Die angepassten Corona-Vakzine sind da, die neue Stiko-Empfehlung auch – aber selbst für Über-60-Jährige und Vorerkrankte ist es teilweise gar nicht so einfach, eine Auffrischungsimpfung zu erhalten. Viele Leserinnen und Leser haben uns davon berichtet. Demnach bieten manche Hausarztpraxen gar keine Corona-Impfung mehr an oder es gibt wochenlange Wartezeiten. Woran liegt das?
Die Pandemie ist vorbei, doch seit Oktober ziehen die Corona-Zahlen wieder an. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland beträgt laut "Tagesschau" derzeit 28,1 pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner (Stand: 14.11.2023). Da sich inzwischen nur noch wenige Menschen testen lassen, dürften die tatsächlichen Zahlen aber weit höher liegen.
Stiko empfiehlt Corona-Booster nicht für jeden
Seit einigen Wochen sind neue Vakzine von Biontech, Moderna und Novavax in der EU zugelassen, die gegen die aktuell kursierenden Omikron-Sublinien XBB.1.5 und EG.5 (Eris) wirksam sind. Viele wollen ihre Impfung auffrischen lassen, um jetzt im Herbst und Winter gegen die neuen Corona-Varianten geschützt zu sein.
Doch nicht für jede und jeden wird die Auffrischungsimpfung empfohlen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat ihre Impfempfehlung für Corona im September 2023 angepasst. Demnach brauchen gesunde Erwachsene, die mindestens drei SARS-CoV-2-Antigenkontakte durch Impfungen und/oder eine durchgemachte Infektion hatten und somit über eine Basisimmunität verfügen, keine Auffrischungsimpfung. Ob Ihr Impfschutz ausreichend ist, können Sie beim Online-Impfcheck der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung herausfinden.
Empfohlen wird der Booster nur für Personen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf. Dazu zählen unter anderem Über-60-Jährige und Personen mit Grunderkrankungen. An diese Empfehlung halten sich Ärzte sowie Apotheker, die impfen.
Doch auch für diese Personengruppen scheint es gar nicht so einfach zu sein, eine Auffrischungsimpfung zu erhalten. Viele Leserinnen und Leser berichten uns, dass sie zum Teil Wochen auf einen Impftermin warten müssen oder ihre Hausarztpraxis nicht mehr gegen Corona impften. Woran liegt das?
Ausreichend Impfstoff verfügbar
Fest steht: An der Impfstoffverfügbarkeit liegt es nicht. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums wurden zwischen September und November 2023 von Biontech und Novavax zusammen rund 25 Millionen Impfdosen eines an die Variante XBB 1.5 angepassten Impfstoffes ausgeliefert.
Anders als noch zu Beginn der Pandemie ist demnach in Deutschland ausreichend Impfstoff vorhanden. Das bestätigen sowohl der deutsche Hausärztinnen- und Hausärzteverband als auch der deutsche Apothekerverband auf Anfrage. Das Problem ist vielmehr ein organisatorisches.
Das Problem mit den Impfdosen
Hausarztpraxen seien immer noch die zentrale Anlaufstelle, wenn es um Impfungen geht, erklärt Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Bundesvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, auf Anfrage unserer Redaktion. Verschiedene Faktoren machten diese Aufgabe jedoch zunehmend schwieriger. "Dass es noch immer an Einzeldosen fehlt, erschwert die Organisation der Termine erheblich", sagt Prof. Buhlinger-Göpfarth. Vor diesem Problem stehen auch die bundesweit rund 1.400 Apotheken, die inzwischen Covid-19-Impfungen anbieten, wie Christian Splett, Sprecher des Deutschen Apothekerverbands erklärt.
In einem Fläschchen Corona-Impfstoff sind bis zu sechs Impfdosen enthalten. Einmal angebrochen, ist der Impfstoff noch für sechs Stunden haltbar. Alles, was in dieser Zeit nicht verimpft werden kann, muss verworfen werden. "Spontane Impfungen sind so nur bedingt möglich", sagt Prof. Buhlinger-Göpfarth.
