittel unter RLS leiden, und dass zwei Drittel der Betroffenen Frauen sind, legt die Vermutung nahe, dass Hormonumstellungen das RLS begünstigen können. Erwiesen ist das allerdings nicht. Auch Kinder und Jugendliche können im Übrigen RLS haben.
Was (vielleicht) hilft: Kälte, Massieren, Gewohnheiten ändern
Lilo Habersack hat die Erfahrung gemacht, dass es Menschen mit Restless-Legs-Syndrom hilft, wenn sie sich ihre Gewohnheiten klarmachen und versuchen, etwas zu verändern. "Ich achte zum Beispiel darauf, nicht zu spät am Abend zu viel zu essen und nicht zu früh ins Bett zu gehen. Andere vermeiden es, Kleidung aus Kunstfasern zu tragen. Vielen hilft auch Kälte."
Tipps zur Selbsthilfe sind zum Beispiel: genug Eisen zu sich zu nehmen (der Ferritinspiegel sollte über 50 Mikrogramm pro Liter liegen), Wechselduschen, Fußbäder, Massagen, Bürsten der Beine, Gymnastikübungen und Dehnen. Zudem solle es vermieden werden, wenige Stunden vor dem Schlafengehen noch zu rauchen, Alkohol zu trinken, zu viel zu essen. Sportliche Aktivitäten sollten auf den Vormittag gelegt werden.
Deutschlandweit gibt es an die 100 Selbsthilfegruppen des RLS e.V. Vielen Betroffenen hilft es, sich mit anderen auszutauschen, Erfahrungen weiterzugeben und von anderen Betroffenen verstanden zu werden.
Neurologen sind die richtigen Ansprechpartner für Restless-Legs-Syndrom
Zudem braucht es einen kompetenten Arzt, denn die Diagnose ist nicht einfach. Die Deutsche Restless Legs Vereinigung, Habersacks Verein, hat eine Checkliste erstellt, anhand derer einige der Symptome abgeklopft werden können. Habersack empfiehlt, mit dieser Checkliste zum Arzt zu gehen - und zwar zu einem Neurologen. "Es wäre auch gut, vorher zu erfragen, ob dieser Arzt schon RLS-Patienten betreut", sagt sie.
Darüber hinaus gibt es RLS-Ambulanzen, zum Beispiel in München, Göttingen und Ulm. Nach einer allgemeinen körperlichen Untersuchung wird zur Diagnose Blut abgenommen, um den Eisenspeicherwert und die Nierenfunktion zu checken. Manchmal folgt auch noch eine Nacht im Schlaflabor oder die einmalige Gabe von L-Dopa, um zu testen, ob es gegen die Beschwerden wirkt.
Bei der Behandlung von RLS spiele aber auch die innere Einstellung eine große Rolle, sagt Habersack. "Man muss die Krankheit als einen Partner annehmen, mit dem man sich zusammenraufen muss." Wer Gesprächsbedarf hat, kann sich auch an den RLS e.V. wenden. Er bietet immer mittwochs zwischen 16.00 und 18.00 Uhr eine telefonische Sprechstunde an.
Verwendete Quellen:
- Telefoninterview mit Lilo Habersack, Vorstandsvorsitzende des RLS e.V. Deutsche Restless Legs Vereinigung
- Website der Bundesärztekammer und kassenärztlichen Bundesvereinigung: Restless-Legs-Syndrom
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