• Regelmäßiger Sport ist gesund und tut gut.
  • Allerdings ist das Verletzungsrisiko gerade bei ungeübten Hobbyathleten groß.
  • Wie man bei Unfällen richtig reagiert, verrät ein Experte im Interview.

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Wenn morgens bereits die Sonnenstrahlen locken und es abends länger hell ist, ist die Motivation für Sport deutlich höher als in dunklen Wintermonaten. Wer allerdings einfach drauflos trainiert, riskiert Unfälle und Verletzungen.

Professor Dr. Sven Ostermeier, leitender Orthopäde und Sportmediziner der Gelenk-Klinik Gundelfingen, empfiehlt, die "persönlichen Grenzen nicht einfach zu ignorieren". Welche Verletzungen am häufigsten vorkommen und was nach einem Sportunfall zu tun ist, verrät der Experte im Interview.

Welche Sportverletzungen kommen am häufigsten vor?

Sven Ostermeier: Verletzungen der empfindlichen Achillessehne machen vielen Sportlern, insbesondere Joggern, das Leben schwer. Die einfache Erklärung: Wenn wir laufen oder springen, wirken enorme Kräfte auf diese Verbindung zwischen Wadenmuskulatur und Fuß - bis hin zum Zehnfachen des eigenen Körpergewichts. Meist deutet ein Knall, ähnlich einem Peitschenhieb, auf eine Verletzung oder einen Riss dieser orthopädischen Schwachstelle hin. Kurze heftige Schmerzen der Achillessehne und anschließende Kraftlosigkeit sind weitere Anzeichen.

Was noch?

Muskelprellungen stehen ebenfalls ganz oben auf der Liste der Sportverletzungen. Sie entstehen häufig durch Schläge oder Aufpralle beim Sport. Beim Fußballspielen sind vielfach Tritte des Gegenspielers der Auslöser für die scherzhaft auch als "Pferdekuss" bezeichnete Prellung. Heftige Schmerzen und deutliche Hämatome, also Blutergüsse, sind typische Symptome. Bei einem Muskelriss ist, wie der Name schon sagt, der Muskel komplett durchtrennt. Symptomatisch sind stechende Schmerzen und ein erkennbar verdickter Muskel sowie Blutergüsse. Meist lässt sich das betroffene Bein nicht mehr bewegen. Sehr häufig kommt es beim Sport auch zu Verstauchungen am Fuß oder Handgelenk. Durch Umknicken, abrupte Bewegungen oder Stürze werden die natürlichen Bewegungsgrenzen des Gelenkes überschritten und Bänder überdehnt. Oft betroffen sind die besonders strapazierten Sprunggelenke: Schäden an den Außenbändern gehören zu den häufigsten Sportverletzungen überhaupt. Der Grund liegt in der außergewöhnlich hohen Belastung. Kein anderes Gelenk wird so sehr strapaziert. Kreuzbandverletzungen sind nicht nur bei Fußballspielern gang und gäbe. Auch beim Tennis oder Squash, beim Eishockey oder Skifahren führen sie schnell zum gesundheitlichen Handicap. In manchen Fällen ist das Band komplett gerissen, in anderen sind lediglich die innersten Fasern beschädigt und die äußere Hülle ist nur gedehnt.

Wie geht man bei einer Sportverletzung am besten vor?

Das kommt natürlich in erster Linie auf die Art und Schwere der Verletzung an. Ob Muskelfaserriss oder Verstauchung - als Soforthilfe empfiehlt sich generell die PECH-Regel:

  • P für "Pause": Nach der Verletzung Arm oder Bein ruhen lassen.
  • E für "Eis": Eisbeutel oder andere Kühlung vermindern Entzündungsreaktionen und übermäßige Schwellungen.
  • C für "Compression": Ein elastischer Druckverband verhindert weiteres Einbluten und reduziert Entzündungen und Schwellungen.
  • H für "Hochlagern": Das verhindert weitere Schwellungen oder Einblutungen.

Treten starke Schmerzen oder andere erhebliche Beschwerden auf, muss umgehend die Notfallambulanz konsultiert werden. Anhand von Ultraschall und gegebenenfalls MRT oder Röntgen zeigt sich, ob nur eine Prellung, ein Bänderriss oder eventuell ein Knochenbruch Ursache der Beschwerden ist und welche Behandlung helfen kann. Wichtig ist die schnelle und fundierte Diagnose. Denn wird ein gefährlicher Bänderriss beispielsweise als harmlose Bänderdehnung eingeschätzt und falsch behandelt, so ist langfristig die Sportfähigkeit des Patienten gefährdet.

Über welchen Zeitraum ist nach der Verletzung Schonung angesagt?

Grundsätzlich sollte zunächst immer eine Pause eingelegt und Belastungen vermieden werden. Das gilt selbst bei einem Muskelkater. Dieser ist zwar schmerzhaft, aber in der Regel ungefährlich - bei entsprechender Schonung. Wieder trainiert werden sollte deshalb frühestens nach zwei schmerzfreien Tagen. Andernfalls drohen ernsthafte Verletzungen und ausgeprägte Muskelfaserrisse. Um dauerhafte Schäden zu vermeiden, ist bei anhaltenden oder zunehmenden Beschwerden prinzipiell eine ärztliche Klärung erforderlich. Denn was volkstümlich beispielsweise oft als "verstauchter Knöchel" abgetan wird, entpuppt sich in vielen Fällen bei näherer Untersuchung als Bänderruptur oder -riss. Wichtig ist in diesem Fall die schnelle und fundierte Diagnose.

Kann man Sportverletzungen vorbeugen?

Grundsätzlich lässt sich das Risiko einer Sportverletzung minimieren, indem ich systematisch trainiere, am besten unter Anleitung eines Profis, und persönliche Grenzen nicht einfach ignoriere - wie etwa Erschöpfung oder Schmerzen. Außerdem sollten Dehnungsübungen selbstverständlich sein, nicht nur vor, sondern auch nach dem Training. Sprunggelenkverletzungen kann ich beispielsweise vermeiden, indem ich vor jedem Training oder Spiel die Waden gründlich aufwärme und insbesondere die Fuß- und Schienbeinmuskeln trainiere. Koordinative Übungen wie Matten laufen oder Balance-Übungen auf einem Therapiekreisel oder Wackelbrett stabilisieren zudem den Sprunggelenkapparat und beugen dem Umknicktrauma vor.

Zur Person: Professor Dr. Sven Ostermeier ist Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin, Chirotherapie und spezielle orthopädische Chirurgie. Der Schulter- und Knie-Experte arbeitet als leitender Orthopäde der Gelenk-Klinik Gundelfingen. Außerdem ist er Instruktor der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Arthroskopie.

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