Berlin - Akute Atemwegserkrankungen wie Covid-19 machen nach Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) derzeit mehr Menschen in Deutschland zu schaffen als in Vorjahren zur gleichen Zeit.
"Der Infektionsdruck nimmt jetzt im Herbst in allen Altersgruppen der Allgemeinbevölkerung wieder deutlich zu", heißt es im Covid-19-Wochenbericht vom 29. September, der sich teilweise auch auf andere Erkrankungen der Atemwege bezieht.
Anstieg der Corona-Neuinfektionen
Im RKI-Wochenbericht wird die Zahl der Corona-Infizierten für vorige Woche auf 500.000 bis 1,2 Millionen geschätzt. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Freitagmorgen mit 466,0 an. Das ist ein deutlicher Anstieg zum Vortag, als der Wert der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche bei 409,9 gelegen hatte. (Vorwoche: 294,7; Vormonat: 247,1). Allerdings liefern diese Angaben nur ein sehr unvollständiges Bild der Infektionszahlen. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem, weil bei weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik.
Neben Sars-CoV-2 gehörten Rhinoviren zu den vorherrschenden Viren, die etwa zu Hausarztbesuchen führen, hieß es im Wochenbericht weiter. Diese Erreger lösen Erkältungen aus. Bei schwer verlaufenden Erkrankungen der Atemwege hingegen - gemeint sind Krankenhausbehandlungen -, sei noch kein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, hält das RKI mit Blick auf die vergangene Woche fest.
Wieder regelmäßig lüften
Weil sich Menschen im Herbst wieder vermehrt drinnen aufhalten und mit einem weiteren Anstieg der Erkrankungen gerechnet werden müsse, erinnert das RKI: "Regelmäßiges richtiges Lüften (Stoßlüften) mit hohem Luftaustausch und geringem Wärmeverlust" sei sehr wichtig, um das Risiko von Ansteckungen zu verringern. Hintergrund ist, dass man sich in geschlossenen Räumen leichter als im Freien durch Tröpfchen anstecken kann, die Kranke etwa beim Niesen oder Husten ausstoßen. Generell mahnte das RKI, zum Schutz gefährdeter Gruppen die Empfehlungen zum Vermeiden von Infektionen weiterhin einzuhalten.
Wie schon in den Wochen zuvor dürften laut einer Stichprobe fast alle Corona-Ansteckungen hierzulande auf die Omikron-Sublinie BA.5 zurückgehen. Die wegen einiger Mutationen unter Beobachtung stehende Sublinie BA.2.75 hingegen kommt laut RKI nach jüngsten Daten von vorvergangener Woche bisher nur auf einen sehr kleinen Anteil: Er liege unter ein Prozent. Mehrere Wissenschaftler äußerten in der jüngsten Zeit die Einschätzung, dass diese Variante wohl eher kein großes Risiko für Herbst und Winter darstellen dürfte - es könnten jedoch noch neue auftauchen.
Immunologen sind der Ansicht, dass in Deutschland mittlerweile eine gute Basisimmunität besteht. Das bedeutet nicht unbedingt dauerhaften Schutz vor einer Corona-Ansteckung - der Großteil der Menschen dürfte in dem Fall aber durch Impfungen und/oder Infektion über Gedächtniszellen verfügen, die Schlimmeres verhindern. Man könne vielleicht zwei, drei Tage Fieber haben oder sich eventuell auch richtig schlecht fühlen, aber am Ende sehr gut mit der Infektion zurechtkommen, sagte Christian Bogdan, Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko), kürzlich. "Das würden wir jetzt nicht als schwere Infektion bezeichnen."
Zweite Auffrischungsimpfung für Menschen ab 60 empfohlen
Es sei bei einem Virus wie Sars-CoV-2 nicht möglich, durch weitere Impfungen auch diese harmloseren Infektionen zu verhindern, betonte der Wissenschaftler. Auch das Senken von Inzidenzen sei kein Impfziel: "Es geht nicht darum, dass wir jetzt irgendwie dieses Zahlenspiel der Inzidenzen weiter betreiben", sagte Bogdan. Der Fokus liege vielmehr auf dem Vermeiden schwerer Erkrankung bei gefährdeten Menschen wie Älteren und Vorerkrankten. Entsprechend empfiehlt die Stiko zweite Auffrischungsimpfungen bislang nicht der gesamten Bevölkerung, sondern zum Beispiel den ab 60-Jährigen.
Dies ist momentan auch die einzige Gruppe, bei der laut einem weiteren RKI-Bericht von Donnerstag derzeit noch ein relevanter Zuwachs bei Covid-19-Impfungen verzeichnet wird. Der generelle Abwärtstrend setzte sich vielmehr auch nach dem Hochsommer fort: "Im September 2022 wurde mit rund 636 400 Impfungen in rund 24 900 impfenden Stellen der bisherige Tiefststand des Covid-19-Impfgeschehens erreicht", heißt es in dem monatlichen Impfreport. Das RKI appellierte, dass in Langzeitpflegeeinrichtungen "unbedingt" die anstehenden Grippe-Impfungen zum Anlass genommen werden müssten, um den Covid-19-Impfschutz zu vervollständigen.
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