Um möglichst wenig Impfstoff zu verschwenden, legen Arztpraxen und Apotheken daher häufig konkrete Impftermine fest, an denen sich Interessierte impfen lassen können. Dadurch kann es zu längeren Wartezeiten kommen. Viele Leser haben uns berichtet, dass es für sie als Berufstätige teilweise nur schwer möglich ist, die Impftermine in der Arbeitszeit wahrzunehmen.
Dieses Problem dürfte sich lösen, sobald Corona-Vakzine in Einzeldosen erhältlich sind. Die drei Vakzin-Hersteller Biontech/Pfizer, Moderna und Novavax planen nach Angaben der "Deutschen-Apotheker-Zeitung", ihre Impfstoffe künftig auch in Einzeldosisbehältnissen anzubieten. Bis wann dies verfügbar sind, steht allerdings noch nicht fest.
Großer Dokumentationsaufwand bei Covid-19-Impfungen
Neben diesem praktischen Problem mit den Impfdosen sei auch der Dokumentationsaufwand für Arztpraxen ein großes Hindernis, sagt Prof. Buhlinger-Göpfarth. Dieser sei bei Covid-19-Impfungen weiterhin sehr viel höher, als bei anderen Impfungen. Neben dem gegenwärtigen Mangel an hausärztlichem Nachwuchs, Praxispersonal und einer funktionierenden Digitalisierung zehre das an dem ohnehin schon überlasteten Zeitbudget vieler Ärzte. "Wir haben ja kaum ausreichend Zeit für die Patientenversorgung. Wie sollen wir da noch all diese zusätzliche Schreibtischarbeit stemmen?"
Seit Februar 2022 dürfen auch Apotheken gegen Corona impfen. Die Lücke, die sich bei den Hausarztpraxen auftut, können Apotheken aber nicht einfach füllen. "Es muss ein Apotheker oder eine Apothekerin zur Verfügung stehen, der oder die die erforderliche Qualifikation […] hat, um die Impfung durchführen zu können", sagt Christian Splett.
Aus Sicht der Vorsitzenden des Hausärzteverbandes habe es die Politik bisher versäumt, den Praxen geeignete Rahmenbedingungen zu geben, um Covid-19-Impfung reibungslos in den Praxisablauf integrieren zu können. Das ist eine weitere mögliche Ursache, warum manche Hausärzte inzwischen keine Corona-Impfungen mehr anbieten. "Die Politik muss dringend gegensteuern, wenn die niedrigschwellige Versorgung durch die Hausarztpraxen auch in Zukunft gesichert sein soll", sagt Prof. Buhlinger-Göpfarth.
Wo kann ich mich impfen lassen?
Doch wer sich jetzt gegen Corona schützen will, kann nicht darauf warten, dass sich die Bedingungen verbessern. Wenn Ihr Hausarzt oder Ihr Hausärztin keine Corona-Auffrischungsimpfung durchführt, fragen Sie ihn oder sie nach einer Kollegin oder einem Kollegen in der Nähe, der die Impfung anbietet. Auch viele Privat- und Facharztpraxen sowie Betriebsärzte impfen gegen Corona.
Über das Verbraucherportal Apoguide.de können Sie zudem in Ihrem Umkreis nach Apotheken suchen, die Auffrischungsimpfungen gegen Covid-19 anbieten.
Verwendete Quellen:
- Schriftliche Anfrage an das Bundesgesundheitsministerium
- Schriftliche Anfrage an den Deutschen Hausärztinnen- und Hausärzteverband
- Schriftliche Anfrage an den Deutschen Apothekerverband
- Ärzteblatt: "Corona: Flaschen mit Vakzin lassen mehr Impfungen zu als bislang vorgesehen"
- Pharmazeutische Zeitung: "Moderna: Aktualisierter Impfstoff immunisiert gegen BA.2.86"
- infektionsschutz.de: Online-Impfcheck der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
- gesetze-im-internet.de: § 20c Abs. 1, Infektionsschutzgesetz (IfSG)
- rki.de: "Covid-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ)"
- tagesschau.de: "Die Corona-Lage im Überblick"
- deutsche-apotheker-zeitung.de: "Covid-19-Impfstoffe: Die Einzeldosis kommt"
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